Seit Ende August rollt wieder der Ball. Nachdem die BVB-Frauen in der vergangenen Saison die Zweitplatzierten vom SV Fortuna Freudenberg in der Landesliga weit hinter sich gelassen haben, sind sie nun mit ihrem Auftaktspiel gegen die Mannschaft des SC Iserlohn in die Westfalenliga gestartet. Mit einer Niederlage – wenn auch gefolgt von einem Sieg gegen den Herforder SV – haben sie bestätigt, was Teammanager Marcel Merkel vor Saisonbeginn vermutete: „Das wird jetzt knackig.“
Darüber hinaus dürften die Derbys gegen den FC Schalke 04 am 27. Oktober und am 27. April „extremst spannend“ werden. Für nahezu unberechenbar hält Merkel außerdem die „Wundertütenmannschaft“ aus Freudenberg: „Die schlagen den Tabellenersten, können aber auch gegen den Tabellenletzten verlieren.“
Nächstes Ziel: Regionalliga
Doch so herausfordernd die bevorstehende Saison erscheint, so umfassend ist der BVB vorbereitet. Erneut flogen erste und zweite Mannschaft – auch die Zweite ist mal wieder aufgestiegen und wird in der kommenden Saison in der Landesliga spielen – Anfang August nach Kitzbühel, um sich hier in einem gemeinsamen Trainingslager sportlich auf Stand zu bringen. Freundschaftsspiele der Ersten gegen die zweite Mannschaft des FC Bayern München und den FC Pinzgau Saalfelden, die beide in Deutschland und Österreich in der jeweiligen zweiten Liga spielen, ließen die Frauen möglicherweise bereits ein wenig Zukunftsluft schnuppern. Aber „wir wollen jetzt erstmal diese Saison bestreiten und uns Richtung Regionalliga bewegen“, bremst Teammanager Merkel ein wenig die Euphorie. „Die Liga wird schon eng. Die Mannschaften, auf die wir hier treffen werden, sind nicht umsonst da drin.“ Die zweite Bundesliga winkt dann „im besten Fall in zwei Jahren“. Dennoch, zur Vorbereitung kann es erfahrungsgemäß durchaus effektiv sein, gegen Mannschaften aus höheren Ligen anzutreten.
Videoanalyse und Tracking
Eine andere Ressource, die der BVB derzeit ausbaut, stellt die Videoanalyse dar. So hat Tim Treude als Trainer der Frauen nun eine halbe Stelle beim BVB angetreten, um sich dem Thema zu widmen. Mit dem notwendigen Kamerasystem von Staige sind sowohl die Fußballakademie als Trainingsstätte als auch das Stadion Rote Erde als Spielstätte der Frauen ohnehin ausgestattet.
Ebenfalls schon eine ganze Weile nutzt das Trainerteam eine weitere Technik, wie Teammanager Merkel berichtet: „Wir tracken ja jede Trainingseinheit und jedes Spiel mit Catapult“. Neben der Laufdistanz kann Athletiktrainer Benedikt Terschluse so auch die Herzfrequenz der Frauen kontrollieren. Hier liegt eine Schnittstelle zu einem wesentlichen Kooperationsbereich, den die Frauenabteilung jetzt noch einmal ausgebaut hat.
Ein „Ärztenetzwerk quer durch Dortmund“
Zu dem direkten Draht zu Hausarzt, Orthopäde und Unfallchirurg hat der BVB nun auch Kontakt zu Gynäkologin Marion Theiß, der dermatologischen Praxis Lentner und dem zahnärztlichen Team Wagner und sich so ein „Ärztenetzwerk quer durch Dortmund“ geknüpft. Konkret bedeutet das laut Teammanager Merkel einerseits, „dass wir die Mädels zu besonderen Slots einbuchen können“. Andererseits stellen sich die entsprechenden Mediziner:innen bei jeder Behandlung und jeder Medikation die Frage: „Was ist mit dem Sport im Einklang?“ Im Fall der Gynäkologie betrifft diese Frage beispielsweise Verhütungsmittel. Besonders interessant wird dieser Bereich jedoch, wenn Medikamente ins Spiel kommen, die gegebenenfalls das Anti-Doping-Gesetz betreffen. Solcherlei Fälle behandeln die kooperierenden Praxen besonders aufmerksam, um Konfliktherde gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Gelegentlich gehen die Ärztinnen und Ärzte auch in den Austausch mit dem Trainerteam, um eventuelle Schonungszeiten oder andere Angelegenheiten zu besprechen, die den Sport betreffen. Dies geschieht jedoch nur mit Einverständnis der jeweiligen Spielerin und unter Wahrung der Schweigepflicht. Da könnte es zum Beispiel heißen: „Nehmt sie mal zwei Wochen raus. Das hat seine Gründe.“ Auch muss niemand offenlegen, warum ein Termin gewünscht ist. Ein kurzes „Hey, kannst du mir einen Termin bei der Gynäkologin machen?“ reicht aus. Und wer bereits die Praxis des Vertrauens gefunden hat, muss die kooperierenden Mediziner:innen nicht aufsuchen, so Merkel: „Wir verpflichten niemanden.“
Weiter „in Richtung Professionalisierung“
Für Teammanager Merkel sind die Kooperationen im Gesundheitssektor ein „weiterer Schritt in Richtung Professionalisierung“. In diesem Zusammenhang steht auch der „Nachhaltigkeitsgedanke“ der Abteilung. Durch den Aufstieg nämlich müssen die Frauen in der kommenden Saison weitere Strecken zurücklegen als bisher. Statt es weiterhin jeder einzelnen Spielerin zu überlassen, mit dem eigenen PKW oder in Fahrgemeinschaften anzureisen, „werden wir ab jetzt die Auswärtsspiele alle gemeinsam mit Bussen bestreiten“, so der Teammanager.
Auch Marcel Merkels eigene Rolle hat sich nun durch eine klare Struktur weiter professionalisiert. Bezeichnete er sich selbst in der Vergangenheit eher als „Mädchen für alles“, ist er nun zum Teamlead Teammanagement avanciert. Sein Aufgabenbereich umfasst dabei einerseits das Teammanagement für die erste Mannschaft. Andererseits aber leitet er darüber hinaus das Team aus Lucas Falkenrath, der kürzlich sein Amt als Teammanager der zweiten Mannschaft angetreten hat, und der Teammanagerin der U17 Luisa Bergmann. Ihre Arbeit wiederum befasst sich laut Merkel „mit allen spannenden Themen, die Mädchen zwischen 13 und 17 so haben“, denn tatsächlich ist die derzeit jüngste Spielerin der U17 Jahrgang 2011.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie Mädchen so unterschiedlichen Alters im Fußball zusammenzubringen sind, was jenseits des Platzes nicht immer gelingt, so Merkel. Aber: „Sportlich gesehen kann das passen. Da haben wir letzte Saison gute Erfahrung mit gemacht.“ Und gerade für die sehr jungen Spielerinnen biete sich hier „langfristig eine unfassbare Perspektive“, wenn sie sich beinahe von klein auf der fußballerischen Ausbildung beim BVB widmen können. „Besser vorbereitet kann eine Spielerin für den Frauenbereich nicht sein.“ Doch auch für den Verein könnte es bald interessant werden, bereits einen Pool junger Spielerinnen unter seinen Fittichen zu haben. Denn eine U15 ist vorgeschrieben, wenn der Schritt in die zweite Liga tatsächlich bald anstehen sollte.