Ein spektakulärer Umzug ist erfolgreich beendet: Der Transport eines stählernen Bungalows aus einer Wohnsiedlung in Dortmund-Hombruch ans Hoesch-Museum im Dortmunder Norden ist geglückt. Die Translozierung (Versetzung) des 1966 von Hoesch produzierten Gebäudes ist Höhepunkt eines seit mehreren Jahren vorbereiteten Projekts. Gestern (1.12.) gegen 9.15 Uhr platzierte ein Kran auch das zweite Gebäudeteil auf dem Fundament, nachdem Teil 1 bereits am Mittwochnachmittag sicher gelandet war.
Der stählerne Bungalow steht nun nordöstlich des Hoesch-Museums, mitten auf dem Gelände der ehemaligen Westfalenhütte. Auf zwei Schwerlasttransportern und in zwei Teilen gelangte das 141 qm große Gebäude von Hombruch zum 15 Kilometer entfernten Hoesch-Museum, wo es künftig als historisches Exponat, aber auch als Veranstaltungs- und Ausstellungsraum dienen soll. Nach der Translozierung muss der Bungalow noch restauriert und für die Museumsnutzung hergerichtet werden. Das Hoesch-Museum rechnet mit einer Fertigstelliung Ende 2023.
Das L-förmige Einfamilienhaus aus der Wirtschaftswunderzeit wurde bereits Mitte November getrennt – die beiden Gebäudeteile wiegen 16 bzw. 13 Tonnen und haben eine Länge von 5 x 15 und 8 x 12 Metern – damit war ein Schwerlasttransport unausweichlich. Zwei Wochen später folgten dann Verladung und Fahrt: An einer Traverse wurden die beiden Gebäudeteile am Dienstag (29. November) mit einem Kran auf Schwerlasttransporter verladen und in der Nacht mit maximal 30 km/h zum neuen Standort gefahren. Für die Strecke von 15 Kilometern benötigten die Sattelschlepper gut drei Stunden.
Um punkt 3 Uhr konnte der Werkschutz von thyssenkrupp Steel die eigens für die Anlieferung des Hoesch-Hauses im Zaun geschaffene Öffnung verschließen. Am Mittwoch (30. November) folgte dann die Fahrt über das Werksgelände der ehemaligen Westfalenhütte und das „Abladen“ auf das vorbereitete Fundament. Nach aufwendiger Vorbereitungszeit von Kran und Befestigungen schwebte das Stahlhaus dann erneut minutenlang durch die Luft.
Für die Translozierung wurde das Unternehmen JaKo Baudenkmalpflege GmbH aus Rot an der Rot in Baden-Württemberg beauftragt, die Schwerlasttransporte übernahm die Firma Aug. Alborn Schwerlasttransporte Dortmund. „Dank der beiden erfahrenen Unternehmen haben Verladung und Transport reibungslos funktioniert“, resümiert Isolde Parussel, Leiterin des Hoesch-Museums, „darüber hinaus war das Zusammenspiel zwischen den beteiligten Firmen, Verkehrsdienst, Polizei und thyssenkrupp-Werkschutz während der Nachtfahrt unglaublich beeindruckend.“
„Für die Freunde des Hoesch-Museums ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Wir erweitern unser Museum und werden damit ein attraktiver Anlaufpunkt im späteren Grünen Ring“, sagt Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender des Trägervereins Freunde des Hoesch-Museums.
Geschichte und Zukunft des Hoesch-Bungalows L 141
In Dortmund-Hombruch errichtete das Montanunternehmen Hoesch ab 1962 eine kleine Siedlung aus innovativen Stahlfertighäusern, in denen vor allem leitende Angestellte von Hoesch wohnten. Die einheitlich weißen Eigenheime sollten den Verkauf des von Hoesch gerade entwickelten Leichtprofils PLATAL fördern, eines mit PVC beschichteten Stahlbleches. Doch zum Verkaufsschlager wurden die Stahl-Bungalows nie; insgesamt wurden nur rund 200 produziert und gebaut. Einer dieser Bungalows, in denen man seine Bilder mit Magneten an der Wand befestigen konnte, steht noch heute auf der Insel Mallorca. Noch vor dem Boom der Fertighäuser wurde die Produktion im Jahr 1969 eingestellt.
Der Hoesch-Bungalow vereinte damals die Möglichkeiten der industriellen Moderne: Ein modulares Montagesystem, die Verwendung neuentwickelter Werkstoffe, eine neuartige Klimatisierungstechnologie und die zeitgenössische Bungalowarchitektur machen ihn heute ikonisch. Der nun translozierte Bungalow L141 mit winkelförmigem Grundriss hatte zur Zeit seiner Errichtung 1966 geschätzt mindestens 123.000 DM gekostet. Anders als andere Häuser aus der Siedlung ist er noch fast im Originalzustand erhalten – prädestiniert als Museumsstück, das er nun wird. Das Haus selbst ist ein Geschenk der Familie des damaligen Besitzers an die Freunde des Hoesch-Museums e.V..
Am neuen Standort hat der Bungalow jedoch zugleich eine Scharnierfunktion zwischen Hoesch-Museum und dem neu entstehenden Stadtteil. Die Westfalenhütte, einst die Wiege der Hoesch AG und Arbeitsplatz von bis zu 25.000 Arbeitern, ist heute das größte Entwicklungsgelände der Stadt Dortmund. Neben dem aktiven thyssenkrupp-Standort wird auf einer Fläche groß wie Monaco ein neuer Stadtteil entstehen.
Fast ein 1-Million-Projekt
Insgesamt wird die Versetzung des Bungalows und die Einrichtung als Teil des Museums knapp 900.000 Euro kosten. Dies ist nur dank vieler Fördermittel und Spenden möglich.
Das Projekt wird gefördert von:
- Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege (250.000 Euro),
- Förderprogramm „Heimat. Zukunft. Nordrhein-Westfalen“ des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW (250.000 Euro),
- Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) mit 140.000 Euro,
- Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung (50.000 Euro)
- Gemeinwohl-Stiftung der Sparkasse Dortmund (45.000 Euro)
- Trägerverein „Freunde des Hoesch-Museums“ (mindestens 135.000 Euro)
Die Stadt Dortmund unterstützt das Projekt mit dem Ankauf des Grundstücks samt Portierhaus, in dem das Hoesch-Museum untergebracht ist und gewährleistet damit die Bindungsfrist der Drittmittel. Thyssenkrupp Steel Europe (tks) als bisheriger Eigentümer wiederum unterstützte die Grundstücksvorbereitung für die Translozierung. Der neue Standort des Stahlhauses wird den Freunden des Hoesch-Museums in Erbbaurecht zur Verfügung gestellt.