Zum Glück sind die Verantwortlichen im Zuge des Rote-Erde-Umbaus dem Geheimnis des alten Stadions – den enormen unterirdischen Hohlräumen nämlich – auf die Spur gekommen: Schließlich möchte niemand, dass der Spruch vom „abtauchenden Spieler“ eines Tages bittere Realität wird.
Nach abgeschlossener Renovierung ist die altehrwürdige Spielstätte also wieder ein ganz normales Stadion. An anderen Orten Deutschlands bzw. des Globus kann von solch einer Normalität keine Rede sein. Das Resultat allerdings – ob schön oder eher skurril – ist zumeist ein echtes Markenzeichen des jeweiligen Vereins.
In der Folge die Kurzportraits von acht der bemerkenswertesten Fußballplätze aus nah und fern, interessant nicht nur für „Groundhopper“:
„The Float“, Singapur:
Was Architektur angeht, wird in dem kleinen südostasiatischen Land gerne mal ein bisschen „geklotzt“. Ein schwimmender Fußballplatz, noch dazu plus geräumiger Tribüne, dürfte jedenfalls weltweit seinesgleichen suchen. 2007 ins Hafenbecken hinein gebaut, wird er aber aktuell offenbar wieder demontiert. Groundhopper müssen also auf die Tube drücken!
Henningsvaer Stadion, Lofoten (Norwegen):
Henningsvaer liegt verteilt auf zwei Mini-Inseln, hat 427 Einwohner, nicht viel mehr als 100 Häuser – und möglicherweise den malerischsten Fußballplatz des Globus. Bespielt wird der von einem Amateurclub, und auf den umliegenden Felsen drängeln sich Stockfischgestelle für getrockneten Kabeljau aneinander. Für den Lofotinger (!) ist hier also vermutlich alles Alltag, dem zugereisten Fußballfan aber dürfte das Herz aufgehen. Wobei das „Henningsvaer Stadion“ seinen vollen Zauber allerdings erst in der Draufsicht entfaltet.
Fußballplatz, Rauschenberg-Ernsthausen (Hessen):
Auch beim Rasen des TSV Ernsthausen ist die Vogelperspektive Trumpf, allerdings fängt sie nicht unbedingt Schönheit ein – sicherlich aber Charakter.
Beim Spielfeld des Kreisligisten nämlich haben die beiden Torauslinien eine Längendifferenz von satten 12 Metern. Parallel verlaufen sie im Übrigen auch nicht, denn auch die beiden Seitenlinien wurden offenbar eher „Pi mal Daumen“ vermessen. Der DFB aber hat’s genehmigt, also: Was soll’s? Beim hessischen Club jedenfalls haben sie ihren etwas anderen Sportplatz durchweg ins Herz geschlossen.
Orissaare Staadion, Orissaare (Estland):
Wirkt ja irgendwie poetisch: Da mögen die nationalen oder internationalen Statuten festlegen, was sie wollen, auf dem Fußballfeld der estnischen Gemeinde Orissaare wächst nahe der Mittellinie eine imposante Eiche in den Himmel. Seine Position hält der Baum seit über siebzig Jahren kompromisslos, in Sowjetzeiten scheiterte die Entfernung offenbar eine Weile an den technischen Möglichkeiten. Im Laufe der Zeit dann wurde das Problem naturgemäß nicht kleiner, und mittlerweile scheint eine „Auswechslung“ schon lange nicht mehr zur Diskussion zu stehen. Zumal der Eiche 2015 gelang, was Orissaares Fußballclub nie erreichte: Mit der Wahl zum „europäischen Baum“ holte sie einen internationalen Titel in ihre Gemeinde. Regulären Ligabetrieb gibt’s rings um den „12. Mann“ nicht, da sind die Fußballverbände unerbittlich. Aber regelmäßige Turniere, die bei den Gast-Teams hoch im Kurs stehen!
Puckelboll, Stockholm (Schweden):
Gut, auf dem vom schwedischen Künstler Johan Ström geschaffenen Areal wird nicht wirklich Fußball gespielt. Sondern eben: Puckelboll. Ein wenig sieht das Spielfeld so aus, als hätten Harry Potter und seine Sportsfreunde bei der Gestaltung die Finger im Spiel gehabt. Pässe „wie an der Schnur gezogen“ dürfte man hier jedenfalls eher selten sehen.
Das Puckelfeld lehrt uns laut Ström u. a., „dass der Ball im Leben nie wirklich so springt, wie man es sich wünscht.“ Den Schweden gefällt’s offenkundig, mittlerweile hat Malmö mit einem eigenen Feld nachgezogen.
Eiði-Fußballplatz, Färöer-Inseln (zu Dänemark):
Eine weitere Spielstätte in Europas Norden kann es landschaftlich mit dem Henningsvaer Stadion (siehe oben) aufnehmen. Doch so traumhaft das Ambiente des Fußballfeldes nahe des Dorfes Eiði auch daherkommt, die Spielbedingungen inkl. schneidendem Wind und unzähligen an den Atlantik verlorenen Bällen waren wohl eine zu große Belastung. Und so schickte der örtliche Club EB / Streymur das Areal anno 2015 in Rente, um es zu einem Campingplatz umwandeln zu lassen. Bis dahin wurde am Atlantik übrigens durchaus um nationale Trophäen gespielt, zwei Meistertitel und vier Färöer-Pokale gingen nach Eiði.
Ottmar-Hitzfeld-Arena, Gspon (Schweiz):
Wer noch Zweifel hegte, dass es Borussias ehemaliger Meistercoach im Alpenstaat zum Legendenstatus gebracht hat … Seit 2009 hört sogar ein Schweizer „Fußballstadion“ auf seinen Namen, und zwar ein ganz besonderes: Die 2000 Meter Höhenlage der Anlage sind nämlich Europarekord. Hohe Fangzäune auf drei Seiten helfen dabei, die laufenden Kosten in Grenzen zu halten. Gspon hat aktuell übrigens exakt fünf Einwohner, ins kleine Stadion passen 200 Leute. Bei der Anreise dürfte demnach gute Planung von Vorteil sein, nimmt eine Seilbahn-Kabine doch lediglich bis zu 25 Personen auf. 2008 war der lauschige Platz Austragungsort der „Fußball-Europameisterschaft der Bergdörfer“ (Finale: Spanien – Schweden). Was es alles gibt!
Fußballplatz, Kleinolbersdorf (Sachsen):
Ob die SG Kleinolbersdorf-Altenhain über eine eigene Vereinshymne verfügt, ist der Homepage des Clubs nicht zu entnehmen. Eine gute Wahl aber wäre sicherlich “Running up that hill”. Zumal die Sachsen durchaus stolz auf ihr Markenzeichen sind und sich online selbst den “schrägsten Verein in Chemnitz” nennen. Fast sieben (!) Meter Gefälle von der einen Torauslinie bis zur anderen sind aber auch wirklich eine Hausnummer: In Wintern mit Schnee waren da Flankenläufe vermutlich nur mit Steigeisen möglich. Und wer in Hälfte zwei den Steilhang hoch musste, hatte entweder die Seitenwahl verloren oder komplett nicht mitgedacht. Vor einigen Jahren allerdings gönnte sich die SG einen neuen Platz, der jeden Wasserwaagen-Test mühelos bestehen würde. Das hässliche Entlein nebenan ist seither nur noch Kultobjekt und Ausweichlösung. Etwa bei Regen, weil dort – wie ein Vorstandsmitglied vor Jahren zu Protokoll gab – das Wasser einfach deutlich besser abläuft.