Von Anfang an war sie dabei. In der ersten Casting-Runde im Frühjahr 2021 überzeugte Lisa Klemann den frischgebackenen Trainer der BVB-Frauen Thomas Sulewski, wobei dieser sie bereits vom SV Berghofen kannte, wo Trainer und Spielerin schon zuvor auf Zusammenarbeit gesetzt hatten. Klemann selbst traf damals eine sehr bewusste Entscheidung für den BVB, startete sie nach ihrer Karriere in der Regionalliga doch komplett neu in der Kreisliga. Schnell stand sie wohl nicht nur deshalb als Kapitänin der Mannschaft fest. Wie sie selbst ihre Rolle sieht, hat sie uns im Gespräch verraten.
Deine Fußballkarriere ist in Kirchhörde gestartet. Wann war das?
Mein Vater hat mich mit vier Jahren bei den Minikickern angemeldet, aber rumgelaufen bin ich da schon ein paar Tage eher. Ich bin 1988 geboren, also war das 1992.
Und dann ging es in Hombruch weiter.
Genau, ich bin damals – in Anführungsstrichen – abgeworben worden. Es gab damals noch nicht so viele Mädchenmannschaften in Dortmund. Und ich erinnere mich, dass irgendwann zwei Mädels beim Training oder beim Spiel waren. Da hörte ich davon, dass man mich beobachtet und daran Interesse hätte, dass ich aus Kirchhörde in den Mädchenbereich nach Hombruch wechsele und das habe ich in dem Sommer dann auch getan.
Später kamen dann Lütgendortmund und Berghofen. Was ist hier beim BVB anders als in den anderen Vereinen?
Also, der Ball ist immer noch rund. Das habe ich auf jeden Fall festgestellt, dass das auch hier noch so ist. Aber die ganze Struktur ist natürlich eine ganz andere. Alles, was drumherum ist, ist natürlich in viel weiteren Teilen viel professioneller. Wir sind komplett umsorgt. Der große Unterschied ist natürlich auch, dass das Team um uns herum in der Regel Leute sind, die auch für den Verein arbeiten und natürlich viel mehr Zeit haben als Trainer und vielleicht auch Vorstände in anderen Vereinen. Dort ist das ja eher eine Freizeitaktivität, auch für sie. Hier können sie sich hauptberuflich dem Projekt widmen und das spiegelt sich natürlich auch in dem wider, wie wir aufgestellt sind.
Wie siehst du deine Tätigkeit als Spielerin zwischen Hauptamt und Spaß in der Freizeit?
Ich habe ja schon immer für mich den eigenen Anspruch gehabt, das relativ ambitioniert zu machen. Klar ist es ein Freizeitsport, schon immer gewesen, und ist es eigentlich heute auch. Aber es fühlt sich für mich immer schon oder ziemlich so lange so an, dass es ein Zwischending ist zwischen einem Freizeitsport und einem Profisport – in Anführungsstrichen –, weil das doch vom Aufwand her mehr ist als zu sagen: „Ich gehe ein-, zweimal in der Woche irgendwo auf Asche kicken und wenn ich Lust habe, gehe ich Sonntag mal zum Spiel.“ Es ist schon für mich persönlich ambitionierter.
Was machst du so richtig professionell?
Richtig professionell arbeite ich hier in Dortmund im Krankenhaus als Physiotherapeutin.
… hast aber gleichzeitig auch Familie. Wie passt das alles zusammen?
Das ist eine Belastung, auf jeden Fall. Es bedarf immer viel Organisation, viel Verständnis von der Familie, aber das hat man eigentlich schon immer: Wenn man so viel mit dem Fußball zu tun hat und auch oft weg ist, dann kennt die Familie das eigentlich schon. Wir haben, was Großeltern angeht und Freunde, einen ziemlich guten Background und den brauchen wir auch, sonst wäre das mit den Hobbys, die wir beide privat betreiben, nicht möglich.
Welche Eigenschaften haben dich zur Kapitänin gemacht?
Ich denke, wahrscheinlich auch ein Stück weit Erfahrung. Wobei, Erfahrung klingt irgendwie immer so abgehoben, das möchte ich überhaupt gar nicht, dass das so rüberkommt. Es ist, glaube ich, Erfahrung in dem Sinne, dass ich einfach schon ein paar Tage länger Fußball spiele als die eine oder andere. Ich glaube auch, dass ich jemand bin, der etwas lautstärker ist, das kann auch nie schaden. Und natürlich auch, dass der Trainer mich aus Berghofer Zeit ein paar Tage kennt, er weiß, wie ich ticke, und ich glaube, an dieser Kombination hat es gelegen.
Welche Aufgaben erfüllst du in dieser speziellen Mannschaft praktisch als Kapitänin?
Für mich ist das immer unabhängig vom Kapitän-Sein. Ich würde mich in meiner Rolle als Spielerin nicht anders verhalten, wenn ich keine Binde tragen würde. Natürlich, das ist eine riesengroße Ehre, aber ich würde genauso agieren, wenn ich diese Kapitänsbinde nicht tragen würde. Ich sehe mich einfach als Ratgeber. Es geht, finde ich, gar nicht immer darum, dass der Kapitän die größtmögliche sportliche Qualität haben muss, die meisten Tore schießt oder der beste Dribbler ist. Es geht mehr darum, dem Team oder einzelnen Spielerinnen zu zeigen, in welchen Phasen im Spiel man sich wie verhalten sollte. Logische Dinge, taktische Dinge. So sehe ich mich, also im Spiel zu begleiten und den Mädels vielleicht auch mal durch einzelne Phasen zu helfen. Das ist meine Aufgabe. Es geht nicht darum, dass ich denke, ich bin die allerbeste oder ich kann dieses oder jenes besonders gut, sondern das sind theoretische Dinge.
Du hast ja gerade selbst schon gesagt, dass du schon ein paar Jährchen länger kickst als die eine oder andere. Wo willst du denn noch hin mit der Mannschaft?
Ich will natürlich, so weit es geht, mitgehen. Ich habe da für mich persönlich kein Ziel. Für mich steht an erster Stelle der Verein und der sportliche Erfolg über allem und wenn meine Zeit irgendwann gekommen ist, dann nehme ich auch meine Fußballschuhe und lasse anderen den Vorrang. Ich schaue einfach, dass ich verletzungsfrei bleibe, dass ich leistungstechnisch weiter dranbleibe und dann schauen wir einfach mal, was passiert. Ich glaube, das kann man in meinem Alter nicht unbedingt planen, weil viele Faktoren kommen können, die eine Situation verändern. Von daher gucken wir einfach mal, was der Tag morgen bringt und übermorgen, und ich gehe so weit, wie es für mich möglich ist und so lange der Verein und der Trainer das möchten.
Ich habe gerade schon ein Problem gesehen. Ist das ein Problem?
Das ist ein kleiner Fingerbruch, das ist jetzt nicht so ein großes Problem. Das reguliert sich und dann ist es wieder gut.
Lisa, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg für dich und deine Mannschaft!