Luisa Dosin hatte einen Weihnachtswunsch. In Erfüllung gegangen ist er nicht. „Ich suche nach einem Weihnachtswunder: Einer barrierefreien Wohnung im Dortmunder Süden!“, schrieb die Rollstuhlfahrerin im Dezember auf Facebook. Ihre Schwester Daniela versucht weiterhin alles, um Luisa ihre Lebensqualität zurückzugeben, denn momentan kann diese ihre Wohnung in Jena nicht ohne fremde Hilfe verlassen.
„Irgendwo ist immer der Haken“
„Wir haben wie doof alles abtelefoniert“ auf der Suche nach einer Wohnung, sagt Daniela Dosin, aber „irgendwo ist immer der Haken“. Dabei hat „meine Schwester weiß Gott keine hohen Ansprüche“, betont die 35-Jährige. Doch an vielen Stellen fällt den beiden Frauen die alte Bauweise in Hombruch auf die Füße. Vier Stufen schon vor der Eingangstür sind keine Seltenheit. Selbst Wohnungen mit Aufzügen hat Daniela Dosin bereits besichtigt, die alles andere als barrierefrei waren. „Die Aufzüge haben in den Zwischenetagen gehalten“, erzählt sie, „Da hat irgendwie einer nicht zu Ende gedacht.“
Dennoch geht sie immer wieder los, um einen Weg zu finden, ihre Schwester zu sich zu holen. Dabei „hat’s mich auch erwischt“: Daniela Dosin leidet selbst am Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS), einer seltenen Erkrankung des Bindegewebes, und braucht für „weitere Strecken“ einen Rollstuhl. „Weiter“ bedeutet in ihrem Fall jedoch: länger als 400 Meter. „Es ist absehbar, dass es nicht besser wird, aber vielleicht wird es ja auch nicht schlechter“, hofft Daniela Dosin.
Regelmäßig bringt ihr Ehemann, mit dem sie in Kirchhörde wohnt, sie zur Behandlung nach Aachen und „ob er meine Schwester mit an Bord hat, ist dann auch egal“. In Daniela Dosins Ton ist eine gewisse Wut zu hören, die sie offen zugibt: „Wenn Sie so hilflos sind, werden Sie irgendwann ein bisschen zynisch.“
Die Zustimmung des Sozialamtes als Bedingung
Das Problem, mit dem die Schwestern konfrontiert sind, liegt nicht nur darin, eine barrierefreie Wohnung im Raum Hombruch zu finden, sondern diese muss auch den Vorgaben des Sozialamtes entsprechen. Da sie so jung ist, hat Luisa Dosin keine Rentenansprüche und arbeiten kann sie nicht mehr – ebenso wie ihre Schwester. Das bedeutet, dass Luisa Dosin auf Grundsicherung angewiesen und bei 680 Euro Kaltmiete Schluss ist. Das ist die Summe, die der 30-Jährigen und ihrem Lebensgefährten für eine Wohnung zustehen, da sie durch den Rollstuhl Wohnraum für drei Personen benötigen. In eine Zwischenunterkunft in Hombruch zu ziehen, wäre deshalb zu riskant, da das Sozialamt jedem Umzug zustimmen muss und mehrere Umzüge in kurzer Zeit gegebenenfalls nicht genehmigt werden.
„Sämtliche Denkansätze probieren“
Nachdem sie alle städtischen und nichtstädtischen Stellen abtelefoniert haben und regelmäßig in den Telefonleitungen der im Dortmunder Süden tätigen Wohnungsgesellschaften festhängen, gehen den Dosins allmählich die Ideen aus. Und dennoch sagt Daniela: „Wir sind verzweifelt genug, um sämtliche Denkansätze zu probieren.“ Aktuell hoffen die Schwestern darauf, eine Privatperson auf sich aufmerksam zu machen, die bereits barrierefreien Wohnraum vermietet oder bereit wäre, unter den Bedingungen des Sozialamtes entsprechend umzubauen. Denkbar wäre zum Beispiel eine dauerhaft installierte Rampe über vorhandene Stufen. Diese darf aber eine Steigung von 20 Prozent nicht überschreiten, weil Luisas Elektro-Rollstuhl hier an seine Grenzen stößt. Alternativ könnte ein Hintereingang einen Lösungsansatz darstellen.
Bei all der Suche nach etwaigen Möglichkeiten wünschen sich nicht nur Luisa und Daniela Dosin, sondern auch Luisas Lebensgefährte „ein bisschen Normalität“, glaubt Daniela: „Er braucht Unterstützung, damit das nicht alles an ihm hängen bleibt.“ Denn aktuell ist er es, der seine Freundin im Alltag begleitet und alle Aufgaben übernimmt, die sie nicht mehr leisten kann. Die nötige Hilfe könnte auch er im Dortmunder Süden finden, bei Daniela Dosin und ihrem Mann – wären da nicht all diese Hindernisse für eine Frau im Rollstuhl auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt.