Derzeit sehnen sich hierzulande alle nach mehr Gemeinschaft in einer teilweise ohnehin schon recht zersplitterten Gesellschaft. Auch für die Menschen, die in unserer Stadt vor über zwanzig Jahren über neue Formen des Zusammenlebens nachdachten, war dieser Wunsch eine der Triebkräfte. Dem generationsübergreifenden Wohnprojekt „Wir auf Tremonia“ kommt dabei eine echte Pionierrolle zu, war es bei seiner Fertigstellung 2004 doch in Dortmund eines der ersten seiner Art – und zudem eines, das über die zuvor erfolgte Gründung des Vereins W. I. R. („Wohnen innovativ realisieren“) zahlreichen Folgeprojekten der Umgebung den Weg ebnete.
Siebzehn Jahre später ist genug Zeit ins Land gegangen, um Bilanz zu ziehen. Und bei der sind die positiven Aspekte offenbar in der überwältigenden Mehrheit, was schon allein die Tatsache dokumentiert, dass nur eine einzige der Wohnungen am Tremoniapark in all der Zeit neu verkauft werden musste. Kommen die Bewohner ins Plaudern, erinnert man sich gerne an gemeinsame Aktionen, die nicht selten nach und nach über den Innenhof des Wohnprojekts hinaus auch auf das Viertel wirkten: Die Hoffeste beispielsweise, aus denen sich schon lang das alljährliche, sommerliche Quartiersfest entwickelt hat, oder das gemeinschaftliche Singen und Glühwein-Trinken zum 1. Advent, bei dem sich die Nachbarschaft um den frisch aufgestellten Tannenbaum des Projektes versammelt. Auch das „Walking Dinner“, bei dem sich Kleingrüppchen aus dem Quartier gegenseitig bekochen und zum Essen einladen, nahm hier seinen Anfang.
Konstanz allerdings gibt es nicht nur beim gemeinsamen Feiern, wie Mitbewohnerin Sabine Kramer betont – treu geblieben sei man auch den Grundsätzen, aus denen heraus sich die Gemeinschaft vor rund zwei Jahrzehnten zusammenfand. Vor allem nachhaltiges Bauen und Leben ist den Tremonia-Bewohnern von Beginn an ein Anliegen gewesen, welches sie in konkrete Maßnahmen umsetzten. Über ein Photovoltaiksystem verfügt das Wohnprojekt daher ebenso wie über eine Anlage zur Nutzung des Regenwassers: Sowohl WC als auch die (Gemeinschafts-) Waschmaschinen von „Wir auf Tremonia“ werden hiermit betrieben.
Dieses Prinzip setzt sich in kleineren Projekten fort, denen man sich im vergangenen Herbst widmete: Da wurden u. a. ein elektrisches Lastenrad angeschafft und zwei Hochbeete angelegt. So viel augenscheinlich ernsthafter Idealismus musste auch der Jury des Agenda-Siegels etwas wert sein, und so gab es für die Tremonia-Truppe kurz vor dem Jahreswechsel konsequenterweise den stadtweit ersten Platz im Bereich „Initiativen“ für „Aktualisierung und Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsbausteine im Wohnprojekt“ – prämiert wurden also sowohl die aktuellen als auch frühere Bemühungen. Für die Menschen am Tremoniapark 17, die dereinst ihre Vorstellung vom guten Wohnen in die Tat umsetzten, ist die Auszeichnung zusätzliche Bestätigung und Motivation; und die ist aktuell selbstverständlich hochwillkommen. Vor Corona wurde gelegentlich gemeinsam gesungen, feierte man runde Geburtstage und wurde mit Begeisterung – wie Erika Neumann, ihres Zeichens „Frau der allerersten Stunde“ betont – gemeinsam Doppelkopf gespielt.
Hiervon lässt die Pandemie momentan natürlich nichts übrig, und die 86-jährige Bewohnerin sehnt sich danach ebenso zurück wie nach der Möglichkeit, mal wieder ein paar Tage in Urlaub fahren zu dürfen. Aber immerhin bewahrt auch hier das Wohnprojekt seine Netz-Funktion, haben sich doch die Seniorinnen und Senioren der Anlage auf regelmäßige WhatsApp-Kommunikation geeinigt, die auch als Frühwarnsystem funktioniert.
Insgesamt ist die Zufriedenheit mit dem einstmals eingeschlagenen Weg am Tremoniapark deutlich spürbar. Wenngleich eine Herausforderung für die Anlage, die auf der Basis von Eigentumswohnungen konzipiert wurde, langsam näher rückt: Den Geist des Projektes weiterzugeben an Jüngere, schließlich ging es ja immer auch um die Kommunikation zwischen den Generationen. Und da würde man die Idee natürlich gerne auch weiterhin in guten Händen wissen, alles andere wäre schade. Diese Nuss ist bei „Wir auf Tremonia“ noch nicht wirklich geknackt, aber andererseits waren neue Herausforderungen hier noch nie ein Hinderungsgrund.