Für Maxim geht es bei seiner Arbeit als Leiter der Wohngemeinschaft „Heimspiel“ in Hörde „um die Hilfe, die der Mensch braucht und die der Mensch will“. Ebenso wie an der Hochofenstraße soll nun auch an der Zillestraße beziehungsweise an der Ewigen Teufe, wie die dort neu entstehende Straße heißt, ein Zusammenleben entstehen, in dem junge Menschen mit Beeinträchtigung selbst entscheiden, wobei und wie sie unterstützt werden möchten. Auf diese Weise nutzt der Verein Wohnen im Ort eines der fünf Häuser einer Klimaschutzsiedlung, für deren Bau Anfang September der Startschuss fiel.
Im Unterschied zur Situation in Hörde werden hier alle Mietenden der fünf Häuser neu einziehen, sodass man „als Nachbarschaft von Anfang an zusammenwächst“, wie Gerald Kampert von Wohnen im Ort hofft, der sein „Kind“ nun zum ersten Mal so richtig „loslassen“ muss. Doch ebenso wie ihr Nachwuchs wünschen sich auch die Eltern, die sich im Verein engagieren, die natürliche Abnabelung: „Wir wollen auch ein Stück von unserem Leben wieder zurückhaben.“ Und das, ohne die jungen Erwachsenen in eine Einrichtung zu „stecken“. So werden die Mitglieder der Gruppe „eine Wohnung haben, die sie auch selber komplett gestalten können“, erklärt Maxim, der für die Diakonie, finanziert durch den LWL, die Betreuung vor Ort koordinieren wird. Dabei dürften die jungen Erwachsenen jeder Zeit sagen: „ ,Ich will deine Hilfe nicht’ – mit allem Recht!“
„Loslassen“, damit es „dem Kind gut geht“
Wer sich zurückziehen möchte, darf auch das jeder Zeit tun. Aber eine WG wäre keine WG ohne gemeinsame Räumlichkeiten. So soll den jungen Erwachsenen eine Wohnküche zur Verfügung stehen, die sie gemeinschaftlich nutzen können, ebenso wie eine Waschküche. Und wo Menschen zusammenkommen, entsteht optimalerweise auch wechselseitige Unterstützung. „Einige können kochen, andere waschen“, so Dr. Fritz Rensmann, dessen Tochter ebenfalls hier einziehen wird: „Die Sachen, die sie können, werden gefördert und genutzt.“ An den Stellen, an denen es aber doch noch Hilfe von außen braucht, gibt es außerdem die Mitarbeitenden der Diakonie, die aber lediglich Vorschläge unterbreiten, nach dem Motto: „Deine coolen neuen T-Shirts kannst du bei 90 °C waschen, würde ich dir aber nicht empfehlen“, wie Maxim beispielhaft formuliert.
„Irgendwann, wenn es mich nicht mehr gibt, geht es dem Kind trotzdem noch gut“, beschreibt Dr. Rensmann die Ruhe, die bei ihm einkehrt, wenn er daran denkt, dass seine Tochter bald selbstbestimmt und dennoch unterstützt leben wird. So wird sie auch in Zukunft versorgt sein, obwohl sie derzeit mit einem kleinen Einkauf beim Bäcker vollkommen überfordert ist. Dennoch kann sie vielleicht Kirsten Lenzmanns Sohn unterstützen, der nicht lesen kann. Die Schatzmeisterin von Wohnen im Ort freut sich darauf, gemeinsam mit ihm seine Wohnung einzurichten und festzustellen: „Das ist was, wo ich mich wohlfühlen würde.“ Vielleicht wird es dann auch weniger schwer, „loszulassen“, was auch Dr. Rensmann in Anbetracht der „symbiotischen Beziehung“ zwischen Elternteil und „Kind“ mit Beeinträchtigung als besondere Herausforderung wahrnimmt.