Die Vorstellung des Heimtrikots für die kommende Saison ist nicht nur beim BVB ein Ereignis, das jährlich hohe Wellen schlägt – soll das Dress doch im besten Falle all, wofür das Team und sein Club stehen, optisch umsetzen. Mal ganz abgesehen davon, dass das Auge des Fans in den nächsten zwölf Monaten vermutlich auf nichts anderem so häufig ruhen wird.
Den Gestaltungs-Job kann man den Profis überlassen, oder man macht es so wie die Borussen vor Beginn dieser Spielzeit. Denn dass es für etliche schwarzgelbe Fans eine Traumvorstellung wäre, selbst aktiv am Outfit des Bundesliga-Teams mitzuwirken, davon konnte man ausgehen. Und so rief der BVB im vorletzten Winter die Aktion „Design datt Ding“ ins Leben, an der sich vom Grafiker bis zum lupenreinen Amateur all jene beteiligen durften, deren Herz für Schwarzgelb schlägt.
Im Laufe der Folgewochen ging eine regelrechte Vorschlags-Lawine auf die BVB-Verantwortlichen hernieder; über 15.000 Designs aus mehr als 100 Ländern rund um den Globus wurden letztlich eingereicht. Auf den schweren Job der Jury, neun Favoriten zu benennen, folgte das „Publikums-Voting“, bei dem fast doppelt so viele Stimmen abgegeben wurde, wie der Signal Iduna Park Plätze hat.
Schlussendlich aber konnte es selbstverständlich nur einen geben – und im Mai 2023 dann verkündeten die Schwarzgelben endlich das Ergebnis. Seither ist klar, dass die Borussen in den nächsten zwölf Monaten in Shirts „designed by Timo Ronge“ auflaufen werden. Als Web- und Printdesigner ist dem Marler zwar geläufig, sich um das Erscheinungsbild von Dingen zu kümmern. „Allerdings war der Entwurf“, berichtet er, „mein allererstes designtes Trikot.“ Bei dessen Gestaltung ihm relativ schnell im Laufe eines Spaziergangs die zündende Idee kam, die unverkennbare Silhouette des Dortmunder Stadions mit grafischen Elementen zu verbinden, die an die Struktur von Kohle erinnern. Maximale Wiedererkennbarkeit und größtmögliche direkten Bezug wollte der Marler erreichen, und dabei gleichzeitig „klassisch“ bleiben. „Deswegen stand auch unmittelbar fest, dass ich den klassischen Gelbton verwenden würde“, führt er weiter aus.
Zur Teilnahme entschloss sich der 45-Jährige direkt, als er erstmals vom Wettbewerb erfuhr. „Weil der BVB nun mal der Herzensverein ist. Aber natürlich rechnet man kein bisschen damit, am Ende ganz vorne zu landen.“ Sein Sieg – übrigens mit veritablem Abstand auf Rang 2 – brachte Timo Ronge dann auch noch einen knapp einwöchigen Tripp zur Produktionsstätte nach Vietnam ein. Erst hier, mit dem fertigen Produkt in Händen, habe er realisiert: „Das passiert hier gerade!“, wie er die Öffentlichkeit im offiziellen Video zur Entscheidung wissen ließ.
Bis er dann allerdings seine Freude auch mit anderen teilen durfte, vergingen noch ein paar Wochen, schließlich sollte bis zur offiziellen Verkündung des Siegers nichts „sickern“. Ab dem bewussten Moment dann stand das Telefon im Hause Ronge selbstverständlich nicht mehr still, explodierte der WhatsApp-Account. „Und bei Geburtstagspartys oder ähnlichen Anlässen ist die Geschichte nach wie vor permanent Thema“, resümiert der Mediengestalter.
Und wie sieht es, sollten sich die Schwarzgelben je zur Neuauflage des Contests entschließen, mit der „Mission Titelverteidigung“ aus? „Natürlich würde ich es nochmal probieren“, lacht Timo Ronge. Beim nächsten Mal dann eben mit etwas mehr Erfahrung und etwas weniger „naiv“: „Das kann ein Vorteil sein, muss aber nicht“, sinniert er.
Sein Team möchte der 45-Jährige in der nächsten Spielzeit selbstverständlich gerne nach den Sternen greifen sehen. Sollte es etwas werden mit dem großen Coup, findet sich im Mai nächsten Jahres jedenfalls auch ein Stückchen Timo Ronge auf dem Rasen des Signal Iduna Parks – und ebenso auf unzähligen Bildschirmen rings um den Globus. Eine ziemlich spektakuläre Karriere für eine zündende Idee im Laufe eines Spaziergangs.