„Leuchtende Fische“ war der Titel, den Gabriella Wollenhaupt ihrem neuen Krimi ursprünglich gegeben hatte. Der Emons Verlag jedoch, der nach der Schließung des GRAFIT Verlages dessen Marke weiterführt, entschied sich, den Roman stärker nach Krimi mit Lokalkolorit klingen zu lassen, und nannte ihn „Die Toten vom Phoenix-See“. Doch die Fische sind geblieben: auf dem Cover, im Text – und als Kapitelüberschrift.
Flucht vor dem Missbrauch
Es ist die Ermittlerin Sommerberg, deren Vorname ungenannt bleibt, die der kleinen Olga erklärt, was es mit den leuchtenden Fischen auf sich hat. So ist Sommerberg nicht die einzige, die im Jahr 2008 eine hohe Phosphorbelastung in dem Boden vermutet, auf dem einige Jahre zuvor noch ein Stahlwerk stand. Auch die reale Entwicklungen vor Ort waren von Protesten gegen die Entwicklung des Phoenix Sees geprägt, die Gabriella Wollenhaupt als damalige Jounalistin der WAZ intensiv verfolgte, unter anderem aufgrund der befürchteten Schadstoffbelastung, die wahrscheinlich die im See lebenden Fische zum Leuchten brächten. Die kleine Olga macht im Roman große Augen, als sie von diesen besonderen Tieren hört.
Sie ist zusammen mit ihrer Mutter Marie aus Bayern geflohen, vor ihrem Vater, der als katholischer Priester beispielhaft für den Missbrauch an jungen Menschen steht. Intensiv hat Wollenhaupt sich im Rahmen ihrer Recherchen für „Die Toten vom Phoenix-See“ mit entsprechenden Untersuchungen auseinandergesetzt – und daraus die Figur des Josef Holzbichler entwickelt, der sich an späterer Stelle im Roman noch mit den leuchtenden Fischen im inzwischen gefluteten See wird befassen müssen …
Fiktive Sozialstudie mit realem Vorbild
Zunächst finden Marie und ihre Tochter Olga Zuflucht in einer Wohnwagensiedlung an der Baustelle auf Phoenix Ost, wo Marie in der „Grotte“ als Tänzerin arbeitet, einer Kneipe nach dem Vorbild damaliger Etablissements, „wo die Bauarbeiter sich abends einen gehoben haben“, so Wollenhaupt, und wohin sich gelegentlich Studierende verirren, die die Entwicklungen in Hörde aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten wollen. Auch „Außerirdische“, wie die Bauarbeiter die betuchten Anwärter:innen auf die geplanten Villen mit Seeblick nennen, verirren sich gelegentlich hierher und so entwickelt sich das Ambiente der Grotte zu einer (nicht ausschließlich) fiktiven Sozialstudie.
In „Günna“, dem Inhaber der Kneipe, findet Marie nicht nur einen Arbeitgeber, sondern auch einen Freund. Doch schon bald verschwindet nicht nur die Grotte vom Markt, sondern auch zwei ihrer Tänzerinnen werden vermisst – und auch Marie stellt sich bald die Frage, wie sicher sie an ihrem Zufluchtsort wirklich ist …
Das Projekt Phoenix See
Schon eine ganze Weile hatte Gabriella Wollenhaupt, nachdem ihre „Grappa“-Serie beendet war, die Idee im Kopf bewegt, einen Krimi am Phoenix See spielen zu lassen, denn das Projekt See hatte sie von Anfang an mitverfolgt. Nachdem der „fast schon romantische“ orangefarbene Schein der Hörder Fackel für immer verschwunden war, verfolgte die Autorin den Abriss von ihrer Berghofer Wohnung aus. Von Anfang an war sie angetan von dem Gedanken, hier einen See zu bauen, den sie ungeachtet aller Behauptungen „definitiv Langemeyer“ zuschreibt. „Ich bin immer wieder hierhergefahren, um zu gucken, wie es weitergeht.“ Und sie ist überzeugt, dass das Projekt des damaligen Oberbürgermeisters ein Erfolg war: „Das hat Hörde doch aufgewertet.“ Sie freut sich über den Anklang, den das Gelände bei der Bevölkerung findet, ebenso wie über die Fauna vor Ort, inklusive der Fische, die nun doch nicht leuchten.
Am 27. September wird Gabrilla Wollenhaupt mit ihrem Roman „Die Toten vom Phoenix-See“ live im Schulte-Witten-Haus zu hören sein. Die Lesung mit Musik und Moderation im Rahmen des Krimifestivals „Mord am Hellweg“ startet um 19.30 Uhr.
Gabriella Wollenhaupt: Die Toten vom Phoenix-See. GRAFIT in der Emons Verlag GmbH: Köln 2024. 208 Seiten. ISBN 978-3-98659-020-8. 13 Euro.
Gewinnspiel: Wir verlosen drei Exemplare vom Krimi »Die Toten vom Phoenix-See«