Der approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Florian Bredt aus Schüren hat gerade sein erstes Buch herausgegeben. „Harmlos oder brandgefährlich? Suchtmittelkonsum bei Jugendlichen“, so lautet der Titel .
Der Autor schreibt aus langjähriger Erfahrung als Therapeut süchtiger Jugendlicher.
Wir sprachen mit Florian Bredt:
Wie kamen Sie auf die Idee, ein Buch über Suchtmittelkonsum bei Jugendlichen zu schreiben?
Ich habe über viele Jahre auf einer Station einer Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet, die den Schwerpunkt „Entgiftungsbehandlung von Suchtmitteln“ hatte. Dabei zeigte sich, dass die Jugendlichen, aber auch die Eltern als Hilfe für ihre Kinder, viel Unterstützung brauchten, um ein möglichst drogenfreies Leben führen zu können. Es ging in der Therapie viel um die Themen, was bewirken Drogen eigentlich, warum konsumieren Jugendliche, Rückfallprophylaxe etc. Zu vielen anderen psychischen Erkrankungen fand ich passende Ratgeber, aber zu diesem Thema gab es noch keinen ausführlichen Ratgeber für Eltern und Jugendliche und das Thema liegt mir sehr am Herzen, weshalb ich mich diesem annahm.
An wen richtet sich Ihr Buch?
Das Buch richtet sich an Eltern und Jugendliche, aber auch an Freunde von konsumierenden Jugendlichen. Es kann aber auch in der Jugendhilfe, Schulsozialarbeit oder in allen anderen Arbeitsfeldern mit Jugendlichen eingesetzt werden.
Ist es eher ein Elternratgeber oder finden Jugendliche hier auch Hilfe?
Der Ratgeber richtet sich an Eltern und die Betroffenen selbst. Es gibt einen informativen Teil, der sowohl für die Eltern als auch die Jugendlichen interessant ist. Zusätzlich gibt es dann ein Kapitel für die Eltern und auch ein Kapitel, was Jugendliche selbst tun können. Ebenso wird aufgezeigt, wo sich die Jugendlichen und/oder Eltern hinwenden können, um passende Hilfen zu erhalten. Der Ratgeber ist recht umfassend geschrieben, damit er allen Lesenden als Unterstützung dienen kann.
Welche Suchtmittel werden denn von Jugendlichen am häufigsten konsumiert?
Am häufigsten wird aktuell Cannabis konsumiert. Der Alkoholkonsum ist eher rückläufig. Andere Suchtmittel werden seltener konsumiert, z. B. Heroin wird kaum noch unter Jugendlichen konsumiert. Cannabis wird oft verharmlost dargestellt und die Jugendlichen sehen die Gefahren dieses Suchtmittels nicht.
Kann es akzeptiert werden, wenn Jugendliche mal einen Joint rauchen?
Meiner Meinung nach sollte auch der Konsum von einem einmaligen Joint thematisiert werden, wenn z. B. Eltern dieses mitbekommen. Es besteht das Risiko, selbst bei einem Joint schwer zu erkranken, z. B. an einer Psychose (Wahnvorstellungen). Jugendliche können im Vorfeld nicht wissen, ob sie dafür anfällig sind oder nicht. Auch ist das Risiko eines weiteren Konsums hoch, wenn sie einen „positiven Effekt“ durch den Joint erlebt haben sollten.
Wie merken Eltern, dass ihre Kinder drogenabhängig sind?
Eltern merken dieses am Anfang vlt. gar nicht direkt am Konsum, sondern an anderen Symptomen. Dazu kann gehören, dass die Jugendlichen plötzlich Hobbys nicht mehr nachgehen, in der Schule schlechter werden, Diebstähle zu Hause begangen werden etc. Ebenso stellen Eltern oft eine Veränderung des Verhaltens fest. Die Jugendliche sind häufig motivationsloser, lustloser oder aber auch reizbarer, unruhiger und zeigen sich in der Stimmung schwankend. Bei allen unerklärlichen Veränderungen sollten Eltern das Gespräch mit ihrem Kind suchen und die Veränderung schildern. Durch eine Offenheit und nicht bestrafende Herangehensweise kann sich das Kind dann hoffentlich öffnen und über einen evtl. Drogenkonsum reden. Sollte es verschlossen bleiben und die Eltern haben den Eindruck, es brauche aber Hilfe, können sie ihrem Kind die Drogenberatungsstelle vor Ort empfehlen.
Welche Suchtmittel sind am gefährlichsten und welche Schäden können sie verursachen?
Am gefährlichsten ist sicherlich der Konsum von Chrystal Meth und Heroin. Beides macht sehr schnell abhängig mit gravierenden Folgen für den Körper und die Psyche. Die Dosierungen sind hier schwierig und es kann zu einer Überdosis mit Todesfolge kommen. Aber auch Cannabis kann langfristig Schäden verursachen. Dieses hat z. B. einen Einfluss auf die Entwicklung des Gehirns eines Jugendlichen und kann dafür sorgen, dass notwendige Strukturen im Gehirn in der Jugend nicht entstehen können, was die Denk-, Konzentrations- und Leistungsfähigkeit des Gehirns langfristig vermindern kann.
Wie können Eltern Drogenprävention bei ihren Kindern betreiben und ab welchem Alter sollte man mit Aufklärungsgesprächen beginnen?
Ab welchem Alter ist schwierig zu sagen. Normalerweise haben wir in der Klinik einen Konsum ab ca. 14 Jahren beobachtet. Aber die jüngste Konsumentin, bei mir in Behandlung, war 12 Jahre alt. Wann ich damit beginne, liegt an der Entwicklung des Kindes. Sollte ein Kind bisher kein Interesse daran zeigen, kann ich durch nicht notwendige Aufklärung auch das Interesse am Thema Drogen wecken. Daher sollte das Thema bei „Verdacht eines Konsums oder eines kommenden Konsums“ besprochen werden. Eltern können offen mit ihren Kindern über die Effekte (sowohl positiv als auch die Risiken und langfristigen Gefahren) sprechen, um zu verdeutlichen, dass Drogen erstmal für einen positiven Effekt sorgen, langfristig aber massiv schaden können. Wichtig ist, dass die Eltern sich mit den Suchtmitteln auseinandersetzen, sie nicht sofort verteufeln, sondern für eine offene Gesprächsatmosphäre sorgen.
An wen sollten sich Eltern wenden, wenn ihre Kinder Suchtmittel konsumieren und ihre Intervention keinen Erfolg hat?
Als erster Anlaufpunkt dient hier, meiner Meinung nach, die Suchtberatungsstelle vor Ort. Diese ist meist an einen Wohlfahrtsverband angebunden. Dort erhalten Eltern eine erste Unterstützung und diese Hilfe ist kostenfrei. Auch die Jugendlichen können sich an diese Stelle wenden. Sie können dort auch anonym beraten werden, ohne dass ihre Eltern dieses erfahren. Falls die Eltern sich in Bezug auf ihr Kind zu große Sorgen machen, weil es evtl. zusätzlich auch eine psychische Erkrankung hat, können die Eltern sich an die zuständige Kinder- und Jugendpsychiatrie wenden.
Das Buch/E-Book ist erschienen im Klett-Verlag und kostet 18 Euro.