„Wir sind heute hier, weil wir uns erinnern wollen. Wir sind heute hier, weil wir nie wieder weggucken wollen.“ Mit diesen Worten leitete der zehnte Jahrgang des Goethe-Gymnasiums am Montag die Verlegung der Stolpersteine ein, die in der Alfred-Trappen-Straße und in der Wiggerstraße nun an sieben Mitglieder der Familie Mosbach und an Max Feldheim erinnern.
Über viele Jahre hatte sich Dieter Döring im Vorbereitungskreis Hörder Pogromgedenken engagiert. Im Juli nun ist er verstorben. Sichtlich bewegt betonte sein Mitstreiter Klaus Lenser Dörings Beitrag zu dieser Stolpersteinverlegung. So hatte Dieter Döring vor seinem Tod ein Spendenkonto eingerichtet und testamentarisch verfügt, dass die Gelder für Stolpersteine in Hörde verwendet würden.
So nahm Philipp Urban vom Jugendring die Recherche in die Hand und rekonstruierte die Biografien vom acht ehemaligen Hörder:innen. Während Auszubildende der Stadt Dortmund nun für jedes einzelne Familienmitglied der Familie Mosbach Stolpersteine verlegten, verlasen die Schüler:innen des Goethe-Gymnasiums die Geschichten ihrer Schicksale.
Die Familie Mosbach
Heute existiert sie nicht mehr, die Hausnummer 27 in der Alfred-Trappen-Straße. Bis September 1933 führte Berthold Mosbach hier jedoch ein Spielwarengeschäft, das er, verfolgt durch das Naziregime, aufgeben musste. Mehrfach wurde er in der Steinwache inhaftiert, ebenso wie sein Sohn Erich Ludwig, der seine Lehre bei einem jüdischen Bäckermeister im Jahr 1938 abbrechen musste. Im gleichen Jahr zwang man Erichs Zwillingsschwester Gerda ihre Lehre zur Schneiderin abzubrechen.
Zusammen mit Mutter Flora, dem jüngsten Sohn Walter, der ältesten Tochter Paula und Großmutter Johanna wurde die Familie im Rahmen der Pogromnacht verhaftet und abtransportiert. Im Jahr 1940 siedelte man sie in die Hörder Burgstraße 4 um. Was in der Zwischenzeit geschah, ist ungewiss. Fest steht jedoch, dass Berthold, Flora, Erich, Gerda und Walter Mosbach am 2. März 1943 nach Auschwitz deportiert wurden, wo die Familie bis auf den Vater vermutlich zeitnah ermordert wurde. Berthold starb nach der Befreiung am 16. Februar 1945 an den Folgen der Haft.
Eine Ausnahme stellte hier die älteste Tochter Paula Mosbach dar, die im Jahr 1939 nach England floh. Ab 1947 lebte sie in New York. Auch ihre Großmutter Johanna wurde laut Deportationslisten nicht nach Auschwitz gebracht. Daher vermutet Philipp Urban, dass sie zwischen der Verhaftung und der Deportation ihrer Familie an Altersschwäche starb.
Max Feldheim
Einige Straßen vom Wohnsitz der Familie Mosbach entfernt wohnten Max und Maria Feldheim mit ihrem Sohn Max. Letzterer wanderte zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Südamerika aus. Das Ehepaar Feldheim jedoch sah sich gezwungen, ihr Haus 1939 zu verkaufen. Mehrfach wurde Max verhaftet, was mit Begriffen wie „Sonderverfügung“, „politische Schutzhaft“, „Verdacht des Einbruchdiebstahls“ oder „Rassenschande“ begründet wurde. Am 22. Juni 1939 starb er nach 17-tägiger Haft in der Strafanstalt Münster. Seine Frau Maria war in der Zwischenzeit ebenfalls verstorben.
„Weiß steht für den Frieden“
Derer, die auf diese Weise Opfer des Naziregimes wurden, gedachten die Schüler:innen des Goethe-Gymnasiums zusammen mit ihren Lehrkräften und weiteren Personen aus der Stadtgesellschaft – darunter auch Rabbiner Avigdor Nosikov und Abraham Goldberg als Kantor der jüdischen Gemeinde – mit Gedichten und Liedern. Auch „Dona nobis pacem“ (Dt.: Gib uns Frieden) klang an jenem Mittag durch die Alfred-Trappen-Straße. Denn in Gedenken an die Verbrechen der Nazis ging es auch um den Frieden für die Zukunft. Und „weiß steht für den Frieden“, sagte die 16-jährige Alina, bevor sie mit einigen ihrer Mitschüler:innen weiße Rosen an den Stolpersteinen niederlegte.
Mit der Verlegung der Stolpersteine schloss man an das Gedenken an die Pogromnacht in Hörde am Sonntag an. Am 20. November nun folgt die Veranstaltung „Kunst und Kultur gegen das Vergessen“ im Hansa-Theater.