Eine seltene Gelegenheit die Umgebung zu erkunden, ergibt sich für denjenigen, der einen Kirchturm hinaufsteigen darf. So auch in Huckarde, wo im Umkreis der St. Urbanus-Kirche mehrere ortsgeschichtlich interessante Gebäude zu finden sind. Der Fotograf des heute ausgewählten Bildes richtete sein Objektiv um 1960 in süd-östliche Richtung. Im Verlauf der Müllerstraße entdecken wir mehrere historische Gebäude, die in vergangenen Zeiten eine Rolle im alten Huckarde spielten.
Im Blickfeld liegt die Roßbach-Mühle, die schon im 14. Jhd. als „Rossemohlen“ erste Erwähnung fand und im Laufe der Zeit als Korn-, Gerstenschäl- und Ölmühle Verwendung fand. Damals war sie noch umgeben von einem ausgedehnten System von Stauteichen und erhielt erst mit der Begradigung des Roßbachs in den 1920er Jahren einen neuen Antrieb. Seinen ursprünglichen Namen hatte der Weg zur Mühle schon längst eingebüßt und wurde nicht mehr als „Am Mühlenfall“ bezeichnet. Eine Dampfmaschine und später ein Elektromotor hatten den Antrieb durch Wasserkraft ersetzt.
Nach der Beendigung der Nutzung als Mühle werden die – noch mit den originalen Utensilien bestückten – erhaltenen Räumlichkeiten seit 1965 als stimmungsvolle Gastronomie genutzt. Der eher sumpfigen Umgebung der Mühle verdanken der Spielplatz und der unter dem Namen „Affenkäfig“ bekannte Bolzplatz ihre Existenz, denn die schlechte Qualität des Untergrundes ließ eine regelrechte Bebauung nicht zu.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sind zwei in früheren Tagen als Gastwirtschaft und Brauerei genutzte Gebäude von 1836 zu erkennen. Die Schänke der Familie Degener war das erste Gasthaus im Ort, diese wurde dann von Heinrich und Moritz Fiege übernommen und damit zum Stammhaus einer ganzen Brauerdynastie. Darauf wurde die Familie Andrä seit 1903 zum Gastgeber auf dem mit prächtigen Kräuterbeeten und Vogelvolieren geschmückten und von Gaslaternen beleuchteten Gelände.
Nicht nur weil ein prachtvoller Flügel in diesen sangesfreudigen Tagen die zahlreichen Stammgäste erfreute, war das Etablissement Schauplatz vieler Höhepunkte des Huckarder Dorflebens. Die Feier zur Einweihung der ev. Kirche im Jahr 1898, auch Schützenfeste und Konzerte der Gesangsvereine wurden dort gefeiert. Im Jahr 1928 wurde der Metzgermeister Berkey Eigentümer der weitläufigen Anlagen. Bald darauf wurde der Gebäudekomplex an die kath. Kirchengemeinde verkauft und diente als Vereinsheim. Dann betrieb man das Haus seit 1943 als provisorisches Altenheim und bis 1959 als Kindergarten. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der später bekannte BVB-Spieler Willi Burgsmüller in diesem Gebäude auf. Mit dem Abriss dieses alten Gebäudekomplexes im Jahr 1966 verschwand für viele Einwohner in Huckarde ein architektonisches und gesellschaftliches Zentrum, das in der Geschichte viel Ortskolorit vermittelte.
Im Bildhintergrund der Fotografie ist der ehemalige Fußballplatz des DJK-Blau-Weiß Huckarde von 1921 zu erkennen. Vielen Huckardern blieb dessen Spielfläche nicht nur in sportlicher Hinsicht, sondern bis 1988 auch als langjähriger Rummelplatz der Huckarder Pfingstkirmes in Erinnerung. Im Jahr des hundertjährigen Bestehens grüßen wir die Mitglieder des Traditionsvereins.