Eine Frage kann Lothar Jacob leider nicht präzise beantworten: Wie nennt sich denn eigentlich der Job, den er aktuell bei Westfalia Huckarde ausübt? „Netzwerker in finanziellen Angelegenheiten“ trifft’s womöglich noch am ehesten, ein offizielles Amt aber bekleidet er bei den Rotweißen schon ein Weilchen nicht mehr.
Das wiederum war lange Zeit – und mehrfach – anders. Dass der gebürtige Castroper nämlich Vereinsmitglied mit Leib und Seele ist, dürfte wohl im weiten Umkreis der Sportanlage am Blumenkamp von niemandem in Zweifel gezogen werden.
Anfang September hat der Westfalia-Motor nun seinen 75. Geburtstag gefeiert, kann mittlerweile auf über ein halbes Jahrhundert im Dienste des Clubs zurückblicken – und denkt noch lange nicht ans Aufhören.
Nach Huckarde verschlug es Lothar Jacob anno 1969 der Liebe wegen: Seiner Frau Doris, mit der er seit 1971 verheiratet ist, hält er also sogar noch ein kleines bisschen länger die Treue als der Westfalia. „Auf Asche“ stieg der Jubilar 1978 erstmals zum Spielführer der ersten Mannschaft auf. Verantwortung zu übernehmen war offenbar auch damals schon sein Ding, begann doch nur drei Jahre später – mit gerade einmal 32 Jahren – Lothar Jacobs erstes Engagement als Erster Vorsitzender der Westfalia. Dieses sollte er für die nächsten acht Jahre mit einer Unterbrechung ausüben, und leitete in dieser Zeit beispielsweise die Installation der Flutlichtanlage mit in die Wege. Dass Huckarde das Zentrum seines Universums ist und bleibt, stand über all die Zeit seither nie zur Diskussion – ob nun privat oder am Spielfeldrand. Und das, obwohl es an Vergleichsmöglichkeiten nicht mangelte, denn der Jubilar war seit jeher ein waschechter Weltenbummler. Finden konnte man die Jacobs sowohl in San Francisco als auch in New York, auf Kreuzfahrten durch die Karibik oder den Orient, am Tafelberg in Südafrika und an zahllosen anderen Orten. Und auch das Skifahren als zweite sportliche Passion neben dem Fußball trieb den Dortmunder immer wieder in die Ferne inkl. Spektakulärer Heli-Skiing-Trips.
Schlussendlich aber führten alle Wege nach Huckarde zurück. Nur Nichtstun, das war für den jetzt 75-Jährigen eben nie eine Alternative, weder in jungen Jahren noch im Rentenalter. Daher war Lothar Jacob dann mit einsetzendem Ruhestand 2011 auch unmittelbar klar: Ich will mich engagieren! „Anderen mag es reichen, im Garten zu sitzen, ich würde verrückt“, fasst der Jubilar seine Lebenseinstellung prägnant zusammen. Und wo er nützlich sein könnte, musste sich der Huckarder nicht allzu lange fragen: Schließlich gab es ja „seinen Verein“. Zumal ziemlich schnell klar wurde, dass die Westfalia Jacobs „Netzwerker-Kompetenz“ richtig gut gebrauchen konnte. So startete der frischgebackene Rentner also in seine inoffizielle Vorstandskarriere, erschloss Geldquellen, akquirierte Sponsoren, organisierte Bandenwerbung. All das keineswegs als Einzelkämpfer, wie er unterstreicht: „Das Schöne ist,“, resümiert der Jubilar, „dass bei der Westfalia immer noch viele vernünftige Menschen aus meiner Generation mitmischen. Wäre Not am Mann, könnte ich vermutlich innerhalb einer Viertelstunde 15 Leute akquirieren, die dann gemeinsam anpacken. Unter solchen Voraussetzungen macht es einfach Spaß!“
Seinen Rotweißen konnte der umtriebige Vereinsmotor in aktueller Funktion immer wieder finanziellen Rückenwind verschaffen – nicht zuletzt durch den Kontakt zu Dr. Günter Spranke, der insbesondere den Westfalia-Nachwuchs mittlerweile kontinuierlich unterstützt und ausrüstet.
Der Nutzen des ehrenamtlichen Engagements von Lothar Jacob und seinen Mitstreitern ist unübersehbar: Mit einer modernen LED-Flutlichtanlage, einem umgebauten und erweiterten Vereinsheim, einer kleinen Sitzplatz-„Tribüne“ oder der eigenen Anzeige-Tafel haben die Huckarder in den letzten Jahren infrastrukturell deutlich draufgesattelt. Die sportliche Entwicklung steht der neben dem Platz erfreulicherweise nicht nach.
Durch die erstmalige Ausrichtung des „Josef-Spranke-Cups“ schließlich haben sich die Rotweißen im weiten Umkreis noch mehr als wichtiger gesellschaftlicher Akteur etabliert. Jubilar Lothar Jacob kann also allemal eine zufriedene Bilanz ziehen, wenn er auf seinen Herzensverein blickt. Und so wird er auch nach dem „75.“ weiter für die Westfalia die Trommel rühren und Netze knüpfen, auch wenn’s für das, was er tut, keine Visitenkarten-Bezeichnung gibt. „Bereitschaft“, lacht er, „habe ich ja quasi immer.“ „Nichtstun“ war eben noch nie eine Option.