Über Dortmund befand sich einmal ein Kreidemeer. Zugegeben, das ist schon eine Weile her und Dortmund gab es da noch lange nicht. Als die Grafen von Dortmund dann um 1200 die Stadtmauer errichten wollten, dort, wo heute der Wallring verläuft, ließ sich mit den zu Stein gewordenen Meeresablagerungen im Untergrund nicht viel anfangen. Am Oberlauf der Emscher aber, auf heutigem Hörder Gebiet, gab es wetterbeständigen Sandstein, den Dortmund für seine Stadtmauer verwendete.
Rund 100 Jahre später jedoch verpfändete König Albrecht Dortmund an den Grafen von der Mark. Als dieser aber in Dortmund Steuern eintreiben und seinen Pfand einlösen wollte, hielten wehrhafte Dortmunder Bürger – dass sich zu dieser Zeit Bürgerinnen beteiligten, erscheint unwahrscheinlich – verschanzt hinter den Hörder Steinen stand. Und „wenn Sie den Gerichtsvollzieher nicht reinlassen, hat der Gläubiger schlechte Karten“, erläutert Heinz-Ludwig Bücking vom Verein Bergbauhistorischer Stätten den Umstand mit einem zeitgemäßen Bild.
Die Industrie in Hörde
Lagen dem Grafen von der Mark also buchstäblich Steine im Weg, so brachte der Abbau genau dieser Steine den Hörder*innen viele Jahre später Arbei und einen bescheidenen Wohlstand. Denn in den Steinbrüchen am Oberlauf der Emscher schloss man auch reiche Steinkohlenvorkommen auf. Das wiederum lockte im Jahr 1841 den Iserlohner Kaufmann Dietrich Piepenstock nach Hörde, „weil er wusste, in Hörde gibt’s Kohle und auch Eisenstein“, so Bücking. Außerdem konnte der Unternehmer bei den Hörder Nagelschmieden mit damals seltenen Kenntnissen in der Stahlverarbeitung rechnen. Doch was er zustande bekam, war nur „ein relativ unbedeutendes Hüttenwerk“, das seine Arbeit erst ein Jahr nach Piepenstocks Tod aufnahm. Dennoch legte er damit eine wichtige Basis.
Weitsichtige Ingenieuere und Manager entschieden als zweite Hüttengesellschaft in Dortmund, das Thomaspatent zu kaufen. Mit dem Verfahren konnten minderwertig phosphorhaltige Erze zu hochwertigen Stählen verarbeitet werden. Sich das hierzu nötige Know-how zu erarbeiten, führte zunächst beinahe in den Ruin, erzielte letztlich aber doch erhebliche Gewinne in der Fertigung und beim Wissensverkauf. Hörde war über mehr als zwei Jahrhunderte ein prosperierender Industriestandort.
Im Jahr 1576 waren dem Grafen von der Mark inzwischen die Zugriffsrechte auf Dortmund zugesprochen worden. Er selbst war zu diesem Zeitpunkt naheliegenderweise aber schon lange tot und „weil die Hanse-Blütezeit von Dortmund da schon vorbei war“, so Bücking, blieb auch seinen Erben nur noch „ein verträumtes Ackerbürgerstädtchen“: Dortmund bei Hörde.
Aus Dortmund bei Hörde wird Dortmund-Hörde
Mit den Jahrhunderten jedoch verschoben sich die wirtschaftlichen Kräfte. Bis 1924 wurden in Hörde die letzten Zechen geschlossen, während Dortmund vor allem mit der Zeche Minister Stein, der Westfalenhütte und dem Werk Union Profit machte. „Als dann 1929 Hörde zu Dortmund geschlagen wurde, da ist für viele Hörder eine Welt zusammengebrochen“, erzählt Bücking. Dennoch ist er überzeugt: „Diese Zusammenlegung war wirtschaftlich absolut nötig.“ Womöglich würden ihm da nicht alle Hörder*innen zustimmen. Und genau für diese Hörder*innen gibt es diese kleine wahre Geschichte über Dortmund bei Hörde.