Der vergessene Schatz auf dem Dachboden – ein beliebtes Motiv in Kindergeschichten. Für die Kinder von Jutta Hertelt, geborene Thomas, wurde das Mysterium im Jahr 2018 Wirklichkeit. Mittlerweile haben sie auf ihren Entdeckungen ein Firmenkonzept für eine neue Kaiser-Brauerei aufgebaut. Aber beginnen wir am Anfang …
Nach dem Tod der Mutter oblag es Ingo und Folker Hertelt – zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Jahren erwachsen – das Haus der Verstorbenen auszuräumen. Nach und nach arbeiteten sie sich auf den Dachboden vor. Bald stießen sie auf einige Blechkisten, die ungeordnete Fotografien enthielten. Die schwarz-weißen Gesichter, die ihnen entgegenblickten, sagten ihnen zunächst nichts. Doch dann fielen ihnen immer wieder Bilder eines großen Gebäudekomplexes in die Hände und sie ahnten, was es damit auf sich hatte. „Meine Oma hat immer gesagt: Der Urgroßvater war Direktor der Brauerei“, erinnert sich Folker Hertelt.
Das hier auf den Fotos musste die Kaiser-Brauerei sein, die von 1843 bis 1932 an der Chaussee zu Brünninghausen stand, die heute Stockumer Straße heißt. Nun konnten und wollten die Brüder die Bilder nicht einfach wieder zurücklegen: Sie wollten mehr wissen über ihre Familie und die offensichtlich mit der Brauerei „verbandelte“ Familiengeschichte, „erfahren, was unsere Oma nur angedeutet hat“, so Folker Hertelt.
Angedeutet hatte sie unter anderem, dass die Kaiserbrauerei der „Haus und Hoflieferant“ der Rombergs gewesen sei, die nur wenige Hundert Meter entfernt lebten. So kamen Ingo und Folker Hertelt auf die Idee, im Landesarchiv NRW nach Romberg zu suchen und fanden eine Akte, die auch drei Unterakten unter dem Namen Thomas enthielt. Mühsam arbeiteten sie sich durch die veralteten Handschriften und Fotografien. Allmählich ergaben sich Verbindungen zu ihrem Dachbodenfund: „So haben sich dann diese unbekannten Fotos irgendwie zusammengefügt“, erzählt Folker Hertelt.
Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich laut Folker Hertelt jedoch noch immer um „reine Familienrecherche“. Als der Hombrucher Geschichtsverein aber Ende des Jahres 2018 bekannt machte, dass er das Grab von Brauer Carl Gottlieb Thomas auf dem Renninghauser Privatfriedhof ausfindig gemacht hatte, staunte Ingo Hertelts Ehefrau nicht schlecht: „Das ist doch dein Opa!“, sagte sie zu ihrem Mann. Dieser griff kurzerhand zum Hörer und kontaktierte Hans Wilhelm Tibbe vom Geschichtsverein. „Es gibt ja keine Nachfahren mehr“, bedauerte Tibbe, als er erfuhr, worüber Ingo Hertelt mit ihm sprechen wollte. Dieser antwortete: „Doch, mit einem telefonieren Sie!“
Und so begann eine Kooperation. Man versorgte sich gegenseitig mit Bildern, Fakten und Geschichten und plante bald, eine Erinnerungstafel am Standort der alten Kaiser-Brauerei aufzustellen: auf dem Grundstück an der Ecke Stockumer Straße/Ardeystraße. Da Thomas’ Urenkel bei den Feierlichkeiten zur Errichtung „Kaiser-Bier“ anbieten wollten, gründeten sie im März 2019 eine GmbH und beauftragten eine Münsterländer Brauerei, 20 Hektoliter Bier zu brauen. Bereits vor der Feier im Juni 2019 waren 25 Vorbestellungen ins Haus geflattert. Auf der Feier selbst nun lernten die Brüder gleich mehrere HändlerInnen und GastronomInnen kennen, die das „Kaiser-Bier“ in ihr Sortiment aufnehmen wollten. Der erste Sud, der bis Ende August reichen sollte, war bereits nach zwei Wochen ausverkauft.
Ein guter Start für ein Unternehmen, dessen Struktur sich auffällig wiederholt. Gemeinsam mit ihrem Vater Carl Gottlieb Thomas standen seine Söhne Ernst Thomas als Technischer Direktor und sein Bruder Carl Louis Thomas als Kaufmann an der Spitze der Kaiser-Brauerei. Heute sind es ihre Nachfahren Ingo und Folker Hertelt, die als Betriebswirt und Ingenieur an ihre gemeinsame Familien- und Brautradition anknüpfen.