Womöglich klingt „Ehrenamtlerin“ bzw. „Ehrenamtler“ in den Ohren vieler nicht nach Spaß. Sich zum Wohle der Gemeinschaft reinzuhängen – „einfach so“: Macht das denn Sinn? Klar macht es das, würden manch andere erwidern. Vor allem aber macht es eben doch Spaß. Nicht zuletzt, weil man etwas bekommt, das sich für Geld nicht kaufen lässt. „Zur Nachahmung empfohlen“ lautet das Resümee, welches im Stadtbezirk Huckarde etliche der ehrenamtlichen Reinhänger ihrer Tätigkeit anhängen würden. Ein paar von ihnen stellen wir in den nächsten Monaten vor.
Diesmal sind es:
Hans Werner Bramer u. Christa Booms, Sterbebegleiter beim Malteser Hospizdienst
„Bühne“ braucht Hans Werner Bramer nicht mehr. Wobei er seinen früheren Beruf ohne Frage genossen hat – heute aber ist es gerade der Aspekt, eine Beziehung „im Verhältnis eins zu eins“ aufbauen und helfen zu können, die ihn für sein Ehrenamt einnimmt.
Der tägliche Arbeitsplatz des Huckarders hingegen war früher das Dortmunder Opernhaus, wo er als Sänger vor großem Publikum zu bestehen hatte. „Das war natürlich“, gibt er unumwunden zu, „eine sehr egozentrische Sache, bei der Selbstbezogenheit eine große Rolle spielte.“ Kamen dabei womöglich andere Lebensaspekte zu kurz? Zumindest, erläutert der heute 72-Jährige, war ihm direkt nach der Pensionierung klar, dieses Schema verlassen und etwas zurückgeben zu wollen. „Auch das“, überlegt er zugleich, „steckte aber gefördert durch meine Erziehung wohl schon immer in mir.“
Also stieg der ehem. Opernsänger Bramer in die Recherche ein – und wurde verblüffend schnell fündig: Eine Zeitungsanzeige machte ihn 2020 auf die Hospizdienste der Malteser aufmerksam und neugierig. Und während der Huckarder rückblickend erzählt, damals binnen kürzester Zeit gewusst zu haben, dass „dies genau mein Ding“ ist, klingt er darüber beinahe selbst verblüfft. Nichtsdestotrotz war es offenbar genau so: Schon in der etwa ein halbes Jahr dauernden Lern- bzw. Ausbildungsphase nahm den frischgebackenen Ehrenamtler seine neue Aufgabe gefangen. Seine erste längere Begleitung schließlich stellte endgültig die Weichen: „Lebensbegleitung“ würde aus Hans Werner Bramers Sicht nämlich als Begriff nicht weniger gut passen. „Wir kamen aus zwei grundverschiedenen Leben“, erzählt er über sich und den von ihm betreuten ehemaligen Bergmann, „und haben dementsprechend gegenseitig richtig viel voneinander gelernt. Ich hörte mit großem Interesse Geschichten aus seinem Berufsleben, gleichzeitig öffneten sich dem von mir begleiteten Herrn ganz neue Horizonte, wenn ich beispielsweise aus meiner Zeit am Opernhaus erzählt habe.“
Ein bisschen Lebenserfahrung zu haben und zuhören zu können benennt der Ehrenamtler dann auch als grundlegende Voraussetzungen für seine Aufgabe. Zustimmung erntet er hierfür nicht zuletzt bei Kollegin Christa Booms. Die 58-Jährige ist sogar bereits seit 2018 Teil des Teams der Malteser und nahm ihre Tätigkeit nach dem Tod des eigenen Vaters auf. Nach dessen Sterbebegleitung nämlich wusste sie seinerzeit: „Das kann ich gut!“ Empathie sei hier natürlich ein elementarer Baustein gewesen – sowie die Fähigkeit, schwierige Situationen im Falle des Falles ein Weilchen aushalten zu können. Mit derlei Herausforderungen allerdings, resümieren beide Ehrenamtler unisono, werde man bei den Maltesern nicht alleine gelassen: „Wir haben hier“, findet Frau Booms, „einfach prima Arbeitgeber, die für eine sehr wertschätzende Atmosphäre sorgen.“ Die regelmäßigen monatlichen Treffen aller Sterbebegleiter:innen im Büro an der Amalienstraße tragen ebenso erheblich dazu bei, sich auch selbst in seiner Aufgabe gut aufgehoben zu fühlen. „Und zugleich“, schiebt die Hörderin nach, „bin ich in diesem Ehrenamt im positiven Sinne mein eigener Chef: Auch das ist mir sehr wichtig!“
Klar stimme die Chemie zwischen begleitender und kranker Person mal mehr, mal weniger, bestätigt Hans Werner Bramer: Alles liefe halt wie im ganz normalen Leben. Gleiches gelte logischerweise auch für die gemeinsamen Unternehmungen oder die Gespräche, die man führe. Ob die auch mal banal seien? „Klar, in schöner Regelmäßigkeit“, schmunzelt der Huckarder und klingt dabei, als ob er sagen wollte „zum Glück“. Zugleich aber blieben selbstverständlich auch die tiefen, schweren Themen ständiger Gast und es werde alltäglich, sich mit dem Tod und seinen Begleiterscheinungen auseinanderzusetzen.
Der ehemalige Opernsänger allerdings möchte diesen seinen neue Lebensaspekt nicht mehr missen. Eine fordernde Aufgabe, durchaus – aber auch eine, die erdet und ihn mit intensiven Erfahrungen belohnt.