Wer sich “Knocking on heaven’s door” für die eigene Bestattung wünscht und das “so laut, dass die Wände wackeln”, ist bei Patricia Tüchsen und ihren Kolleginnen an der richtigen Adresse. Bereits zur Eröffnung des “WandelRaums” in Oespel hatte die betreffende Dame das Team gefunden, mit dem sie nun dafür sorgen will, dass ihr Abschied so verläuft, wie sie es sich vorstellt. Denn das ist das Tüchsen-Credo: So einzigartig die Menschen sind, so individuell sollte sich auch ihr letzter Weg gestalten – ob in aller Ruhe oder als Party.
“Ort für Gemeinschaft”
Der WandelRaum soll mehr bieten als ein Bestattungshaus, so Tüchsen: „Es soll wie ein offenes Wohnzimmer mit verschiedenen Angeboten für die Menschen in Oespel und Umgebung sein.“ Entsprechend ist insbesondere der vordere Teil des Ladenlokals eingerichtet. Um ein Hängesofa gruppieren sich drei Sitzmöbel, die das Team aufgrund der Form ihrer Polster “Muschelsessel” getauft hat. Eine Bar fungiert als Raumtrenner und dahinter sowie im Raum verteilt stehen Tische und Stühle. Wichtig war es der Bestatterin, dass das Interieur beweglich bleibt. “Weil der Raum an sich sehr wandelbar ist”, lässt er sich an die jeweils auf dem Programm stehenden Veranstaltungen anpassen: “Ich will, dass das ein Ort ist für Gemeinschaft. Das steht für mich über allem.”
So will sie den WandelRaum durchaus für Trauer- und Abschiedsfeiern öffnen, aber auch Workshops und andere Veranstaltungen plant sie hier. Auch Kinder sollen dabei im Fokus stehen. Ihre Kollegin in der Bestattung Stephanie Harwart denkt dabei beispielsweise an ein Plätzchenbacken in der Adventszeit.
Ein solches Vorhaben war in dem engen Ladenlokal in Hombruch, in dem der WandelRaum zuvor beheimatet war, kaum möglich. Von dort mitgebracht hat Patricia Tüchsen jedoch das Angebot individueller Rituale, für das sie ausgebildet ist. “Sehr offen und frei” wollen sie und ihre Kolleginnen die Wünsche der Menschen entgegennehmen. “Hey, ich habe die und die Situation in meinem Leben. Könnt ihr mich dabei begleiten”, stellt für sie einen realistischen Auftrag dar.
Familienfotografie vom Wochenbett bis zum Abschied
Für die Begleitung hat die Bestatterin ihre eigenen Kompetenzen und die ihrer direkten Kollegin um das Know-how zweier Kooperationspartnerinnen ergänzt. So kann, wer im WandelRaum Unterstützung sucht, Jenny Jordan beauftragen, im Rahmen der Familienfotografie den eigenen Alltag zu dokumentieren. Dabei kann es laut der Fotografin um’s “Zähneputzen, Kochen, zusammen Essen” gehen oder auch um besondere Lebenssituationen. Besonders versiert ist Jordan im Bereich der Dokumentation des Wochenbettes, wo es für ihre Fotos ebenso wie in anderen Lebenslagen “so roh und echt wie möglich” zugehen darf, wie sie betont. Und da auch der Tod zum Leben gehört und die Fotografin sich “allen Spektren und Gefühlen des Lebens” widmen will, bietet sie in Zusammenarbeit mit dem WandelRaum nun auch Abschiedsfotografie an. Hierfür ist sie auf der Suche nach Menschen, die sich beim Abschied, beim Sterben oder bei dem Danach fotografieren lassen möchten, überzeugt davon, dass ein Abschied in Bildern die “Trauerverarbeitung” unterstützen kann.
Trauerbegleitung in Bewegung
Auf die Trauerbegleitung ist Meike Naumann spezialisiert. Mit Maja, ihrem “Trauer- und Trostmobil”, einem umgebauten Campingbus, sucht sie mit den Hinterbliebenen “Orte auf, die mit den Verstorbenen in Verbindung waren”. Gleichzeitig “bin ich der Auffassung, dass viel Bewegung, viel Laufen unheimlich wichtig ist in der Trauer” – ebenso wie der Kontakt zu Natur und Tieren. Daher arbeitet sie mit der Bochumer Alpakafarm “Königs-Alpakas” zusammen, wo sich Trauernde zwischen den Tieren bewegen können, um ungestört “zu sprechen, zu schweigen, zu weinen, zu lachen”. Wer sich nach der Phase der akuten Trauer allmählich gefestigter fühlt, findet bei Meike Naumann Begleitung bei der Klärung der Frage: “Wo stehe ich gerade, wo will ich hin?”
“Standort für alternative Bestattungen”
Als Patricia Tüchsen und Stephanie Harwart das Ladenlokal an der Borussiastraße angeboten wurde, griffen sie laut Tüchsen zu, “weil wir uns dachten, ein neuer Standort für alternative Bestattungen wäre doch ganz gut”. Dabei legt Harwart Wert darauf zu erwähnen: “Wir wollen was für’s Dorf machen.” Zur Verfügung stehen die Bestatterinnen allen Interessierten an der Borussiastraße 16 ab sofort nach individueller telefonischer Absprache. Gleichzeitig öffnet Tüchsen am Hombrucher Bestattungshaus Giese weiterhin nach Terminvereinbarung die Türen.