Marco Reus – klar! Michael Zorc sowieso, und Kevin Großkreutz zählt womöglich doppelt: Immer wieder haben es auch in den letzten Jahrzehnten noch Kicker zu Ruhm gebracht, die in Dortmunds Straßen aufgewachsen sind. Bei der schwarzgelben Fanbase stehen sie als die authentischsten Repräsentanten ihrer Heimat logischerweise besonders hoch im Kurs.
Doch auch jenseits der prominenten BVB-Beispiele schafft es immer mal wieder jemand ganz nach vorne ins Fußballer-Rampenlicht, ohne dass womöglich viele Menschen hierzulande von den „Dortmunder Wurzeln“ etwas ahnen.
Nicht zuletzt gilt dies für das folgende Trio:
Marvin Ducksch
Marvin Ducksch‘ BVB-Karriereabschnitt mag der eine oder andere Fan noch auf dem Schirm haben, auch wenn der heute 28-Jährige sich anno 2013/2014 bei den Schwarzgelben nicht durchsetzen konnte. Der Mittelstürmer hatte zuvor allerdings nicht nur einige Stationen der Jugendabteilung an der Strobelallee durchlaufen, sondern ist ein echtes „Kind der Heimat“. Mehr noch: Selbst Vater und Onkel waren bis in die 1990er-Jahre hinein im hiesigen Amateurfußball feste Größen.
Seine fußballerische Grundausbildung bekam der Mittelstürmer beim BSV Fortuna, dessen damaliges Vorstandsmitglied Joachim Hufnagl sich noch lebhaft an den hochbegabten Kicker erinnert: Der deutete offenbar schon sehr früh seine offensiven Fähigkeiten bzw. bemerkenswerte Stärken im Eins-gegen-eins an – die entsprechend hohe Erwartungshaltung an seine Mannschaftskameraden inklusive, wie sich der BSV-Offizielle schmunzelnd erinnert. Wobei Hufnagl gleich klarstellt, dass Marvin Ducksch privat bis heute ein sehr bodenständiger Kicker geblieben sei. Der im Übrigen – so die Vermutung – auch heute bei „Lieblingsverein“ wohl noch den BVB ankreuzen würde. Seine schwarzgelbe Karriere begann der Werder-Profi dereinst übrigens – na bitte! – mit der Teilnahme am „Tag der Talente“ am Rabenloh. In die alte Heimat zu Familie und Freunden zieht es ihn offenbar immer noch zurück, sooft es die Zeit zulässt. Weitere besondere Kennzeichen? „Ziemlich modebewusst“, lacht sein alter Weggefährte, „aber schließlich kann er’s sich ja leisten!“
Thorsten Fink
Ach was? Doch, tatsächlich: Der Mann, der auf dem Platz Stefan Effenberg über Jahre den Rücken freihielt, spricht kein bayrisch – spielte sich seine Kindheit und Jugend doch vor allem in Dortmunds Stadtteil Marten ab. Dort versetzte er schon in jüngsten Jahren mit Kampfgeist und Übersicht die Offiziellen seines Stammvereins SV Roland in Erstaunen. Über einen Freund gelang es Thorsten schließlich, sich ein Borussen-Probetraining zu angeln, und siehe da: Der BVB behielt ihn seinerzeit gleich da.
Dieter Baron, langjähriger Wirt der Martener Vereinskneipe „Haus Leithe“, hebt darüber hinaus insbesondere den immensen Ehrgeiz des heute 55-Jährigen hervor. Und, wie er sich amüsiert, dessen Sparsamkeit: Selbst beim gemeinsamen Knobeln an der Theke taten dem bereits erfolgreichen Erstligakicker die eigenen Verluste nämlich anscheinend spürbar weh. Für seinen (mit der dortigen Arminia fusionierten) Martener Club allerdings griff er trotzdem ein paarmal ins Portemonnaie.
