Akustische Aspekte dürften beim Planen von Zollerns Maschinenhalle vor mehr als 120 Jahren eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Doch siehe bzw. höre da: Dortmunds „Kathedrale der Industriearchitektur“ funktioniert auch ausgezeichnet als Konzertsaal!
Überzeugen dürfen sich die Menschen hiervon rund alle zwei Jahre, Pandemien selbstverständlich ausgenommen – denn in diesem Turnus erscheint Bövinghausens „Sinfonischer Projektchor“ auf der Bildfläche. Dessen erster öffentlicher Auftritt mit Carl Orffs „Carmina Burana“ konnte anno 2017 durchaus als Paukenschlag bezeichnet werden.
Beim Comeback zwei Jahre später dann stand das „Gipfeltreffen großer europäischer geistlicher Hymnen“ mit Werken von Händel, Verdi und Dvorak auf dem Spielplan. Gedreht wurde in beiden Fällen, passend zum Ambiente, das ganz große Rad, hatte Chorleiter Claus Thatje in unermüdlichem Engagement doch nicht nur sein eigenes Ensemble perfekt vorbereitet, sondern darüber hinaus professionelle Solisten sowie Orchestermusiker:innen u. a. aus Reihen der Dortmunder Philharmoniker für ein Bövinghausen-Gastspiel gewinnen können.
Die Jahre 2020 bis 2022 indes setzten den Chören bekanntlich noch mehr zu als ohnehin schon allen Gemeinschaftsprojekten. „Zwischendurch war ich reif für eine psychologische Behandlung“, gestand Claus Thatje dann auch in seinem diesjährigen Schlusswort ans Publikum, hatten Herausforderungen und Rückschläge doch einfach kein Ende nehmen wollen.
Die Entscheidung, sich diesmal mit dem „Collegium Musicum“ der Chorakademie auch stimmlich ein bisschen Unterstützung mit ins Boot zu holen, mag dem Perfektionisten dann auch nicht leichtgefallen sein, war aber vermutlich die richtige Weichenstellung: So trugen nun am 13. Mai wieder etwa 60 Stimmen die Melodien hinaus in die ehrwürdige Maschinenhalle, wobei sich die musikalische Überschrift „Sagenhafter Tanz im Mai“ diesmal ganz der aktuellen Jahreszeit widmete.
In diesem Rahmen brachten Chor, Orchester sowie Solisten in mehr als zwei Stunden reiner Auftrittszeit Werke von Walzerkönig Johann Strauss und Edvard Grieg, Mendelssohns „Walpurgisnacht“ sowie Alexander Borodins „Polowetzer Tänze“ über die Rampe. Das Publikum ließ sich von den mal treibenden, mal melancholischen, jedoch immer gefühl- sowie kraftvoll vorgetragenen Klängen einhüllen und bekam durchgehend beste Unterhaltung serviert. Der lange Schlussapplaus war verdienter Lohn und die Bestätigung, dass alle Anstrengungen sich gelohnt hatten.
Ein sichtlich erschöpfter Claus Thatje – schließlich hat der Sinfonische Projektchor jeweils exakt eine Chance, die Früchte der langen Arbeit zu ernten – richtete den Blick allerdings anschließend auch gleich wieder nach vorne: Auch diesmal ist bei den Bövinghausern nach dem Projekt vor dem Projekt, und darüber hinaus darf bei der nächsten Bühnenrückkehr in zwei Jahren bereits das zehnjährige Bestehen gefeiert werden.
Dessen Motto wird „Kreislauf des Lebens“ lauten, sich zwei weltbekannten Werken widmen, und gleichzeitig auch für den Chor eine Art Kreis schließen: Steht doch neben Mozarts Requiem mit Orffs „Carmina Burana“ erneut der Premierenerfolg von 2017 auf dem Zettel.
Selbstverständlich freut sich das Ensemble – jetzt, da alle Beschränkungen über Bord geworfen werden konnten – auch jederzeit über weitere Verstärkung. Stimmen mit ein wenig Erfahrung und der nötigen Begeisterung sind daher herzlich eingeladen, sich unter 0231/ 69 86 02 mit Jürgen Thatje in Verbindung zu setzen oder mittwochs um 19.45 Uhr bei den Proben im Emil-Wefer-Haus, Saturnstr. 13, in Bövinghausen vorbeizukommen. Seinen Probebetrieb nimmt der Chor am 20. September wieder auf.