Unterschiedlicher konnten die Projekte der Spielzeit 2020/21 des Theaters Dortmund nicht sein. Sie alle standen unter dem Einfluss der Corona-Pandemie, deren Entwicklung zum Teil nicht vorhersehbar war. Es musste umdisponiert und angepasst werden. Nach einer kurzen Zeit des eingeschränkten Spielbetriebs bei begrenzter Platzkapazität in den Monaten September und Oktober 2020, erfolgte ab November 2021 ein weiterer Lockdown. Doch wie erreicht man Publikumsnähe ohne Publikum in Präsenz?
Digitale Angebote mit großer Spannbreite
Da ein Spielbetrieb vor Publikum nun nicht mehr möglich war, verlagerte das Theater Dortmund seine Tätigkeit fast gänzlich in das Internet. Ab Weihnachten 2020 bot das Theater Dortmund verschiedene digitale Formate an und war damit erfolgreich. Das Publikum zog digital mit. Die Spannbreite reichte von Konzerten, Opern, kleinen Schauspielformaten bis hin zu extra choreographierten Ballett-Filmen. Besondere Aufmerksamkeit erhielten die Folgen „How to keep fit like a ballerina“. Darin offenbarte eine Ballerina einfach nachzumachende Fitnesstipps. Ein weiteres Highlight mit weltweiter Ausstrahlung war ein Interview mit Gabriel Feltz in BBC World im Zusammenhang einer Dokumentation über die Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Feltz wurde zu der Entwicklung der Kultur in Deutschland in der Regierungszeit von Kanzlerin Merkel befragt.
Im Hinblick auf die Gesamtbesucherzahl von 16.471 (Vorjahr 148.476) betrug die Auslastung 76,4 Prozent (Vorjahr 81,4 Prozent) In finanzieller Hinsicht entwickelte sich das Wirtschaftsjahr 2020/21 für das Theater Dortmund nicht planmäßig. Während die Umsatzerlöse um TEUR 3.882 unter der Planung TEUR 4.503 blieben und die Ertragszuschüsse der Stadt Dortmund mit TEUR 42.611 um TEUR 118 gegenüber dem Planansatz von TEUR 42.492 stiegen, beliefen sich die Personalaufwendungen auf TEUR 41.292 und blieben TEUR 2.863 unter den Planzahlen. Die Materialaufwendungen sind um TEUR 691 auf TEUR 1.724 gesunken. Die Einnahmen aus Kartenverkäufen betragen TEUR 458. Die Planung sah Erlöse in Höhe von TEUR 4.080 vor.
Der durch die Abschreibungen und Erhöhung der Urlaubsrückstellungen entstehende Jahresfehlbetrag in Höhe von TEUR 3.200 wird durch eine Entnahme aus der Kapitalrücklage in Höhe von insgesamt TEUR 3.728 ausgeglichen, so dass sich ein Bilanzgewinn in Höhe von TEUR 527 ergibt, welcher zur Kompensation der Coronahilfen der Stadt für das Kalenderjahr 2020 zurückgezahlt wird.
Oper Dortmund erzielte überregionale Aufmerksamkeit
In der Oper Dortmund sorgte die 75-minütige Version von Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ für große überregionale Aufmerksamkeit. Äußerst beliebt war das Kurzmusical „Songs for a New World“, das bei den gespielten Vorstellungen fast durchweg ausverkauft war. Die letzte Aufführung vor dem erneuten Lockdown war die Premiere von „Constanzes Befreiung“, ein Stück nach Mozarts „Entführung aus dem Serail“ von dem Junge Oper Ensemble in Kooperation mit dem Nostalgischen Puppentheater Westfalenpark.
Nach dem Lockdown produzierte die Oper umgehend digitale Formate. Mit „Sounds of Dortmund“ wurde ein partizipatives Stadtprojekt mit zahlreichen Dortmunder Musikformationen u.a. bestehend aus Hobbymusikern, Profis des Theaters, etablierten Rappern der Gegend bis hin zur Hip Hop Legende Too Strong zu einem Film umgearbeitet, der im Januar 2021 erstmalig erfolgreich online gezeigt wurde. Gemeinsam mit der Universität Bayreuth, Forschungsinstitut für Musiktheater wurde zudem das Buch Oper 2020 – Eine Dokumentation aus der Oper Dortmund herausgegeben. Sie zeigt exemplarisch, mit welcher Kreativität die Theaterschaffenden den ersten Lockdown nutzten.
Zahlreiche digitale Formate ermöglichten es von zu Hause aus Oper zu genießen, wobei unter anderem der Stream von Turandot 11.728 Klicks erreichte. Zwei neuartige digitale Formate wurden im Bereich Junge Oper entwickelt: Mit „Persona“ kam ein Werk zur digitalen Uraufführung, das es den Zuschauern von zu Hause ermöglichte auf den Fortgang der Handlung aktiv Einfluss zu nehmen. In Kooperation mit der Akademie für Theater und Digitalität und im Rahmen des Europäischen Programms PlayOn! entstand so eine neuartige Jugendoper, die sich stark an die Gamingkultur anlehnt.
