Es war ein außergewöhnliches Großereignis, das sich Mitte März im Eichlinghofer Stadion an der Hövel abspielte. 700 Menschen waren gekommen, um sich das Fußballspiel zweier U11-Mannschaften anzuschauen. Irgendein Spiel war es nicht, ging es doch um die Spitzenplätze der weiblichen Ruhrpottliga. Trotzdem ist es wohl alles andere als üblich, dass rund 150 Gäste anreisen, wenn zehnjährige Mädchen Fußball spielen. Und noch überraschender erscheint die Zahl von 550 Heimfans. Dass dieses Spiel des TuS Eichlinghofen gegen Schalke nun als Leuchtturm für den Verein Hinter Holtein herhalten kann, ist zu nicht ganz unwesentlichen Teilen Dr. Eva Barth und Anna Krupp zu verdanken, die für ihr Engagement nun auch den Dr. Edith Peritz-Preis erhielten.
„Das muss gefördert werden!“
Eigentlich waren es die Kinder, die den Ball ins Rollen brachten. „Papa, wir möchten gern Fußball spielen, aber in einer Mädchenmannschaft“, vertraten Oliver Meiberts Töchter ihren Standpunkt dem Vater gegenüber. Das Regelwerk erachtet es nicht für notwendig, Kinder im Fußballbetrieb vor der U15 nach Geschlechtern zu trennen, aber es „ist natürlich eine Hürde für die Mädchen“, in einer Mannschaft zu spielen, in der sie sich womöglich als einziges Mädchen behaupten müssen, weiß Eva aus Erfahrung. Zusammen mit ihrer Fußballkollegin aus der zweiten Mannschaft des TuS Eichlinghofen Anna Krupp entschied sie, als Oliver den Ruf seiner Töchter auf der Suche nach Trainerinnen in seinen Verein weitertrug: „Wir müssen da mitmachen! Das muss gefördert werden!“
Und so wurden die beiden Chemikerinnen „mit dem Oli Trainerinnen der ersten Stunde“, erzählt Eva. Das war im Jahr 2020. Heute spielt ihre U11 als eine von acht Mädchenmannschaften des TuS Eichlinghofen vor 700 Menschen gegen Schalke 04 – und hält „bombastisch dagegen“, wie Anna sagt. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Die Anzahl der Mädchen auf dem Platz ist rapide gewachsen – von den Minis bis zur U15. Selbst die Lockdowns konnten der U11 von Anna und Eva nichts anhaben, veranstalteten die beiden doch digitale Trainings ebenso wie eine digitale Karnevals-Modenschau, ein „Digital-Stopp-Tanzen“ und eine Tanzchoreografie, die die Trainerinnen aufzeichneten und zu einem „Mannschaftstanz“ zusammenschnitten.
„Nicht gleichwertig behandelt“
Als sie wieder durften, starteten die beiden Frauen zusammen mit Oliver Meibert durch und veranstalteten zwei Tage lang einen „super Halligalli“ am Ende der Straße Hinter Holtein: den Girls‘ Cup mit Hüpfburg, Fußballdart und natürlich einem riesigen Fußballturnier. Dabei nutzten Eva und Anna ihre „Connections zu den Damenmannschaften“ und mobilisierten Vereinsmitglieder und Eltern, um kräftig mit anzupacken, wie sich Anna erinnert. Und weiter wuchs die Mädchenabteilung des TuS Eichlinghofen. Auch ein Mädchen, das zuvor in einer gemischten Mannschaft eines anderen Vereins gespielt hatte, fand den Weg ins Stadion an der Hövel, weil sie laut Anna „schon das Gefühl hatte, dass sie dort nicht gleichwertig behandelt wurde“.
Ein Preis für ein „Umdenken“
Bald folgte ein weiterer Impuls, erzählt Eva: „Die Soroptimisten hatten von dem ganzen Treiben hier gehört.“ Daraufhin besuchte Marita Henrich-Böcking als Präsidentin des Soroptimist Clubs Dortmund RuhrRegion die Fußballerinnen auf ihrem Heimatplatz, sammelte einige Eindrücke und empfahl den Trainerinnen schließlich, sich für den Dr. Edith Peritz-Preis zu bewerben, den die Soroptimistinnen gemeinsam mit dem Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund vergeben. Mit dem Wunsch, ein „Umdenken“ zu bewirken und andere Vereine mit „Außenwerbung“ zu motivieren, mit der Gründung eigener Mädchenmannschaften „nachzuziehen“, folgten die beiden der Empfehlung – und hielten Anfang März tatsächlich den Preis in den Händen.
1.500 Euro sind mit der Trophäe an den Verein übergegangen, die die Trainerinnen für eine Saisonabschlussfahrt mit ihrer U11 sowie Eltern und Geschwistern in den Center Parcs Park im Hochsauerland nutzen wollen. Doch die Geschichte des Mädchenfußballs im Stadion an der Hövel soll damit noch lange nicht geschrieben sein. Bereits am Montag um 18 Uhr folgt das dritte Probetraining zur Gründung einer U17 und damit der neunten Mädchenmannschaft beim TuS Eichlinghofen. Davor, dass es zu viel werden könnte, fürchtet sich hier aber niemand. Im Gegenteil: Für Eva „können es nie genug Mädels sein“.