„Wir fühlen das Symbol harter Arbeit dadurch verhohnepiepelt“, zitierte Heike Wulf den ehemaligen Hoesch-Betriebsratsvorsitzenden Hans-Otto Wolf im Jahr 2010 im Magazin MittelPunkt. Viele Hörder Kunstschaffende waren seiner Meinung und stellten sich gegen das Projekt des Künstlers Thomas Baumgärtel, auf dem Hochofen eine 30 Meter lange Stahlbanane zu installieren. Elf Jahre später nun ist Baumgärtel erneut auf Phoenix-West aufgetreten, wenn auch mit einer deutlich kleineren Banane.
Mit der Banane zurück auf Phoenix-West
Für Baumgärtels Vater stand früh fest: Sein Sohn würde Medizin studieren. Tatsächlich sammelte dieser diverse Erfahrungen im Gesundheitsbereich. Daher weiß er auch, „was das für eine Arbeit ist“, auf einer Intensivstation zu arbeiten. Deshalb hat er sein typisches Bananen-Motiv, mit dem er seit Jahren besondere Kunstorte auszeichnet, vor einiger Zeit ergänzt. Herausgekommen ist eine „Impfbanane“. Im unteren Bereich ist sie rot eingefärbt und mit grünen Spike-Proteinen gespickt. Dort, wo die Spritze ansetzt, hat sie bereits ihr gesundes Gelb zurückgewonnen.
Indem er die Impfbanane mit seiner Schablonentechnik an „medizinische Einrichtungen“ sprayt, die „sich mit dem Impfen verdient gemacht haben“ spricht er „von meiner Seite einen Riesendank“ aus „für das ganze Personal, das da einen Riesen-Marathon hinlegt“ – und das inzwischen seit über einem Jahr. Den Tag der Pflege in der letzten Woche nahm Baumgärtel zum Anlass, um auch das Impfzentrum auf Phoenix-West auf diese Weise auszuzeichnen. Neben dem Eingang zur Phoenixhalle prangt nun eine Impfbanane an einer der metallenen Wände.
Auf diese Weise kehrte Baumgärtel mit seiner Kunst nach Phoenix-West zurück – obwohl er vor elf Jahren hier mit seiner Riesenbanane gescheitert war. Dabei hatte das Bauordnungsamt das Projekt bereits im Juni 2010 genehmigt. „Man hätte nur anfangen müssen“, erzählt Baumgärtel. Die Finanzierung der 300.000 Euro teuren Stahlbanane aber lag in der Hand des Künstlers. Mit der „kleinen Bürgerbewegung“ gegen das Projekt sprangen nach und nach die bereits akquirierten Sponsor*innen ab. „Die Bevölkerung will das doch gar nicht“, hieß es. Zumindest in Bezug auf die sogenannte „Anti-Bananen-Gruppe“ um Künstler Josef Damberg hatten die Unternehmen damit wohl recht.
Warum eigentlich Bananen?
Geklärt ist eine zentrale Frage damit noch immer nicht: Warum eigentlich Bananen? Auch deren Ursprung stammt tatsächlich aus Baumgärtels Zeit in der Gesundheitsbranche. So leistete er seinen Zivildienst auf der Chirurgischen Männerstation im Katholischen Krankenhaus Rheinberg ab. Die Holzkreuze mit Jesus-Korpus fügten sich dort ins alltägliche Bild. Doch eines Morgens hatte ein Korpus – wie ist ungeklärt – sein Kreuz verlassen und lag zerschmettert auf dem Krankenhausboden. Und während der Zivi Baumgärtel die Scherben zusammenfegte, kam ihm eine Idee. Prompt ersetzte er den Jesus durch seine „Frühstücksbanane“. Die Wirkung war unverkennbar. „In dem Zimmer sind die spontan geheilt worden“, sagt Baumgärtel.
In diesem Moment sei ihm klar geworden: „Ich will Wirkung erzeugen mit Kunst“. Die Entscheidung für ein Kunststudium war damit gefallen. Seinem Vater kam Baumgärtel entgegen, indem er parallel Psychologie studierte, was ihn auch selbst stark interessierte. So schuf er für sich „eine ganz tolle Verbindung“ und sah sich durch die Morphologie in Köln bestätigt, die die Kunst nutzte, „um seelische Funktionen zu erklären“.
Das bereits „entweihte“ Kreuz übrigens nahm er mit nach Hause und befestigte es samt Banane an der Wand im Heizungskeller seiner Eltern, um es da zu fotografieren. Dort ließ er es hängen. Nach einem halben Jahr stellte er fest, dass die gelbe Frucht ausgetrocknet war und das Material einen holzartigen Charakter bekommen hatte. Nach und nach entwickelte Baumgärtel daraufhin Figuren aus Banenschale. Für ihn war das „der Beginn der Banane“, die er inzwischen an über 4.000 Kunstorten gesprayt hat.
Mit der Impfbanane nun und der Frage „Ist die Kunst nicht auch eine Form von Medizin?“ kehrt er zurück zu seinen persönlichen Bananen-Ursprüngen in den heiligen Hallen in Rheinberg.