Am 9. März 1943 deportierten die Nationalsozialisten 250 Sinti:zze und Rom:nja von der Steinstraße aus nach Auschwitz. Knapp anderthalb Jahre später, in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944, ermordeten sie die letzten 4.300 der insgesamt 500.000 Sinti und Roma, die während der Naziherrschaft in den Vernichtungslagern starben. Daher trafen sich Vertreter:innen der Stadt Dortmund am Freitag mit Vertreter:innen der Dortmunder Gemeinschaften der Sinti und Roma zu einem Gedenken im Rathaus und eröffneten eine gemeinsam erarbeitete Ausstellung, die noch bis zum 30. September in der Bürgerhalle über die Historie der Verfolgung der Sinti:zze und Rom:nja während der Naziherrschaft und nach 1945 informiert.
Abschiebungen als alltägliche Bedrohung
„Für wen gilt das Nie-wieder und für wen das Immer-noch?“ Diese Frage stellte im Rahmen der Gedenkveranstaltung Ana-Maria Preduca als Jugendvertreterin von Romano Than e. V. in den Raum. Denn nach wie vor sieht sie die Stigmatisierung und Diskriminierung der Siti:zze und Rom:nja. Sie bat die Anwesenden, sich vorzustellen, Kinder zu sein, und „die Gesellschaft um Sie herum hasst Sie von Anfang an“: „Sie lernen von klein auf, dass die Welt ein Ort ist, an dem Sie unerwünscht sind.“ Unter diesen Voraussetzung, so Preduca, „fragen sich Roma-Kinder und -Jugendliche, wer sie schützt“. Denn Abschiebungen nach Moldau oder in den Kosovo, wo sich Sinti:zze und Rom:nja unter Lebensgefahr bewegten, seien legal und an der Tagesordnung. „Wir wollen nicht viel“, versicherte die junge Frau, „nur gleiche Chancen auf ein sicheres Leben“.
Der Kampf um das Gesehenwerden
Noch immer haben Siti:zze und Rom:nja „Angst, sich zu outen“, verdeutlichte Roman Franz als Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma NRW an einem persönlichen Beispiel. So hatte er seinem Enkel angeboten, ihn zu einem Gespräch mit dem Schulleiter zu begleiten, zu dem dieser den Jungen zitiert hatte. Doch die Antwort des Enkels fiel ebenso klar wie eindeutig interpretierbar aus: „Ne, dann wissen die, dass wir Sinti sind.“ Auch Franz selbst nimmt im Rahmen seiner Arbeit Diskriminierung und vor allem Ignoranz wahr. So berichtete er von seinem Kampf um das Gesehenwerden. „Gott sei Dank haben wir nicht nachgelassen“ und 16 Mahnmale in NRW aufgestellt: „Diese Menschen haben es verdient, dass man an sie denkt und sich erinnert.“ Auch in Dortmund steht eine solche Gedenkstätte, an der von Seiten des Bündnisses Dortmund gegen Rechts und des Landesverbandes deutscher Sinti und Roma NRW regelmäßig zum Jahrestag Gedenkveranstaltungen stattfinden.