Es war „mal eben eine Startelf“, die der SV Berghofen zur neuen Saison in der Regionalliga West ersetzen musste. Diverse Spielerinnen hatten sich der 30 genähert, entschieden sich, zugunsten von Familie und Beruf die Fußballkleidung einzumotten. Hinzu kam „viel Pech mit Verletzungen“ und zur Wahrheit gehört auch, „dass auch mal eine Spielerin abgeworben wird“, berichtet Trainerin Laura Marienfeld aus ihrem Alltag. Dennoch: „Es war schon so, dass wir verjüngen wollten.“ Das jedenfalls hat funktioniert.
Bei 21,5 Jahren liegt nun der Altersschnitt in der Mannschaft, mit der die Berghofenerinnen in die Saison starteten. Erst kürzlich hat Saphia Kraul die U16-Nationalmannschaft verlassen und ist zusammen mit ihrer Mitschülerin vom Sport-Internat Kaiserau Salma El Masaouidi zum SV Berghofen gestoßen. „Ich find’s gut. Wir wollten das, mit jungen talentierten Spielerinnen zu arbeiten“, freut sich Marienfeld. Und sogar das Team aus der Trainerin und ihrem Co Jordanis Bairaktaridis braucht noch eine Weile bis zur 30.
Die Verjüngungskur zeigt Wirkung – mehr als erhofft
Vor diesem Hintergrund erscheinen Corinna und Annalena Dubbel mit ihren 29 Jahren bereits als „Vereinsurgesteine“, denen eine tragende Rolle zukommt, so die Trainerin. Auch Kapitänin Pia Lange „ist einfach eine, die vorweggehen muss“. Eigentlich hatten Marienfeld und Bairaktaridis auch auf Anne Cathrine Kufner als „erfahrene“ ehemalige Bundesligaspielerin gesetzt, die „maximal wichtig“ für die Mannschaft ist. Umso tragischer erscheint es, dass Kufner sich kürzlich im Training verletzt hat und unklar ist, ob und wann sie wieder einsatzfähig ist. „Das ist jetzt schon was, was sehr sehr übel ist“, sorgt sich die Trainerin. Als wäre das nicht schon genug, erkrankte Paula Peck nach einer Verletzung an Corona und hat nun mit Long Covid zu kämpfen, einem unbekannten Gegner.
So zeigt die Verjüngungskur in Berghofen nun Wirkung über das erwartete Maß hinaus. Doch Marienfeld und Bairaktaridis wissen mit der Situation umzugehen und haben ein klares Konzept in der Tasche, wie die Trainerin betont: „Ich glaube, das letzte, womit wir momentan arbeiten sollten, ist Druck – bei einer so jungen Mannschaft.“ Entsprechend setzt die 28-Jährige nun darauf, „das Zusammenfinden“ der Spielerinnen durch Teambuilding-Maßnahmen zu fördern, damit „wir ein gutes Klima reinkriegen“. So haben sich die Mädchen und Frauen bereits zum Fußballgolf getroffen und sind gemeinsam ins Trainingslager gefahren. Immer wieder führt Marienfeld intensive Gespräche mit den einzelnen Spielerinnen und auch einen Sportpsychologen habe man angeheuert, wie sie erzählt.
„Die nächste Woche muss besser sein als die letzte“
Dennoch geben Ziele Orientierung, aber diese an harten Zahlen festzumachen, halten Trainerin und Trainer für kontraproduktiv. „Wichtig ist für uns, dass wir Fortschritte sehen“, so Marienfeld, „Die nächste Woche muss besser sein als die letzte.“ Denn auch ohne Druck von innen wartet mit der Regionalliga West in ihrer aktuellen Zusammensetzung „ein unfassbar schweres Pflaster“ auf die Frauen.
Bereits in der vergangenen Saison stellte die Liga die Mannschaft vor große Herausforderungen. „Nur durch Corona aus Versehen aufgestiegen“ in die zweite Bundesliga und dann wieder abgestiegen „erwarten alle total viel von dir“. Denn wer mal Bundesliga gespielt hat, wird ja wohl in der Regionalliga ein gutes Bild abgeben. Bei den Berghofenerinnen führte der Stress jedoch zunächst zum Gegenteil. In der Hinrunde reihten sie Niederlage an Niederlage. Doch dann kam die zweite Saisonhälfte, an die Marienfeld sich gern erinnert: „Mit einer guten Rückrunde haben wir uns gut positioniert.“
Es ist also eine motivierende Ausgangslage für diese jungen Spielerinnen. Dementsprechend glaubwürdig erscheint wohl die Trainerin, wenn sie zu vermitteln versucht, dass am Ende alles gut wird. „Habt Vertrauen in den Prozess, es wird einen Moment dauern“, ist, was sie sagt, wenn Zweifel aufkommen. Auch auf diese Weise versucht sie, „ein gutes Umfeld zu schaffen, in dem sich die jungen Spielerinnen gut entwickeln können“. Marienfeld ist davon überzeugt, „dass das langfristig nicht nur der richtige Weg ist, sondern auch ein erfolgreicher Weg ist“. Und die „Lernkurve“ erkennt sie bereits. „Das Potenzial ist da und das ist, was zählt.“