Die zweite Etage des Dortmunder U ist normalerweise einer der lebhaftesten und buntesten Gebäudeteile, denn hier bekommt Dortmunds Nachwuchs Gelegenheit, seine Kreativität auszuleben und sich dabei neue Möglichkeiten zu erobern – all das auf einem Ausstattungslevel, wie es landesweit nur selten zu finden ist.
In Pandemie und Lockdown aber ist der UZWEI ihr Publikum in starkem Maße abhandengekommen. Zuständig für das geplante „Comeback“ ist dort seit rund einem Jahr ein neues Leitungsduo. Mit Mirjam Gaffran berichtete eine der beiden „Chefinnen“ Anfang November von aktuellen Herausforderungen, Möglichkeiten und neuen Ideen.
Redaktion: Können Sie uns ein bisschen über Ihren bisherigen beruflichen Werdegang erzählen?
Mirjam Gaffran: Ich habe in Bochum Kunstgeschichte und Medienwissenschaften studiert und mich bereits im Rahmen des Studiums stark mit „Game Art“ auseinandergesetzt. Darüber bin ich 2010 beim Hartware Medienkunstverein– also nur eine Etage von hier entfernt – gelandet, und durfte so bei der Entstehung dieses Hauses dabei sein. Beim HMKV habe ich dann später die kulturelle Bildung und Vermittlung geleitet und schon häufiger mit der UZWEI kooperiert. Nach meiner Elternzeit habe ich mich dann auf diese Stelle beworben, und bilde jetzt hier gemeinsam mit Judith Brinkmann ein Leitungsteam. Im Übrigen eins, das super funktioniert!
Redaktion: Was ist eigentlich das Besondere, vielleicht sogar Einzigartige an Dortmunds UZWEI?
Mirjam Gaffran: Ganz besonders ist, dass sich eine komplette Etage dieses Hauses der kulturellen Bildung widmen darf. Die hat in vielen Kunsthäusern immer noch einen eher niedrigen Stellenwert, auch wenn sich das gerade ein wenig ändert. Und unsere technische Ausstattung ist natürlich außergewöhnlich: Professionelles Film- und Foto-Equipment mit allem, was dazu gehört, IPads, VR-Brillen und sogar einen 3D-Drucker. In dieser gebündelten Form ist das wahrscheinlich wirklich fast einmalig.
Redaktion: Und was sollte die UZWEI angesichts dieser Möglichkeiten aus Ihrer Sicht für die Stadt leisten?
Mirjam Gaffran: Sie sollte natürlich vor allem mit all diesen Dingen sinnvoll umgehen: Also gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen Workshop-Programme umsetzen, die einen kreativen Umgang mit Medien ermöglichen – und sie vielleicht auch ein wenig entzaubern. Denn für gewöhnlich gibt es bei digitalen Medien immer noch ein großes Konsumverhalten – wir nutzen sie „wie vorgesehen“, schauen aber weniger hinter die Dinge.
Grundsätzlich ist es wichtig, die Kinder und Jugendlichen bei den Themen abzuholen, die sie interessieren – und dabei auch den gesellschaftlichen Aspekt im Blick zu behalten: Wo steht ihr gerade und was wünscht ihr euch? Wie würdet ihr die Welt gerne verändern? Was ist eure Stimme? Dieser Stimme wollen wir einen Raum geben.
Redaktion: Wie stellt sich die aktuelle Situation auf der UZWEI dar?
Mirjam Gaffran: Wir stellen schon fest, dass vieles viel langsamer anläuft als früher. Die Jugendlichen sind, was unsere Angebote betrifft, deutlich zögerlicher – aber fast zwei Jahre Pause sind natürlich gerade für jemanden, der in der Pandemie erst zum Jugendlichen geworden ist, eine sehr lange Zeit. Viele müssen diesen Ort erst wieder entdecken und begreifen, dass man hier etwas erleben kann.
Redaktion: Liegen für die nähere Zukunft der Etage denn schon fertige Pläne in der Schublade?
Mirjam Gaffran: Doch, unser Ausstellungsprogramm für nächstes Jahr steht im Großen und Ganzen schon fest: Ende November beginnt zunächst das Projekt „Emerging Artists“, das alle zwei Jahre hierher kommt – das ist eine etwas „klassischere“ Ausstellung von Werken junger Künstler*innen aus der Umgebung.
Danach schließt sich das Projekt „Traffic“ an, die sich auf fantasievolle Weise mit den Themen Reisen und Mobilität beschäftigt. Da werden hier u. a. große, von Kindern mitgestaltete Papp-Autos aufgebaut. Entstanden sind die Beiträge schon im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit Dortmunder Schulen, die Ausstellung wurde dann aber wegen des Lockdowns verschoben.
Im Sommer wird das Programm „Big Spot“ die Ergebnisse der Kultur & Schule-Projekte präsentieren, und zum Ende des nächsten Jahres wird eine Ausstellung über „Digitale Welten“ laufen, bei der es um Virtual- und Augmented-Reality geht. Da gibt es dann sicher auch den einen oder anderen Anknüpfungspunkt mit dem „Kiu“ aus der 1. Etage [digitales Forschungsprojekt der FH – die Red.].
Längst wieder volle Fahrt aufgenommen hat unser Workshop-Programm: Das heißt, an fast jedem Öffnungstag des Jahres findet hier in den Räumlichkeiten mindestens ein Workshop statt. Dazu kommt noch ein Extra-Ferienprogramm, welches wir künftig weiter ausbauen wollen: In den nächsten Sommerferien wollen wir erstmals eine Ferienwoche lang eine Komplettbetreuung der Kinder von morgens bis nachmittags inkl. Mittagessen anbieten.
Redaktion: Und was geht, allen Lockerungen zum Trotz, auf der UZWEI immer noch nicht?
Mirjam Gaffran: Unsere Ferienprogramm-Pläne haben wir von diesem auf das nächste Jahr verschoben – allerdings nicht aufgrund von Auflagen, eine Teilnehmerbegrenzung etwa gibt es nicht mehr. Aber wir haben erkannt, dass wir die Jugendlichen erstmal wieder neu „packen“ und begeistern müssen: Eine Herausforderung, vor der momentan nicht nur wir stehen.
Eine unserer Strategien wird daher wohl sein, die Schulprojekte noch weiter auszubauen und die jungen Leute zu uns einzuladen.
Eine zweite Idee ist, eine Art „Mobil“ zu bauen, mit dem man in die Stadt oder zu Schulen und Jugendtreffs ziehen kann. Das sollte einen kleinen Beamer im Gepäck haben, um Fassaden zu bespielen, ein Workshop-Modul mit Platz für viel Equipment und einen originellen Eyecatcher – damit man auf Knöpfe drücken kann, und irgendetwas Lustiges passiert. Klar ist zwar beispielsweise noch nicht, ob es ein Lastenfahrrad wird oder eher ein Anhänger. Aber neugierig machen soll es, und zum Mitmachen und kreativ werden einladen!