Auf das Thema „Alltagswahnsinn“ fiel die Wahl des aktuellen Literaturkurses am Bert-Brecht-Gymnasium – eine Überschrift, unter der normalerweise die unterschiedlichsten Ideen und Genres hätten Platz finden können.
Aber was ist aktuell schon normal? Der Corona-Frust der Jugendlichen jedenfalls brauchte offensichtlich ein Ventil, so dass sich letztlich knapp drei Viertel der (selbstverständlich) im Home Office entstandenen Beiträge lyrisch mit dem derzeit „alltäglichen Wahnsinn“ auseinandersetzte.
Also kommt auch unsere schulische Schreibwerkstatt diesmal selbstverständlich nicht um „das“ gegenwärtige gesellschaftliche Thema herum.
Während Lennart Barsch aus Kirchlinde sich formal an klareren Vorgaben orientierte, schrieb sein Schulkamerad Jonathan Pannek nach eigener Aussage im Grunde „einfach drauflos“. Ähnlich ging Leonie Rettstadt aus Lütgendortmund an die Aufgabe heran. Ihr macht neben den fehlenden sozialen Kontakten vor allem der Wegfall des Vereins-Handballtrainings zu schaffen. Der Ausflug in die Welt der Gedichte wird für die Elftklässler nach eigener Aussage eher eine Stippvisite bleiben, wobei sie aber der Möglichkeit, sich kreativ mit den eigenen Sorgen auseinandersetzen zu können und den „Gedanken freien Lauf zu lassen“, durchaus etwas abgewinnen konnten – schließlich dürfte die Warteschleife zurück ins „wirkliche“ Leben wohl noch ein wenig verlängert werden.
Hier die Beiträge der drei BBGler:
Alltagswahnsinn II – von Jonathan Pannek:
Atmen einatmen, ausatmen, schneller atmen
Gar nicht atmen
Scheinbar so natürlich, atmen!
Laufen hierhin laufen, dorthin laufen zum Angebot laufen
Schnell noch zum Bäcker laufen, laufen laufen
Stehen bleiben wäre schön!
Lernen Aufgaben bearbeiten, wegschicken, Leistungsdruck aushalten
Lernen lernen, fürs Leben lernen-
Wäre schön!
Träumen von dem, was man nicht hat
Kein Corona, große Partys, viele Freunde
Wovon träumst du?
Anfangen immer das Ziel im Auge haben, immer weiter machen
Immer etwas zu tun haben
Nie fertig werden!
Gas geben, erfolgreich sein, Energie verbrauchen
Leben auf der Überholspur führen
Zur Ruhe kommen? Keine Chance!
Suchen, rastlos sein, Unsicherheit spüren
Lebensziele haben- Lebensziele finden
Wonach suchst du?
Weg sein, raus hier, aufhören
Woanders sein, Ruhe spüren
Bei mir ankommen!
Corona-Wahnsinn – von Lennart Barsch:
Coronavirus
Gefährlich belastend
Es betrifft jeden
Man lebt damit
Unerträglich
Alltagswahnsinn – von Leonie Rettstadt:
Es fühlt sich an wie ein böser Traum.
Ich öffne meine Augen und bin in einem überfüllten Raum.
Überall nur Menschen mit einem bösen Blick.
Er ist so kalt es fühlt sich an wie ein Trick.
Ein Trick den mir meine Augen spielen,
doch nein, denn meine Augen nicht schielen.
Unglaublich wie man diese negative Energie spürt.
Ich bin so gerührt.
Am liebsten würde ich ihnen helfen,
aber sie sind gefangen in ihren eigenen Welten.
Jeder achtet nur noch auf sich.
Und so achte ich auf mich.
Dabei wollte ich nur schnell einkaufen gehen,
nun muss ich mir dieses Elend ansehen.
Alles nur für eine Rolle Klopapier,
doch ich hätt’ jetzt lieber ein Bier.
Schnell raus hier das Klopapier war eh wieder leer,
und das bedaure ich sehr.