Und als Star sei der heutige Trainer in seiner alten Heimat ohnehin nie aufgetreten, betont Baron, und erzählt folgende Anekdote: „Vor Jahren waren wir mit der Arminia in die Landesliga aufgestiegen. Kurz danach übertrugen wir in der Kneipe das Champions League-Endspiel, und Thorsten wollte sich die Partie bei uns ansehen. Natürlich wurde er gleich mit viel Applaus empfangen. Thorsten hat sich als amtierenden Deutschen Meister aber nicht feiern lassen, sondern ist stattdessen rumgegangen und hat seinerseits allen Aktiven per Handschlag zum Aufstieg gratuliert.“
Lina Magull
Klingt ja ein bisschen wie in einem amerikanischen Film: Die Geschichte vom Mädchen, das in der Jungens-Elf durchstartet und dem Team die Erfolge sichert.
Laut Jörg Keuntje, heutiger Jugendleiter und einstmaliger Nachwuchstrainer des Hombrucher SV, war es vor nicht ganz zwanzig Jahren in Hombruch aber genauso. Nicht alleine ungewöhnlich, weil Mädchen in den „gemischten“ Teams seinerzeit extreme Ausnahmen waren – die zehnjährige Hörderin nämlich, die da auf Vermittlung ihrer Eltern vom dortigen SC an die Deutsch-Luxemburger-Straße wechselte, war ihren Mannschaftskameraden vom Start weg „technisch und hinsichtlich der Torgefährlichkeit deutlich überlegen“, wie sich der Ex-Coach erinnert.
Zu überwinden gab es daher zunächst eher logistische Herausforderungen: Bei Heimspielen nutzte Lina Magull die Schiedsrichterkabine zum Umziehen, auswärts wurden die Abläufe im Vorfeld von Fall zu Fall geklärt. Auf dem Platz hingegen standen die Zeichen aus Jörg Keuntjes Sicht von Beginn an auf „Überholspur“. Ausgestattet mit Ehrgeiz und der nötigen Zielstrebigkeit, war Lina Magull für ihn seit jeher eine Kandidatin für die ganz große Karriere. Ein Talent wie sie, resümiert der Jugendleiter, sei ihm seither sicherlich nicht mehr begegnet. „Heute“, schätzt her, „würde sie vermutlich beim BVB landen. Damals ist sie zunächst zur Sporthochschule nach Kaiserau gewechselt, dann über Gütersloh beim VfL Wolfsburg gelandet und hatte mit 18 Jahren bereits eine Deutsche Meisterschaft, einen DFB-Pokal und einen Champions-League-Sieg in der Tasche. Wie unglaublich ist das denn?“
Zu einem BVB-Engagement kam es für die heute 28-Jährige bekanntermaßen nie – ganz im Gegenteil dürfte die begabte Kickerin bei den Schwarzgelben mindestens einmal für ungläubiges Staunen gesorgt haben, wie sich Keuntje lebhaft erinnert: In der D-Jugend stand ein Hallenturnier mit jeder Menge „Big Player“ an, und für Lina und ihr Team ging es im Spiel um Platz drei gegen die Borussen, bei denen u. a. auch ein gewisser Marvin Ducksch auflief.
„Schon das kleine Finale war für uns ein Riesenerfolg“, erläutert er, „und der BVB ging, wie erwartet, bereits nach kurzer Zeit in Führung. Wir haben vor allem gut und leidenschaftlich verteidigt. Als Lina den Ausgleich schoss, ging noch bei niemandem der Puls hoch. Das änderte sich, als sie das 2:1 nachlegte. Die folgenden Minuten überstanden wir mit Glück bzw. weil Marvin immer ganz knapp scheiterte. Kurz vor Schluss aber startete Lina dann einen Konter und hob den Ball über den Keeper, wenige Momente später hatten wir’s geschafft. Und ich habe mich gefragt“, rekapituliert Jörg Keuntje amüsiert, „ob der Borussen-Nachwuchs wohl jemals zuvor durch den Dreierpack eines Mädchens bezwungen wurde – oder ob das noch jemals wieder passieren könnte.“