Ewald Ferlemann ist ein hochdekorierter Tierretter, der bereits mit dem nordrhein-westfälischen Umweltpreis und dem deutschen Tierschutzpreis ausgezeichnet wurde. Sogar auf der Vorschlagsliste für das Bundesverdienstkreuz ist er seit 2022 zu finden, hier allerdings wird die Angelegenheit ein bisschen speziell: Argwöhnt der Dorstfelder doch, von städtischer Seite sei vermutlich niemand mehr an einer Beschleunigung dieses Vorganges interessiert.
Auch die Kommune allerdings war noch vor wenigen Jahren merklich stolz auf den engagierten Ehrenamtler, der während der letzten 25 Jahre in seiner Vogelauffangstation in Eigeninitiative zahllose „Patienten“ vom Rotkehlchen bis zum Storch aufpäppelte und fit fürs (Weiter-)leben machte.
Seit dem Jahre 2022 aber ist von der einstmals heilen Welt nicht mehr viel übrig: Ein Vogelgrippe-Fall im eigenen Bestand zog seinerzeit die notwendige Tötung von über 100 Tieren nach sich. Zudem mussten Futter und Streumittel entsorgt sowie etliche Volieren erneuert werden.
Kurz schien es Ewald Ferlemann, als stünde er vor den Trümmern seines Lebenswerkes, schlussendlich aber gelang – nicht zuletzt mit der Unterstützung etlicher privater Spender – der etwa 11.000 € „schwere“ Neustart. Ende abgewendet, alles gut? Offenkundig nicht, denn seit jener Zeit meldet sich die Stadt nicht mehr länger beim Tierschützer, um seine Arbeit zu würdigen – sondern in der Regel im Versuch, sie (mindestens teilweise) zu beenden. Für die „Unterbringung von Greifvögeln, Kranichvögeln, Stelz- oder Schreitvögeln und Kormoranen“, so argumentiert die Kommune, habe der Dorstfelder nämlich vermutlich nicht die räumlichen Kapazitäten. In jedem Falle müsse ab einer bestimmten Tiergehege-Größe eine Gehegegenehmigung beantragt werden, eine solche Antragstellung aber sei bis heute nicht erfolgt.
Es klingt ein bisschen nach Rosenkrieg, dass sich die einstigen Weggefährten anschließend sogar vor Gericht wiederfanden. Einen ersten Prozess verlor Dortmunds Veterinäramt vor dem Gelsenkirchener Verwaltungsgericht. Die Zeiten des Dialogs jedoch sind – warum auch immer – augenscheinlich komplett vorbei, und so ging das Verfahren kurz drauf in die nächstinstanzliche Runde vor dem OVG Münster.
Eine mehr als erstaunliche Entwicklung: Nicht nur, weil auch Polizei und Feuerwehr über Jahre hinweg ihre gefiederten Patienten in genau der Auffangstation ablieferten, die jetzt unbedingt den Stempel „nicht genehmigungsfähig“ erhalten soll. Und nicht nur, weil dieselbe Kommune, die derzeit vehement Schließungspläne verfolgt, Ewalds Ferlemann noch bis ins Jahr 2022 jährlich mit 4000 € bezuschusste. Sondern auch, weil der Dorstfelder seine Erlaubnis zum Betrieb des Wildvogel-Geheges bereits 1998 von städtischer Seite schwarz auf weiß erhielt. Das allerdings muss damals wohl entweder ein bisschen voreilig oder aber auf dem zu kurzen Dienstweg geschehen sein. Eine echte, offizielle Genehmigung jedenfalls bestünde bis heute nicht, wird die Stadt auch gegenüber unserer Redaktion nicht müde zu betonen. Der Vogelschützer wiederum ergänzt, es existierten ja nicht einmal eindeutig definierte Kriterien für deren Ausstellung.
Erstaunlich zudem, dass zwischen den beiden streitenden Parteien bis zum heutigen Tag nicht einmal Einigkeit über die grundlegendsten Fakten besteht: Von einem in der Summe rund 400 m2 großen Gelände geht man beim Amt aus und bezeichnet diese Zahl als „unstrittig“. Allermindestens dies ist ein Irrtum, beziffert der Vogelschützer selbst das Areal doch auf die gut zweieinhalbfache Größe. Sogar durch Katasterauszüge seien diese Zahlen belegt, schüttelt er den Kopf. Das reine Wildtier-Areal wiederum umfasse nur 46 m2 und liege damit eindeutig unter der genehmigungspflichtigen Größe.
Dissenz also, wohin man blickt. Und so möchte das Veterinäramt neben der Unterbringung der Großvögel nach dem Vogelgrippe-Schock auch die längerfristige Aufnahme nicht auswilderungsfähiger Tiere unterbinden: Diese müssten künftig gemeldet und zeitnah abgegeben oder aber euthanasiert werden. Beide Maßnahmen zusammen allerdings liefen, wie Ewald Ferlemann betont, auf eine faktische Schließung seiner Station hinaus.
Was das Bundesverdienstkreuz angeht, sei Ewald Ferlemann, wie die städt. Pressestelle nachdrücklich unterstreicht, übrigens komplett auf dem Holzweg: Mit diesem Prozedere habe man von kommunaler Seite schlicht nichts zu tun.
Doch so oder so: Die Zeichen in Oberdorstfeld stehen inzwischen augenscheinlich ausschließlich auf Streit, nicht auf Kommunikation – und auch mit städtischen Auszeichnungen oder Presseterminen dürfte an der Zollvereinstraße auf absehbare Zeit eher nicht mehr zu rechnen sein.