Redaktion: Die BVB-Fans freuen sich immer, wenn sie auch von ehemaligen Spielern lesen oder hören. Daher zunächst einmal die Frage: Wohnen Sie noch in Dortmund? Und wie geht es Ihnen heute? Was machen Sie eigentlich derzeit beruflich?
Michael Rummenigge: Was viele nicht wissen, meine Familie und ich wohnen bereits seit 1988 in Dortmund, nur unterbrochen durch meinen Japan-Aufenthalt von 1993 bis 1995 bei den Urawa Red Diamonds, wo ich meine Profi-Karriere auch beendet habe. Alles, was ich seitdem mache, hat mit Fußball zu tun.
Redaktion: Hatten Sie nicht einmal die Überlegung Trainer zu werden?
Michael Rummenigge: Im Grunde bin ich das ja seit der Beendigung meiner Spielerlaufbahn. Im Jahr 2007 habe ich meinen Fußballlehrer an der Sporthochschule Köln gemacht, was mir in allem sehr hilfreich gewesen ist, besonders in der Michael-Rummenigge-Fußballschule, die ich bereits 1988 aufgebaut habe. Zusammen mit einem Geschäftspartner führe ich zudem eine der schönsten Soccerhallen Deutschlands in Münster, die in diesem Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum feiert. Weiterhin leite ich das Unternehmen Trendsport-Rummenigge. Wir bauen hier Kunstrasenplätze und organisieren Eventtouren bundesweit. Und nicht zuletzt habe ich, zusammen mit meinem Partner Nicolai Schwarzer, in Berlin ein Unternehmen für Spielerbetreuung.
Redaktion: Das ist ja eine Menge. Bleibt Ihnen überhaupt noch Zeit für Privates?
Michael Rummenigge: Eigentlich ja, denn in allen Unternehmen arbeite ich von Anfang an mit zuverlässigen Freunden und Partnern zusammen. Alleine wäre das nicht durchführbar.
Redaktion: Wie muss man sich denn die Fußballschule vorstellen? Die hat ja keinen festen Standort, sondern führt regelrechte Fußballcamps durch.
Michael Rummenigge: Wir führen in Vereinen oder für Betriebe bzw. für die Kinder der Mitarbeiter und auch für Gruppen von Kindern und Jugendlichen die Camps durch, die teilweise über mehrere Tage gehen. Zuletzt organisierte ich ein Camp in Hof in Bayern. Seit 16 Jahren veranstalten wir auf Sylt die Fußball-Ferienschule – inzwischen eine feste Einrichtung auf der Insel.
Redaktion: Wer trainiert die Kinder und Jugendlichen? Sie selbst?
Michael Rummenigge: Natürlich auch ich, aber in der Fußballschule sind viele erfahrene und qualifizierte Fußballtrainer tätig, wie z. B. Dieter Schlindwein, Christian Sackewitz, Frank Benatelli, Manni Kaltz, und Hansi Müller. Auch für die trainierten Mädchen ist die frühere Weltmeisterin Kerstin Stegemann im Trainerstab.
Redaktion: Wie alt sind die Kinder in der Regel?
Michael Rummenigge: Die Kinder sind zwischen 6 und 14 Jahre alt. Teilweise trainieren die Mädchen häufig besser als die Jungs. In dem Alter wird aber kein Unterschied zwischen den Geschlechtern gemacht.
Redaktion: Wie groß sind denn die einzelnen am Training teilnehmenden Gruppen?
Michael Rummenigge: Maximal nehmen 12 bis 14 Kinder pro Trainer/Trainerin an den Lehrgängen teil. Wir arbeiten ausschließlich mit dem Ball mit dem Schwerpunkt Techniktraining und Passschule. Konditionstraining steht nicht im Vordergrund.
Redaktion: Das macht den Kindern sicherlich auch mehr Spaß?
Michael Rummenigge: Ja klar. Wir möchten den Straßenfußball fördern und möglichst auch auf die grüne Wiese bringen.
Redaktion: Holen sich denn auch schon mal Trainer bei Ihnen Rat und Tipps?
Michael Rummenigge: Wenn wir in den Vereinen unsere Lehrgänge machen, dann ist das auch für die Trainer hochinteressant, denn die führen ihre Trainingseinheiten anschließend nach unseren Grundlagen weiter und sind damit sehr erfolgreich. Der Trainer des Vereins ist grundsätzlich dabei, weil er die Kinder alle mit Namen kennt und wir jedes einzelne der Kinder natürlich auch mit Namen ansprechen. Der Trainer bekommt anschließend ein Trainerhandbuch, mit dem er wunderbar und gerne weiterarbeitet. So haben alle etwas davon, die Trainer und die jugendlichen Kicker.
Redaktion: Haben Sie denn auch schon mal ein absolutes Talent entdeckt?
