„Auf einmal steht drüben der Kindergartenkollege und dann wird losgerannt“, schildert Marco Narrog eine Situation, in der Kinder gern schonmal den Straßenverkehr vergessen. Als Verkehrslotse ist der TU-Student Am Hombruchsfeld eingesetzt, um genau solche Gefahrensituationen zu verhindern. Denn nachdem im Februar in Aplerbeck ein Kind einen tödlichen Unfall erlitten hatte – und das, obwohl es „sich komplett richtig verhalten“ hatte, so DSW21-Sprecher Frank Fligge – beauftragte Oberbürgermeister Thomas Westphal die Stadtwerke damit, gegen solche Vorfälle im Rahmen der Service- und Präsenzdienste etwas zu unternehmen.
Arbeit für Studierende
Einen Unfall habe es vor ihrer Kita „Gott sei Dank“ noch nie gegeben, zeigt sich die Leiterin des Evangelischen Kindergartens Brünninghausen Sabine Galbas erleichtert. Trotzdem freut sie sich, dass nun jeweils zu den Hol- und Bringzeiten jemand ein Auge auf die Kinder hat, auch aus pädagogischer Perspektive. So schaffe es eine ganz neue Aufmerksamkeit für die Gefahren im Straßenverkehr, wenn die Kinder feststellten: „Da steht ja jemand mit `ner leuchtend gelben Weste!“
Dieser Jemand ist Narrog, der mit diesem Job sein zweites Studium finanziert. Zwei Tage in der Woche steht er hier Am Hombruchsfeld, ausgestattet mit einem Langzeitvertrag. Er begrüßt es sehr, dass die DSW21 diese Aufgabe nicht mit eigenen Mitarbeitenden besetzt, sondern sich entschieden haben, die Studierenden, die in der Pandemie ihre Jobs als Zählpersonal verloren hatten, wieder zu beschäftigen. „Da scheint tatsächlich ein Bemühen seitens der DSW zu sein, die studentischen Arbeitskräfte zu halten und ein gutes Arbeitsverhältnis zu haben.“
Die psychologische Wirkung der gelben Weste
Auch vor Ort fühlt sich Narrog „sehr herzlich empfangen“, öffnet Galbas doch selbstverständlich die Kitatüren, um die Studierenden einen Schluck trinken oder die Toilette benutzen zu lassen. Doch nicht immer freuen sich auch die Verkehrsteilnehmenden, dass er da ist. An seinem letzten Einsatzort in Wambel habe er von Radfahrenden, die in hohem Tempo den Gehweg nutzten, auch schon einmal „ein freundliches ,Halt`s Maul’ bekommen“. Generell jedoch hält er allein schon seine Präsenz in Warnweste für psychologisch wirksam, zumal die Verkehrsteilnehmenden ihn nicht unmittelbar zuordnen könnten: „Bin ich Polizei? Bin ich Ordnungsamt? Bin ich DSW?“ So glaubt er, dass der SUV, der an einem Morgen an ihm vorbeifuhr, durchaus die passierende Radfahrerin bereits in der Baustelle überholt hätte, hätte er nicht dort gestanden.
Die Baustellen Am Hombruchsfeld
Es ist die Baustellensituation, die das ausschlaggebende Kriterium für die Auswahl der sieben Kitas im Stadtgebiet für das Projekt darstellte. Seit April läuft die Baustelle Am Hombruchsfeld. Spontan sei ihm aufgefallen, dass der Verkehr sämtlich über die linke Straßenseite geführt werde, sagt Jürgen Schwarz, der das Projekt von Seiten der DSW-Verkehrsforschung begleitet. So bestehe die Gefahr, dass die Kinder aus Gewohnheit nicht ausreichend auf den von rechts kommenden Verkehr achteten, bevor sie die Straße überquerten. Noch ist es hell, wenn die Kinder morgens kommen, aber wenn der Herbst kommt, werde „das Ganze hier noch ein bisschen haariger“, sagt Narrog.
Bis zum Herbst 2022 soll die Baustelle hier bestehen. Ob bis dahin jedoch auch die Studierenden vor Ort seien, sei derzeit noch offen, so Schwarz. Zunächst läuft das Projekt bis zum Jahresende und „so lange werden wir auch Präsenz zeigen“. Dann geht es erst einmal in die Evaluation, denn momentan ist die Wirksamkeit der Aktion noch offen. Eines aber konnte Schwarz Mitte Juli schon versichern: „Wenn wir die Kleinsten schützen wollen, tun wir, was wir können.“ Ob das auch im nächsten Jahr über das Lotsen-Projekt geschehen wird, wird sich zeigen. Bis dahin jedenfalls soll auch die Kita in ihr neues Gebäude an der Stockumer Straße umgezogen sein und 25 zusätzliche Plätze vorhalten.