In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 erlebte die Verfolgung der Jüdinnen und Juden in Deutschland einen ersten brutalen Höhepunkt. Jüdische Menschen wurden misshandelt, ihre Wohnungen und Geschäfte zerstört, Synagogen niedergebrannt. An diese Nacht erinnerte man auch in diesem Jahr auf dem Platz der Alten Synagoge und im Foyer des Opernhauses.
Nicht nur für die jungen Menschen der Jugendgruppen des Theaters ist die Zeit des Naziregimes “eine Zeit, die uns unverständlich und unwirklich vorkommt”. Mit “Die Gedanken sind frei”, dem Lieblingslied der Widerstandskämpferin der Weißen Rose Sophie Scholl, der Biografie und dem Gedicht “An meine deutschen Leser” des unter den Nazis verfolgten Schriftstellers Curt Bloch und anderen Beiträgen erinnerten die Jugendlichen vor dem Opernhaus an die Verbrechen im Dritten Reich und die Pogromnacht im November 1938.
Für Theaterdirektor Tobias Ehinger handelt es sich dabei um “eine Nacht, in der das Menschsein verlorenging und das Menschliche verwundet wurde”. Ihm oblag die erste Rede vor der geladenen Gesellschaft im Opernfoyer und bereits mit diesem ersten Beitrag führte er ein, was im Rahmen des Gedenkens wiederholt betont wurde. Im Erinnern an das Naziregime fällt immer wieder die Forderung nach einem “Nie wieder”. Aber “wir haben ein Wieder erlebt”, so Ehinger, am 7. Oktober 2023, mit der Terrorangriff der Hamas.
“Das brutale Vorgehen enthielt eine eindeutige genozidale Botschaft”, konstatierte auch Zwi Rappaport als Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe. Seit dem Angriff, so Rappaport, “explodiert der Judenhass auf deutschen Straßen”. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinden zögen sich “enttäuscht von der schweigenden Mehrheit” und in Angst ins Private zurück.
Auch Thomas Westphal beobachtet, dass sich einige jüdische Kinder inzwischen kaum noch trauen, zur Schule zu gehen. Das Vertrauen darauf, dass sich alle Mitglieder der Gesellschaft in aller Feindseligkeit “wenigstens an den Rechtsstaat halten” sei erschüttert, sagte der Oberbürgermeister und schloss sich inhaltlich der Forderung von Theaterdirektor Ehinger an: “Nie wieder ist jetzt: Es braucht ganz praktische Solidarität.”