Michael Rummenigge: Ja, wir haben z. B. ein Mädel aus Potsdam trainiert, das bei den Weltmeisterschaften der Frauen aktiv dabei war. Drei Spieler aus der Nähe von Rostock haben dort das Fußball-Internat besucht, in Stuttgart und München sind ebenfalls mehrere Spieler in den Fußballschulen der Vereine dort aufgenommen und werden ihren Weg machen.
Redaktion: Gibt es aktuell ein Talent unter den in Ihrer Fußballschule trainierten Jungs?
Michael Rummenigge: Aktuell haben wir Flemming Niemann von Arminia Bielefeld, der über acht Jahre unsere Fußballschule besucht hat, beim Karlsruher SC untergebracht. Der Junge wird auch von uns in allen Belangen betreut.
Redaktion: Das fällt jetzt in den Bereich Spielerbetreuung. Ist es richtig, dass Sie auch für „unseren“ Weltmeister Jerome Boateng beratend tätig sind?
Michael Rummenigge: Ja, das ist der momentan bekannteste Spieler, den wir beraten.
Redaktion: Was heißt beraten?
Michael Rummenigge: Wir machen für unsere Spieler eine absolute Rundum-Betreuung, denn nicht alle Vereine haben Möglichkeiten wie Bayern München oder Borussia Dortmund. Da, wo es nötig ist, entlasten wir in vielen Dingen die Spieler, damit sie den Kopf frei haben für den Fußball.
Redaktion: Um nochmal auf die Trainer zurückzukommen. Gibt es einen Trainer, der Sie besonders geprägt hat?
Michael Rummenigge: Ganz ohne Frage Ottmar Hitzfeld, den ich noch zu Dortmunder Zeiten kennenlernen und bei ihm trainieren durfte. Ottmar ist sowohl in fachlicher wie taktischer, analytischer Hinsicht und vor allem menschlich der beste Trainer, unter dem ich trainieren durfte. Seine Ansprachen an die Spieler hatten in jeder Situation Hand und Fuß. Es gibt wohl niemanden, der das Gegenteil behaupten könnte. Ich habe ihm sehr viel zu verdanken. Schade, dass er bei der WM in Brasilien so unglücklich mit seinem Schweizer Team ausgeschieden ist. Ich habe ihm gleich nach Beendigung des Spiels in einer SMS mein Bedauern ausgedrückt.
Redaktion: Sie haben ja drei Jungs. Spielen die eigentlich auch Fußball?
Michael Rummenigge: Ja, Fabio wird in diesem Jahr 18 Jahre alt, er spielt bei Eintracht Hombruch, Calvin studiert in München und hat früher auch bei Eintracht Hombruch gespielt. Marko ist Sportinvalide und hat seinen Bachelor in Deutsch und Amerikanisch gemacht und leitet in der Schweiz 300 kleine Bistros.
Redaktion: Alle drei machen also ihren Weg, da können Sie ja sehr stolz sein.
Michael Rummenigge: Das bin ich wahrhaftig.
Redaktion: Sie haben insgesamt für den BVB 157 Spiele absolviert, 5 mehr als für Bayern München. Für welche der beiden Vereine schlägt ihr Herz mehr?
Michael Rummenigge: Das ist einfach. Mein Herz schlägt für beide Vereine, wenn der BVB jedoch gegen die Bayern spielt, schlägt es nur für den BVB.
Das ist meinem Bruder zwar schwer verständlich zu machen, aber so ist es nun mal. Meine Familie und ich wohnen seit 1988 in Dortmund. Wir sind hier sehr glücklich, haben viele Freunde und sind inzwischen fest verwurzelt. Außerdem bemühe ich mich, kein Spiel mit der BVB-Traditionsmannschaft zu versäumen. Im September werden wir wieder in Lippstadt zu einem Benefizspiel zusammenkommen. Das sind immer besondere Momente im Jahr, auf die ich mich sehr freue.
Redaktion: Zum Schluss noch eine Frage: Welcher Erfolg in Ihrer Karriere ist Ihnen ganz besonders in Erinnerung geblieben?
Michael Rummenigge: Da ist nicht nur der sensationelle Pokalsieg mit dem BVB 1989, sondern auch die schmerzliche Niederlage im UEFA-Cup Finale am 5.5.1993 gegen Juventus Turin, das wir trotz meines Tores aus der ersten Minute noch 1:3 verloren hatten. Damals noch mit Jürgen Kohler und Julio César bei Juve, die später dann bei der Borussia spielten. Dass danach ja noch wahnsinnig viele Highlights für die Fußball-Geschichtsbücher von der Borussia geschrieben werden sollten, freut mich natürlich nach wie vor wahnsinnig.
Redaktion: Danke, Michael Rummenigge für dieses nette Gespräch und alles Gute und weiterhin viel Erfolg –privat und bei Ihren vielen sportlichen Aufgaben.