Sarah hat sich nicht zufällig für das Goethe-, das heißt für Dortmunds Sport-Gymnasium, entschieden. Schließlich ist die 14-Jährige erfolgreiche Leichtathletin. Doch Sarah hat noch eine andere Leidenschaft, für die sie an ihrer Schule ebenfalls Raum findet. Denn was sich in der Außenwahrnehmung ein wenig im Schatten von Schwimmerinnnen und Handballern auf Deutschlandniveau bewegt, ist „TaG“: Theater am Goethe.
Vom „Mangel“ bis zu 34 Theaterbegeisterten
Tatsächlich existiert die Theater-AG schon eine ganze Weile, wenn auch das erste Ensemble über die stille Coronazeit hinweg der Schule entwachsen ist. Die neue Kombo ging dann im vergangenen Schuljahr mit „Momo“ an den Start. Liv, die hier die Hauptrolle einnahm, erinnert sich an die kleine Truppe, die damals auf der Bühne stand: „Am Anfang war eher ein Mangel.“ In der Tat übernahm ein Schüler ganze vier Rollen. Die Kassiopeia jedoch verschmolz ganz und gar mit der 13-jährigen Marina.
Inzwischen haben die Leiterinnen des Theater-AG Sonja Götz und Alexandra Redder, die als Kunstlehrerin zusammen mit ihren Schüler:innen für die Entwicklung von Requisiten, Kostümen und Bühnenbild verantwortlich zeichnet, alle Hände voll damit zu tun, 34 Jugendliche zwischen dem 5. und dem 9. Schuljahr angemessen einzubeziehen, so „dass keiner mehr im Rampenlicht steht als jeder andere“, wie Liv formuliert. Für Lehrerin Götz gehört die 14-Jährige absolut „zum Herzen des Ensembles“. Und auch Sarahs Stunden- und vor allem Trainingsplan sieht sie etwas besorgt entgegen – „Sie hält die ganze Truppe zusammen“ –, weiß der junge „Mannschaftsführer“ doch noch nicht genau, wie viel Zeit sie im kommenden Schuljahr dem Theater widmen kann.
Raum für Talente
Ebenso wie Liv und Sarah beiden ist auch Vera auf den ersten Blick beziehungsweise mit dem ersten Hören präsent, so Lehrerin Götz: „Sie singt so wunderschön, alle sind sehr bezaubert!“ Währenddessen ziehen Marina, Leo und Lara die Strippen eher aus dem Hintergrund – in Leos Fall im wahrsten Sinne des Wortes, bezeichnet Sarah den Zehnjährigen doch als wunderbaren „Backgroundsänger“. Leo selbst setzt eher auf die Freude an der Gemeinschaft auf der Theaterbühne: „Zusammen Sachen zu machen, macht mir Spaß.“ Lara hingegen nutzte ihr Talent im Rahmen des letzten Stücks vor allem für das Veranstaltungsplakat im Graffito-Stil.
Besonders ebendieses erst kürzlich aufgeführte Stück bot auch den anderen Jugendlichen Freiräume für ihre unterschiedlichen Begabungen, denn anders als „Momo“ handelte es sich bei „Was dir entgegenkommt“ um ein selbstentwickeltes Stück, aufgebaut in fünf Akten, die sich an fünf verschiedenen Balladen orientierten. „Das wurde extrem schön“, erinnert sich die AG-Leiterin. Nun ist es an den Jugendlichen, sich an die Entwicklung des Stücks zu erinnern, denn, so Götz, „ein Erinnerungsbuch ist gerade im Bau“. Sarah freut sich besonders auf die Texte der anderen: „Ich will die alle lesen, das wird so cool!“
Was nun folgt
Doch parallel zum Schreiben werden die Jugendlichen sich nun auch in der Zeit nach der Aufführung in verschiedenen Workshops unter anderem mit dem Sprechen auf der Bühne, der Mimik und der Choreografieentwicklung auseinandersetzen. Hier profitiert die Schule davon, dass der Nachwuchs einer Schauspielerin am Kinder- und Jugendtheater ebenfalls das Goethe-Gymnasium besucht. Diesen Kontakt hat Sonja Götz bereits als sehr fruchtbar erlebt.
Und auch die Jugendlichen scheinen den Theaterboden an der Stettiner Straße als äußerst nahrhaft wahrzunehmen. So ist die Gruppe in den vergangenen beiden Jahren so stark gewachsen, dass unter den Lehrkräften bereits ernsthafte Pläne kursieren, zu Beginn des kommenden Schuljahres eine weitere Theater-AG zu starten. Und wer weiß, vielleicht gibt es auch „Was dir entgegenkommt“ bis zu den Sommerferien noch einmal zu sehen.