Vor fünfzig Jahren wurde Sascha Deppe, wie er es selbst online formuliert, „ohne Flügel auf diesem Planeten geboren“. Bei dem Versuch, sich selbst welche zu basteln, kam der Kirchlinder dann allerdings nachhaltig vom Weg ab: Aus seiner langjährigen schwersten Drogenabhängigkeit macht er heute keinen Hehl. Zum Glück aber gab es seit Jugendtagen noch eine zweite Konstante in Sascha Deppes Leben:
Das Malen. Was mit Kritzeleien auf Tapeten, Kinderzimmermöbel und „eigentlich allen freien Flächen“ begann, setzte sich später in einer „Sprayer-Karriere“ fort. Irgendwann dann wagte sich Sascha Deppe auch an die Leinwand und präsentierte seine Bilder auf vielen Künstlermärkten. Einem beherzten Schritt in die breite Öffentlichkeit allerdings standen immer wieder die gesundheitlichen Probleme sowie familiäre Schicksalsschläge entgegen. Jetzt, nach einem halben Jahrhundert Erdendasein, soll das anders werden, will der gebürtige Wambeler sich selbst und den ihm wichtigen Menschen zeigen, dass da noch mehr geht.
Eine wichtige Weichenstellung steht in diesem Zusammenhang kurz bevor: Etwa Anfang Juli soll nicht nur die eigene Website deppe.com an den Start gehen, sondern damit einhergehend auch ein eigener Online-Shop, über den dann selbst designte Jogginganzüge und T-Shirts angeboten werden. In einem zweiten Step dann soll auch die Leinwandkunst eine noch größere Aufmerksamkeit bekommen.
Wem dabei der Sinn nach Aquarellen und Stilleben steht, dürfte eher nicht auf seine Kosten kommen, denn Sascha Deppes Werke wirken so offensiv und exzessiv, wie es sein Leben vermutlich oftmals war. Gerne greift er surrealistische oder Pop-Art-Elemente auf und versieht sie mit eigener Handschrift. Gefallen findet das regelmäßig, Auftragsarbeiten hat der teils in Dortmund, teils in Südafrika aufgewachsene Maler schon für Ärzte oder Rechtsanwälte ausgeführt. Für 4800 DM wechselte dereinst sein Werk „Verwachsen und gefangen bis in den Tod“ den Besitzer. Optimistischer und farbenfroh geht‘s allerdings auch: Zwei in der Pandemie entstandene, ein wenig an James Rizzi erinnernde großformatige Gemälde rufen eher dazu auf, die Lebensfreude nicht zu verlieren.
Wie diese beiden, so liegt auch eine weitere Eigenproduktion dem Künstler besonders am Herzen. Vom 2014 entstandenen Bild „Die Sinfonie der Sünden“ indes besitzt Sascha Deppe nur noch eine – vielleicht in „weiser Voraussicht“ angefertigte – Kopie. Das Original stattdessen, berichtet der 50-Jährige, verschwand vor Jahren als Exponat bei einem kirchlichen Malwettbewerb. „Da muss wohl jemand zu dem Schluss gekommen sein, solch ein Anblick gehöre nicht in die Öffentlichkeit“, muss er im Rückblick schmunzeln.
Aktuell sieht er sich in der Spur: „Meine Dämonen habe ich durch das Malen bekämpft, meine Selbstfindungsphase abgeschlossen“, fasst er seine Selbsteinschätzung zusammen. Die Drogen-Abhängigkeit hat er über eine Substitutions-Therapie in die Schranken verwiesen, und auch seine Mutter – über Jahre erste Unterstützerin nicht nur dann, wenn das Geld für Materialien knapp war – teilt inzwischen Sascha Deppes Zuversicht. „Sie glaubt fest an mich“, bekräftigt der Kirchlinder und hofft, das in ihn gesetzte Vertrauen bald vollauf rechtfertigen zu können. Das würde aus seinem Leben zwar trotzdem keine idyllische Story machen. Aber zumindest so etwas Ähnliches wie Flügel hätte sich der 50-Jährige dann ja womöglich doch noch organisiert.