Es ist schon skurril: Ein von einem Hobby-Autoren vor über 170 Jahren verfasstes Kinderbuch, das an Blutrünstigkeit keinen Vergleich scheuen muss, kennt bis heute fast jedes Kind – zumindest, was den Titel angeht. Das Martener Schulmuseum zeigt nun eine ganze Ausstellung zum „Struwwelpeter“, und versammelt dabei auch etliche der ungezählten im Laufe der Jahre entstandenen Ableger, für welche die Literaturwissenschaft sogar eine ganz eigene Genre-Bezeichnung erdacht hat.
Die „Struwwelpetriaden“ spiegeln dabei jeweils auf meistens skurrile, manchmal gruselige Weise zeitliche und kulturelle Besonderheiten ihrer Enstehung: Da gibt’s das ebenfalls sehr konservative weibliche Pendant der „Struwwelliese“ von 1910 ebenso wie, in den 1970er Jahren, den Gegenentwurf des „Anti-Struwwelpeters“ oder eine 2009 entstandene Manga-Adaption der berühmten Vorlage.
Auch für gezielte Provokationen in Richtung politischer oder gesellschaftlicher Gegner eignete sich das kontroverse Buch immer gut: Der in der DDR ersonnene „Struwwel-Franz-Josef-Strauß“ ist hier ein gutes Beispiel.
Nachdem Heinrich Hoffmanns Kinderbuch-Klassiker jahrzehntelang als Inbegriff schwarzer Pädagogik galt, urteilte man in letzter Zeit wieder ein kleines bisschen differenzierter und rückte das Buch z. B. in die Nähe von alten Volksmärchen.
Über all dies gibt es im Martener Museum einiges zu erfahren und entdecken – interessant schon alleine deswegen, weil der „Struwwelpeter“ in seiner Radikalität den Leuten niemals gleichgültig war.
Das Westfälische Schulmuseum ist dienstags bis sonntags jeweils von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Aktuell ist eine telefonische Voranmeldung unter 0231-613095 erforderlich.