„Leute, dieser kreationistische Wahnsinn, dass Bibel und Evolutionstheorie nichts miteinander zu tun haben, ist Unsinn!“ Davon ist der promovierte Zoologe Dr. Frank Brandstätter überzeugt. Nehmen wir einmal die Anakonda. Als Verursacherin des Sündenfalls erhält sie laut Bibel eine Strafe Gottes: „Unter allen vierfüßugen Tieren sollst du von nun an auf dem Bauche kriechen.“ Tatsächlich verfügten die frühen Schlangen über vier Beine, von denen noch heute zwei Stummel am Hinterleib der Anakonda zu erkennen sind. „Manchmal könnte man die Bibel auch als zoologisches Nachschlagewerk verwenden“, stellte der Direktor des Dortmunder Zoos im Rahmen seines Studiums fest. Kürzlich verfasste er daher ein Buch mit dem Titel „Und Gott schuf die Tiere…“, das er Mitte August in der Stadtteilbibliothek Hombruch präsentierte.
„Daten, Fakten und Philosophien“
Es war eine Studienarbeit über Sandrennnattern, die Brandstätters Augenmerk zum ersten Mal auf die zoologische Bedeutung der Bibel lenkte. Als Kind „musste ich die ganze Bibel lesen“. Obwohl der heutige Zoodirektor sich als konfessionslos bezeichnet, ist von dieser Lektüre doch einiges hängengeblieben. So auch die Geschichte vom Aaronstab, der geworfen zur Schlange wird. Und tatsächlich fand Brandstätter damals über Sandrennnattern heraus: „Wenn die sich bedroht fühlen, bleiben die einfach ganz still liegen, sodass man meint, es ist ein Ast, der da liegt“, und aus der Schlange wird wieder ein Stab.
Während man sich hier die „Astmimese“ literarisch nutzbar machte, hat Dr. Brandstätter auch so manchen „Tatsachenbericht“ in der Bibel identifiziert. „Sieh doch den Behemot! / Von Gräsern nährt er sich gleichwie ein Rind. / Betrachte seine Kraft in seinen Lenden / und seine Stärke in den Muskeln seines Bauches!“, heißt es etwa im Buch Hiob. Dr. Brandstätter kommentiert diesen Abschnitt: „Diese Textpassage könnte aus einem Tierlexikon stammen, beschreibt sie doch sehr treffend das Flusspferd (aka Behemot)“. Auch mit Blick auf diverse Vögel, Fische, Raubkatzen und Insekten sieht Dr. Brandstätter in der Bibel „eine wahre Fundgrube von Daten, Fakten und Philosophien“.
Jeden dieser Funde gleicht er mit seinen zoologischen Fachkenntnissen über die entsprechenden Tiere ab und ermöglichst so einen Einblick in die Bibelwelt und die Welt der Zoologie, die sich auf diese Weise entgegen des gefühlten Widerspruchs zwischen Naturwissenschaft und Religion gegenseitig ergänzen. Besonders nachvollziehbar werden die Beschreibungen und Analysen durch die Tierfotografien, die jedes Kapitel ergänzen. Einige von ihnen stammen von Zoolotse Marcel Stawinoga, sodass sich die Motive im Dortmunder Zoo wiederentdecken lassen.
Frank Brandstätter: Und Gott schuf die Tiere… OCM: Dortmund 2022. 20 Euro. ISBN 978-3-942672-97-9