Dortmunds Wirtschaft leidet unter ähnlichen Problemen wie die Unternehmen der gesamten Bundesrepublik. „Wir haben massive Probleme, zum Beispiel mit Bürokratie, mit Fachkräftemangel, aber auch mit Energiepreisen, mit maroden Verkehrswegen. Es ist ein Umfeld, was nicht gerade zum Jubeln Anlass bietet und gleichzeitig ein Konjunkturtief mit sich bringt“, weiß Heinz-Herbert Dustmann aus seiner täglichen Arbeit als IHK-Präsident. Gerade deshalb aber foderte er im Rahmen des dritten Jahresempfangs bei der IHK zu Dortmund Politik, Wirtschaft und die Menschen im Allgemeinen auf, gemeinsam anzupacken. Dann nämlich, so glaubt er, ist Dortmund bald schon „wieder ganz vorne mit dabei“. 500 Menschen aus allen Bereichen der Stadtgesellschaft waren der Einladung gefolgt und trafen sich am gestrigen Dienstag bei der IHK in der Märkischen Straße.
Vertrauen als zentrales Thema
„Vertrauen ist die Basis für unser Miteinander – sowohl im wirtschaftlichen als auch im gesellschaftlichen Bereich“, betonte Dustmann im Rahmen seiner Begrüßungsrede. Die Eröffnung des neuen IHK-Forums am Rombergpark sei ein gutes Beispiel dafür, wie Vertrauen in erfolgreiche Projekte umgesetzt werden könne. Die Sanierung des Gebäudes verlief planmäßig, das Budget wurde nicht komplett ausgeschöpft. „Unsere Mitgliedsunternehmen konnten sich darauf verlassen, dass die IHK die gesteckten Ziele erreicht – so wie es sein sollte“, so Dustmann.
Doch der aktuelle Vertrauensverlust, besonders in die Wirtschaftspolitik, ziehe sich wie ein roter Faden durch viele Unternehmen. „Die Krisen der letzten Jahre haben das Vertrauen in die politischen Entscheidungsträger erschüttert“, sagte der IHK-Präsident. Krisenmanagement und Krisenkommunikation würden zu häufig nicht mehr stimmen, das sei in Bereichen wie Verkehrsinfrastruktur, Energieversorgung und Bürokratieabbau besonders zu spüren.
Deutlich zeigt sich die Skepsis der regionalen Unternehmen in der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK. Von den 340 befragten Unternehmen gaben 18 Prozent an, dass sich ihre wirtschaftliche Lage verschlechtert habe, im Vorjahr lag dieser Wert bei 14 Prozent. Nur 13 Prozent erwarten eine Verbesserung der Situation, während 22 Prozent davon ausgehen, dass sich die Lage weiter eintrüben wird.
Kritische Stimmen überwiegen auch bei den Investitionsplänen der Unternehmen: Fast 30 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sie weniger investieren werden, lediglich 13 Prozent planen steigende Investitionen. Diese Entwicklung zeige deutlich, dass das Vertrauen in den Standort und die Wirtschaftspolitik schwindet, so Dustmann. Diesen Vertrauensverlust unterstreicht ein Wert besonders: 56 Prozent der Unternehmer geben der Bundesregierung die Note „mangelhaft“ für ihre Arbeit. Gut 25 Prozent halten die Arbeit der Koalition lediglich für „ausreichend“.
Hohe Energiepreise als Problem
In seiner Rede wies Dustmann auf die hohen Energiepreise in Deutschland hin, die im internationalen Vergleich eine massive Belastung darstellen. Während die Strompreise für die Industrie in Deutschland bei 20,3 Cent pro Kilowattstunde liegen, sind es in Frankreich nur 11,3 Cent und in den USA sogar lediglich 8,4 Cent. Die Gefahr „der schleichenden Deindustrialisierung“ sei real, aber „ohne unsere wettbewerbsfähige Industrie werden wir alle ärmer“, so der IHK-Präsident.
Als weiteres Problem hat die IHK seit Jahren das Übermaß an Bürokratie ausgemacht. Es sind vor allem lange Genehmigungsprozesse und Auflagen, die den Unternehmen das Leben schwer machen. Dustmann dankte ausdrücklich Tina Risse-Stock und Iris Clasvogt-Zajusch sowie Helmut Alborn für ihre Teilnahme an der Kampagne „Ich kann so nicht arbeiten“ der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Die Kampagne läuft in den sozialen Medien und verdeutlicht, wie sehr die Bürokratie die Wirtschaft belastet.
Erfolgreiche Projekte und positive Signale
Trotz der Kritik war es dem IHK-Präsidenten wichtig, auch positive Entwicklungen hervorzuheben. So konnte die Region während der EURO 2024 als hervorragender Gastgeber glänzen. Über 700.000 Fans und elf Nationalteams besuchten die Spiele in Dortmund, Gastronomie und Hotellerie hätten davon profitiert. Auch die Eröffnung des neuen IHK-Forums sei ein großer Erfolg gewesen. „Für uns ist mit diesem modernen Gebäude ein Traum wahr geworden“, so der Präsident. Er lud die Anwesenden ein, das Forum bald zu besuchen und die Angebote der IHK-Weiterbildung zu nutzen.
Zum Abschluss der Rede rief der IHK-Präsident dazu auf, Vertrauen wieder neu aufzubauen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. „Wir müssen uns auf das konzentrieren, was uns wirklich wichtig ist“, betonte er. Er nannte dabei zentrale Forderungen wie den Bürokratieabbau, schnellere Genehmigungsprozesse, eine bezahlbare Energieversorgung und die Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur. Ein besonderes Anliegen war ihm auch das Thema Sicherheit. „Es muss doch selbstverständlich sein, dass Einzelhändler, Kunden und die Mitarbeiter sich in unseren Innenstädten sicher fühlen.“
Das verloren gegangene Vertrauen in die Wirtschaftspolitik müsse schnell wieder hergestellt werden, so Dustmann. Denn sonst würden Extremismus und Populismus immer mehr an Einfluss gewinnen. Eine diskriminierende und rassistische Politik könnten echte Demokrat:innen aber nicht unterstützen – „eine solche Politik ist menschenverachtend und eine Gefahr für unsere Wirtschaft“, so Dustmann, der seine Rede mit einem eindringlichen Appell beendete: „Bei den wirklich wichtigen Themen lassen wir nicht locker. Uns können Sie vertrauen.“ Mit diesen Worten bekräftigte er das Engagement der IHK für die regionale Wirtschaft und lud zu weiteren Gesprächen ein.