“Fahr’n, fahr’n, fahr’n auf der Autobahn!”, dieser und ähnliche Sprüche waren immer wieder zu hören, als am Samstag dreitausend Menschen über Dortmunder Schnellstraßen radelten. Nach einem Teilstück auf der B1 führte die Route auf der autobahnartigen B54 weit in den Dortmunder Süden, bevor es über Hombruch und am Stadion vorbei wieder in die Innenstadt ging.
Aufgerufen zur Demonstration hatten Aufbruch Fahrrad Dortmund und Fridays for Future Dortmund, die für eine schnelle Fertigstellung des Radschnellwegs RS1 und ein Ende der autofixierten Politik werben wollten.
Trotz lausigen Wetters war die Stimmung prächtig. „So viele strahlende Radfahrer:innen wie heute habe ich selten gesehen“, sagt Peter Fricke von Aufbruch Fahrrad Dortmund. Besonders schön sei die lange Gefällstrecke auf der B54 hinunter zum Rombergpark gewesen. Mit Vollgas, aber noch im Rahmen des Tempolimits ging es dort vorbei an Tempo-100-Schildern. „Wer die Dortmunder Hoppel-Radwege kennt, hat am Radfahren auf einer über zwölf Meter breiten Fahrbahn aus bestem Asphalt natürlich großen Spaß“, sagt Fricke. Die Breite von über zwölf Metern für nur eine Fahrtrichtung zeige aber auch, wie genügsam die Pläne für den Radschnellweg mit nur 4 Metern Fahrbahn für beide Richtungen eigentlich seien – und wie monströs die Infrastruktur fürs Auto.
Billy Brumshagen freut sich über die gute Stimmung und zieht Bilanz: „In Politik und Verwaltung müssen sich viele Dinge im Umgang mit dem Radverkehr ändern. Das haben über 3000 Radfahrer:innen heute gemeinsam mit uns gezeigt.“ Was es jetzt ganz besonders brauche, sei mehr Personal für die schnelle Fertigstellung des Radschnellweges und auch zusätzliches Personal für mehr Qualität im übrigen Netz. Denn mit dem Dortmunder Radverkehrsnetz stehe es nicht gerade zum Besten.
Unterstützung gibt es auch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). “Der Erfolg der heutigen Demonstration zeigt eines klar”, sagt deren Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch, “die Menschen in Dortmund wollen Rad fahren, und sie wünschen sich Radwege, auf denen das sicher und komfortabel möglich ist.”
Stadt Dortmund lehnt Pop-up-Radwege ab
Eine Möglichkeit, schnelle Verbesserungen für den Radverkehr zu erreichen, sind provisorische Pop-up-Radwege, wie sie die DUH der Stadt Dortmund unter Verweis auf ein neues Rechtsgutachten im Januar 2021 vorgeschlagen hat. 19 Städte in ganz Deutschland haben mittlerweile Pop-up Radwege eingerichtet, um den Radverkehr schnell und unkompliziert zu fördern. Die Stadt Dortmund hat das leider abgelehnt und auf ihr bisheriges, langsames und gründliches Vorgehen verwiesen. „Das Problem bei konventionellen Radwegen ist die lange Planungsdauer von mehreren Jahren“, sagt Resch. „Die Radfahrenden könnten schon in wenigen Wochen auf sicheren Pop-up-Radwegen fahren und die Erkenntnisse aus der Übergangszeit können die Detailplanung der dauerhaften Markierung vereinfachen und verbessern. Uns ist vollkommen unverständlich, warum die Stadt Dortmund diese Möglichkeit nicht nutzt.“
„Wenn die Stadt solche temporären Lösungen ablehnt, muss sie die konventionellen Lösungen eben zügig bauen“, sagt Fricke. Mit dem aktuellen Personalbestand sei das aber unmöglich. „Wenn hier nichts passiert, bleibt es beim Radwegebau ebenso wie beim Radschnellweg beim Schneckentempo“, sagt Fricke.
Druck der Öffentlichkeit
Brumshagen sieht die Fahrrad-Demo in einem größeren Zusammenhang: „Zum Einhalten des Pariser Klimaabkommens gehört auch der entschlossene Umbau des Verkehrssektors. Hier hat sich in Deutschland bisher kaum etwas getan, die Politik klammert sich mit aller Kraft an das Auto und den Verbrennungsmotor.“ Dass sich das bei einem Regierungswechsel nicht automatisch ändere, sei in Hessen mit dem Dannenröder Wald und in Baden-Württemberg zu sehen. Nur wenn es anhaltenden Druck der Öffentlichkeit gebe, sei tiefergehende Veränderung möglich.
Für besseren Radverkehr in Dortmund gilt nicht erst seit Samstag: Der Druck ist da.