Ballettzentrum wurde zum digitalen Studio
Vor Live-Publikum präsentierte das Ballett Dortmund die traditionelle Internationale Ballettgala. Lucia Lacarra und Matthew Golding gaben ihr Debüt als Choreographen in Dortmund. Auch Ballettintendant Xin Peng Wang nahm in seiner Premiere „Abstand“ auf die Auswirkungen der Pandemie Bezug.
Im November und Dezember 2020 verlagerte das Ballett Dortmund seine kreative Tätigkeit ins Internet. Im Ballettzentrum wurde ein eigenes digitales Studio für Live-Streams eingerichtet. Das Ballett Dortmund realisierte in der zweiten Spielzeithälfte drei filmische Produktionen.
In der achten Spielzeit der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz, gelang es trotz aller Einschränkungen fast alle Philharmonischen Konzerte zu realisieren. Nach zwei großartigen Programmen im Konzerthaus im September und Oktober, noch vor eingeschränktem Live-Publikum, hat das Orchester in den Monaten November 2020 bis Mitte Juni 2021 seine Aufführungen im Konzerthaus auf digitalem Wege als Live-Stream ans Publikum gebracht. Eines der Konzerte, das 6. Philharmonische Konzert, wurde vom WDR für seine Sendereihe der Städtekonzerte aufgezeichnet.
Ende Juni konnte das Orchester dann nach langer Zwangspause erstmals wieder zwei Konzerte vor Publikum im Konzerthaus spielen. Zahlreiche digitale Musikvermittlungsprojekte rundeten das Programm der Dortmunder Philharmoniker ab.
Schauspiel passte Spielplan mit digitalen Formaten an
Auch das Schauspiel passte seinen Spielplan den Corona-Schutzmaßnahmen an. Nachdem pandemiebedingt der Probenbetrieb eingestellt wurde, wurden ab dem 11. Januar 2021 an der Erstellung digitaler Formate gearbeitet. Unter anderem kam „europa verschwindet…“, eine audiovisuelle Performance, zur Aufführung. „AUTOS“ – die analoge Produktion wurde als Film realisiert. Julia Wissert produzierte die Video-Serie „Abgedreht“. Jede Episode stellte eine Person des Schauspiels vor. Die Folgen wurden auf Youtube ausgestrahlt und in anschließenden zoom-Gesprächen live mit Publikum diskutiert. Neben diesen Produktionen erstellte das Schauspiel Dortmund weitere zahlreiche Formate. Im Rahmen der Kooperationsveranstaltung „Dortmund goes Black“ fand am 16.04. 2021 der digitale Safe Space statt.
Im Juni bot sich ergänzend zu den digitalen Angeboten die Gelegenheit, auf der Terrasse der Oper im sogenannten Terrassenprogramm kleine Rahmenprogramme zu den Stücken zu zeigen.
Kinder- und Jugendtheater postete Videobotschaften
Am 11. September 2020 eröffnete das Kinder- und Jugendtheater (KJT) die Spielzeit auf der großen Bühne. Am 27. November 2020 wurde die Produktion „Die Schöne und das Biest“ aufgezeichnet. Das Stück war Teil des digitalen Spielplans, der vom Theater Dortmund über die Weihnachtsfeiertage online zur Verfügung stand. Hier war das KJT auch Teil der Weihnachtsgala mit kleinen Videobotschaften „aus dem All“. Neben diesen Produktionen lief regelmäßig die KJT-Flüstertüte im Rahmen von Junges Theater Dortmund – Dein Podcast auf den Plattformen Spotify, Deezer und der Theater Dortmund Homepage.
Die Akademie für Theater und Digitalität nahm in ihrem dritten und vierten Forschungssemester insgesamt elf Forschungsprojekte auf.
Jenseits der Forschungsarbeit wurde der zweite Arbeitsbereich – die universitäre Ausbildung – ein großes Stück vorangebracht. Die Akademie ist national und international vor allem für Beratungsleistungen gefragt gewesen. Beispiele sind u.a. Berliner Festspiele, Berliner Theatertreffen, Humboldtforum, Auswärtige Amt, Medienwerk NRW, Kultursekretariat NRW, RuhrTriennale, Ruhrfestspiele. Die zahlreichen Anfragen von Festivals sowie Stadt- und Staatstheatern führten zur Gründung des Netzwerks Theaternetzwerk digital. Die Akademie ist im nationalen wie internationalen Netzwerk von künstlerischen und wissenschaftlichen Partnern angekommen.
Quelle: https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/nachrichtenportal/alle_nachrichten/index.jsp