George-Clooney-Fans kennen die Monuments Men. Der Spielfilm von 2014 befasst sich mit der “Monuments, Fine Arts, and Archives Section” der US-Army, die sich während des zweiten Weltkrieges dem Schutz von Kunstgütern verschrieben hatte. Nur eine winzige Nebenrolle spielt hier die damalige Kuratorin des Museums Jeu de Paume. “Das fand ich ungerecht”, sagt Christiane Köhne, weil die Monuments Men einen wesentlichen Teil ihres Erfolgs “nur ihr zu verdanken” hatten. Deshalb hat die Schriftstellerin vom Schnee nun ein Buch geschrieben, über die Kunsthistorikerin, die “unter Einsatz ihres Lebens die Deutschen ausspionierte” und so rund 60.000 Kunstwerke rettete.
“Unterhaltung, basierend auf Fakten”
“Briefe an Rose Valland” ist kein Sachbuch. Genauso wenig aber ist es ein Roman oder eine Biografie. Köhne selbst fasst es so zusammen: “Das ist Unterhaltung, aber basierend auf Fakten.” Die Verlage lehnten ihr Buch ab. “Wir können Sie nicht einsortieren”, hieß es. Als aber Jennifer Lesieur dann im März mit “Rose Valland und die Liebe zur Kunst” das erste deutschsprachige Buch über die Kunsthistorikerin veröffentlichte, war für Christiane Köhne klar: “Das muss jetzt hopp-hopp gehen.” Anderenfalls hätte man sie womöglich noch des Plagiats bezichtigt. Also nahm sie etwas Geld in die Hand und brachte ihr Buch beim Novum-Verlag unter. Dort erscheint es nun, am Mittwoch soll es in den Handel gehen.
Beinahe aber wäre es in der Schublade geblieben, beinahe hätte sich Christiane Köhne dagegen entschieden, ihr Buch noch herauszubringen, nach der Enttäuschung im März. Doch eine wesentliche Stimme im Rahmen ihrer Recherchen bestärkte sie darin, ihr Projekt zu Ende zu bringen. Niklas Frank, seines Zeichens Journalist und Sohn des “Schlächters von Krakau” Hans Frank hatte die Schriftstellerin bei der Beantwortung der Frage unterstützt: “Was kann die Dame mit dem Hermelin erzählen?” Denn das Werk von Leonardo da Vinci hing im Arbeitszimmer seines Vaters und begleitete ihn sogar auf Reisen, so Köhne: “Er kann sich nicht von ihr trennen.”
Mit dem Sohn nun traf Köhne sich, weil sie Stoff für den fiktiven Teil ihres Kapitels über das Bild benötigte. Denn jedes der betrachteten Bilder richtet einen Brief an Rose Valland, in dem es seine Geschichte erzählt. Anschließend folgt in jedem Kapitel ein historischer Abriss zum jeweiligen Werk. Und ebenso wie den Tausender weiterer Kunstwerke kannte Rose Valland den Verbleib des Bildes, das die Nazis aus einem jüdischen Haushalt in Frankreich gestohlen hatten.
Rose Vallands Wirken
Sie nämlich “arbeitete ganz artig und brav” – so glaubten die Nationalsozialisten – im Jeu de Paume-Museum, das Hitler und sein Gefolge zur Registrierungsstelle für ihre künstlerische Beute auserkoren hatten. Doch während ihrer Arbeitszeit hörte Valland aufmerksam zu, fischte weggeworfene Zettel aus dem Papierkorb, registrierte alles, was um sie herum geschah, und machte sich Notizen. An den Abenden schrieb sie das Erfahrene dann in ihr Tagebuch. So entstand ein umfassendes Verzeichnis über die Bestimmungsorte all der Raubkunst, das Valland den Monuments Men nach sorgfältiger Vertrauensprüfung zur Verfügung stellte.
In Frankreich wird Rose Valland wegen ihres Mutes inzwischen als Nationalheldin gefeiert. Hierzulande jedoch ist sie so gut wie unbekannt. Als umso wichtiger stellt es sich nun dar, dass in diesem Jahr gleich zwei Werke erscheinen, die sich mit ihrem Wirken auseinandersetzen. Denn über die fiktiv-historische Form, die Köhne in ihrem Arbeitszimmer Auf dem Schnee gewählt hat, erhält nun auch eine vorrangig an Belletristik interessierte Zielgruppe Zugang zu einem wesentlichen Teil europäischer Geschichte.