Was macht eine studierte Sonderpädagogin, die das deutsche Schulsystem „zu starr“ und die Inhalte „zu wiederkehrend“ findet? Eine ganze Weile setzte sich Jasmin Brozulat nach zehn Jahren an Grundschulen mit dieser Frage auseinander, arbeitete als Rittführerin in Rumänien und auf Bauernhöfen in der Schweiz, bevor ihr schließlich klar wurde: „Dortmund ist mein Herz.“ Doch auch in hiesigen Hotels wurde sie nicht sesshaft und wollte „das, was ich draufhabe, was ich kann“, an das Kind bringen. „Im Mai 2024 habe ich den Entschluss gefasst, dass ich meine eigene Lernakademie eröffnen möchte.“ Seit Jahresbeginn nun erscheint das Schaufenster eines Ladenlokals an der Baroper Bahnhofstraße etwas bunter.
Fingerrechnen der anderen Art
„Smart Kids“ heißt das Konzept, das die 41-Jährige im Rahmen einer Intenetrecherche entdeckte. Zwei Standorte der Lernakademie hatte Madlen Kuhle bereits eröffnet, in Arnsberg und Schüren. Als Jasmin Brozulat die Gründerin über LinkedIn kontaktierte, hatte diese außerdem das „Kleine Genie“ nach Deutschland geholt. Und seit einem Treffen der beiden Frauen wusste auch Brozulat, dass sie schon bald Kindern „Mentale Arithmetik“ beibringen würde.
Dabei handelt es sich um eine Rechentechnik, die auf dem Soroban basiert, einer japanischen Form des Abakus. Mit dem „Krabbengriff“ zwischen Daumen und Zeigefinger lernen die Kinder, an dem Rechengerät Zahlen einzustellen und mit ihnen zu rechnen. Und schon bald benötigen sie die Abakus-Perlen nicht mehr, wie Brozulat erklärt: „Du hast im Kopf die Bewegung der Finger.“ So berechnen die Kinder lange Terme, die über einen Bildschirm nach und nach eingeblendet werden, indem sie mal den Zeigefinger und mal den Daumen beugen und so die entstehenden Zahlen für sich visualisieren.
Eine besondere Zielgruppe adressiert das „Kleine Genie“ dabei nicht, so Brozulat, die ihre Kurse mit dem Angebot eines Sportvereins vergleicht: „Es richtet sich an alle Kinder, die Spaß daran haben.“ So werde das Rechnen zu einem „Hobby mehr für den Kopf“.
Vorbereitung auf die Schule
Während die Pädagogin die Mentale Arithmetik vor allem für Schulkinder bis etwa 12 Jahre anbietet, richten sich das Programm mit dem Titel „NUMICON“ und der Vorschulclub als Jasmin Brozulats „Steckenpferd“ an Vier- bis Sechsjährige. „Da geht es darum, dass die Kinder fit gemacht werden für den Schulanfang“, sowohl, was das Allgemeinwissen, Mathematik und Deutsch betrifft, als auch die Feinmotorik, die für die Stiftführung notwendig ist. NUMICON hingegen fokussiert sich auf ein umfassendes Verständnis des Zahlenraums bis Zehn, den Brozulat mit speziellem Material spielerisch mit den Kindern erarbeitet.
Lerntherapie für Kinder mit Schwierigkeiten
Die zweite Säule der Lernakademie neben dem „Kleinen Genie“ bildet die Lerntherapie für Kinder, die Schwierigkeiten in der Schule haben. „Meistens ist Lerntherapie angebracht, wenn es eine Diagnose gibt“, so Brozulat. Hierbei denkt sie etwa an eine Lese-Rechtschreib-Schwäche, Dyskalkulie oder ADHS, die individuelle Herangehensweisen erfordern. Deshalb sei die Lerntherapie anders als Nachhilfe auch nicht „konkret mit dem Stoff der Schule verbunden“, sondern orientiere sich an den Bedarfen des jeweiligen Kindes.
„Ich möchte, dass die Kinder sich für das Programm entscheiden.“
Da die Herausforderungen der Schule gerade die Zielgruppe der Lerntherapie stark belasten können, finanziert das Dortmunder Jugendamt in bestimmten Fällen Madlen Kuhles Angebot in Schüren. Und auch Jasmin Brozulat rechnet im ersten Halbjahr 2025 mit einer entsprechenden Zulassung. Grundsätzlich aber bezahlen Familien sowohl die Lerntherapie als auch die Kurse im Rahmen des „Kleinen Genies“ aus eigener Tasche. Letztere kosten für Vorschulkinder 140 Euro im Monat bei 1,5 Wochenstunden. Um „wirklich in Ruhe arbeiten zu können“, veranschlagt Brozulat für die Mentale Arithmetik mit zwei Stunden und 15 Minuten in der Woche etwas mehr Zeit und berechnet entsprechend 170 Euro monatlich.
Bevor sie eine Anmeldung entgegennimmt, trifft sie sich jedoch in einem 1:1-Setting mit dem jeweiligen Kind in einer kostenlosen Schnupperstunde über 20 bis 30 Minuten, um herauszufinden, ob ihr Angebot im individuellen Fall passend ist. Außerdem setzt sie auf Eigenmotivation: „Ich möchte, dass die Kinder sich für das Programm entscheiden.“
Eröffnungsfeier Ende des Monats
Eine Möglichkeit, mit Jasmin Brozulat in Kontakt zu kommen, bietet sich am 25. Januar. Von 11 bis 16 Uhr präsentiert die Pädagogin im Rahmen einer Eröffnungsfeier bei Spielen, Waffeln und Glitzertattoos ihr Angebot. Das soll aber niemanden aufhalten, bereits jetzt bei ihr anzurufen oder ihr eine E-Mail zu schreiben, betont die Pädagogin. Mit der Mentalen Arithmetik beginnt sie je nach Anmeldeaufkommen im Februar oder März.