Die „Fototapete“, auf die man sich im rückwärtigen Teil der Salzfabrik zubewegt, ist in Wirklichkeit gar keine – sondern ein Panoramablick auf Industrieanlagen und Grün, mit dem der besondere Charme der Kokerei Hansa sehr eindrucksvoll in Szene gesetzt wird. Dem Huckarder Industriedenkmal einen vielseitig nutzbaren Veranstaltungsraum zu bescheren und gleichzeitig so viel Substanz wie nur möglich zu erhalten: Das war die anspruchsvolle Aufgabe bzw. der Spagat, dem man sich auf der Kokerei über die letzten fünf Jahre gewidmet hat.
Am 17. April konnte das Ergebnis aller Bemühungen endlich der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Ein außergewöhnlicher Ort ist es tatsächlich, der hier „auf Hansa“ in den ehemaligen Räumlichkeiten von Salzlager und Salzfabrik entstanden ist. Außergewöhnlich allerdings waren auch die Herausforderungen, galt es doch zunächst über Jahre, den Verfall der Bausubstanz zu stoppen: Wenig überraschend, bedenkt man den ursprünglichen Verwendungszweck der Gebäude. Weitere Probleme – etwa ein bemerkenswert hoher Grundwasserspiegel, der das Ensemble bei Starkregen flutete – addierten sich. Dass man sich den Schwierigkeiten so entschlossen entgegenstemmte, dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass es sich – wie die Geschäftsführerin der Industriedenkmal-Stiftung, Ursula Mehrfeld, zur Eröffnung erläuterte – beim Hansa-Gelände um die einzige erhaltene Großkokerei ihrer Zeit überhaupt handelt.
Künftig also soll der ehemalige Ort schweißtreibender Arbeit ein Raum für Kultur, zum Feiern sowie für Tagungen werden. Platz finden im ehemaligen Salzlager, wenn auf Bestuhlung verzichtet wird, bis zu 1200 Menschen. Außergewöhnlich allerdings ist hier vor allem die Kulisse aus industriellen Maschinen und Gerätschaften, die nach wie vor zwei Seiten der Halle säumen. Da es zudem Ziel war, Erscheinungsbild und Raumwirkung der historischen Gebäude zu erhalten, sind Künstlergarderoben, Lager- und Technikraum jetzt in drei ausgegliederten Anbauten untergebracht und über einen „Verteilerflur“ zu erreichen. Aufgesetzt auf die ehemaligen Kokerei-Gleise, sollen sie ein wenig an Eisenbahnwaggons erinnern.
Den ersten „großen Bahnhof“ wird es für das frischeröffnete Raum-Ensemble bei einem von der Industriedenkmal-Stiftung organisierten Tag der offenen Tür am 27. April von 11 bis 17 Uhr geben. Um auch hier das Gebäude selbst zum Akteur werden zu lassen, zeigen u. a. Parcour-Artist:innen der „Flyguys“ ihr Können. Des Weiteren wird das Salzlager durch Kunstlerinnen und Künstler der SkateJam-Rollerdisco in Szene gesetzt. Der lokale Beitrag kommt vom Nachwuchs der Kita Abenteuerland, welcher die Halle mit einem Schwung Lieder zum Klingen bringt.
Abzuwarten bleibt selbstverständlich, welche Arten von Veranstaltungen sich von nun an „auf Hansa“ etablieren: Andere Veranstaltungsräume wie die Alte Schmiede oder Dorstfelds Pulsschlag sind bekanntlich nicht viel mehr als einen Steinwurf entfernt.
Parallel zum Stapellauf von Salzlager und -fabrik hat Mitte April noch ein weiteres ambitioniertes Kokerei-Projekt die Ziellinie überquert: Musste das Huckarder Industriedenkmal nach Ursula Mehrfelds Worten kulinarisch jahrelang „mit einem Getränkeautomaten auskommen“, werden die Gäste in dieser Hinsicht ab sofort aus dem Vollen schöpfen können, hat Gastronom Sascha Nies das Gebäude der Gastiefkühlanlage im Laufe der letzten rund zwei Jahre doch zu zwei Lokalitäten ausbauen lassen: Das ist zum einen der im oberen Stockwerk gelegene „Butterraum“, ein Mix aus Bistro, Lounge und Café mit leichter Küche. Beim Restaurant „Schwarzgold“ im Untergeschoss wiederum wird buchstäblich nach den Sternen gegriffen, sicherte sich Sascha Nies hier doch die Dienste von Starkoch Pierre Beckerling, der seit langem für gehobene Cuisine steht.