Dass sich in der Körner Liboristraße im Laufe des letzten halben Jahres eine gut 700 m2 große Photovoltaik-Anlage die Dächer der Hausnummern 22a, 24 und 26 erobert hat, ist erst einmal nicht unbedingt eine Nachricht – das Projekt hinter der Installation hingegen ist durchaus etwas Besonderes. Weil in Körne nämlich keine große Wohnungsgesellschaft Aufbau und Finanzierung der Anlage organisiert hat, sondern die im Mai 2023 gegründete BürgerEnergie Genossenschaft – und das sind letztlich auch die Wohneigentümer selbst.
Das Rad neu erfunden hat BürgerEnergie damit keineswegs, vielmehr hat man sich mit dem Genossenschaftsgedanken einfach nur eines Erfolgsmodells erinnert, das bekanntlich auch auf etlichen anderen gesellschaftlichen Feldern gut funktioniert und den Mitwirkenden Selbstverwaltung und Selbstverantwortung ermöglicht. Den mittlerweile schon über 200 Mitgliedern der neuen Gemeinschaft jedenfalls geht es darum, mit vereinten Kräften eine nachhaltige und dezentrale Energieversorgung voranzubringen und die damit verbundenen finanziellen Lasten auf mehrere Schultern zu verteilen.
Mit dem „Projekt Liboristraße“ konnte man diese Idee nun erstmals Realität werden lassen – ein Erfolg, dem nicht zuletzt Karola Beynuhn den Weg geebnet hat. Selbst Wohnungseigentümerin in einem der betreffenden Häuser, hörte sie über die Medien zufällig etwas von den ersten Gehversuchen der in Gründung befindlichen Genossenschaft – und da die Eigentümergemeinschaft gerade ohnehin eine Dachsanierung ins Visier nahm, beschloss die Körnerin, den entsprechenden Kontakt herzustellen. Deren Ansatz überzeugte sie direkt – daheim in der Liboristraße allerdings musste selbstverständlich erst einmal ein bisschen Überzeugungsarbeit geleistet werden, wie Karola Beynuhn und BürgerEnergie-Vorstand Thomas Orban unisono zugeben. Auch, weil sich die eine oder andere Energie-Legende immer noch hartnäckig hält: Darüber etwa, dass Gebäude mit Solaranlagen selbstverständlich auch dann mit Strom versorgt werden, wenn gerade nicht die Sonne scheint, musste hier und da erst informiert werden.
Schließlich aber hatte man die allermeisten Wohneigentümer mit ins Boot geholt und krempelte die Ärmel hoch: Auch bei der Umsetzung sollte nämlich das Prinzip „vereinte Kräfte“ zur Anwendung kommen. In insgesamt rund 700 ehrenamtlichen Arbeitsstunden also installierten die Genossenschaftsmitglieder zwischen August und November des letzten Jahres ihr über 700 m2 Fläche umfassendes „Pilotprojekt“ auf den Dächern der drei Häuser. Ohne dabei irgendeine externe finanzielle Unterstützung in Anspruch genommen zu haben, wie Thomas Orban zufrieden resümiert.
Die Korken knallen lassen dürfte „BürgerEnergie“ am ehesten im Mai, dann nämlich sind voraussichtlich auch alle organisatorischen Voraussetzungen abgearbeitet und die Anlage tut, wofür sie installiert wurde: Umweltfreundlichen und vom Energiemarkt unabhängigen Mieterstrom liefern.
Allerdings ist nach dem Spiel bekanntlich vor dem Spiel, ein Folgeprojekt in der Nordstadt hat die Genossenschaft daher schon ins Visier genommen. Geht es nach dem BürgerEnergie-Vorstand, nimmt die ganze Angelegenheit im Laufe der nächsten Jahre noch deutlich mehr an Fahrt auf. Für weitere Projektideen ist man daher offen, ein entsprechendes Kontaktformular findet sich auf der eigenen Homepage unter buergerenergiedortmund.de/info-dachgeber. Mit im Boot sitzt man bei „BürgerEnergie“ ab einer eigenen Einlage von 100 €, wobei es den Stromkunden – auch in der Liboristraße – allerdings freisteht, selbst Genossenschaftsmitglieder zu werden. Wie im Übrigen auch alle Anwohner frei entscheiden dürfen, ob sie sich künftig über die Dachanlage mit Strom versorgen lassen oder alles belassen, wie es ist. Expandiert man einigermaßen nach Wunsch, ist Thomas Orban zuversichtlich, den Anlegern eine jährliche Rendite von rund 4 % ausschütten sowie den Stromnutzern rund 5 bis 10 % Kosten einsparen zu können. Mit dem Liboristraßen-Projekt jedenfalls ist man dem Traum von der Stromversorgung in Selbstverwaltung den ersten kleinen Schritt nähergekommen.