Um Missverständnisse zu vermeiden: Dortmunds Abwehrhüne ist keineswegs der Hauptdarsteller in Thomas Brussigs neuem Buch, sondern nur ein Stichwort in einer sehr langen Kette von Themen, denen sich der Erzähler widmet.
Der ist ein Fußballtrainer „vom alten Schlag“ und schwadroniert sich auf 140 Seiten quer durch so ziemlich alle relevanten Aufhänger. Dass er zu jedem einzelnen etwas wirklich Wichtiges beizutragen hat, daran hat er selbst nicht den geringsten Zweifel. Ob also Corona-Impfungen, Theateraufführungen, nationale Mentalitäten, Trainingsmethoden: Brussigs Hauptdarsteller haut seinem Publikum die eigene Meinung wortgewaltig und lautstark um die Ohren. Ist er doch überzeugt: „Ein Trainer muss brüllen können. Ich brülle übrigens nicht […], in Wirklichkeit ist es denken, und zwar sehr leidenschaftliches Denken.“
Immer wieder stellt sich so beim Leser ein solider Grusel ein, aber interessant bzw. aufschlussreich ist es auch, wie dieser Typ, der grundsätzlich nicht bereit ist, sich zu zügeln oder abzuwägen, die Welt sieht. „Meine Spieler“, klopft er sich selbst auf die Schulter, „wissen, was ich denke, mit minimalster Verzögerung. Und ganz unter uns – das ist wirklich der einzige Weg.“
„Mats Hummels auf Parship“ von Erfolgsautor Brussig ist also das „etwas andere Fußballbuch“, aber nichtsdestotrotz ein intensives Leseerlebnis. Auch wenn dem Borussen-Innenverteidiger („…wenn sich ne Frau auf Parship verabredet, die von Mats Hummels träumt – aber wer lächelt sie dann an, beim Treffen im Café? Karl Lauterbach. Reingefallen!“) nur eine Nebenrolle zukommt.
Mats Hummels auf Parship, Thomas Brussig, Wallstein, 140 S., 18 €.
Gewinnspiel: Wir verlosen ein Exemplar von „Mats Hummels auf Parship“