Der Tanzboden aus OSB-Platten ist noch da und wer hinter den Vorhang an der Bühnenrückwand linst, schaut sich selbst ins Gesicht, denn auch den Ballettspiegel hat Marco Rudolph an Ort und Stelle belassen. Ein Tanzstudio ist das Ladenlokal im Erdgeschoss der Musikschule Crescendo jedoch schon lange nicht mehr. Kulturell ist es hier aber geblieben, organisiert Rudolph doch seit 2019 in seinem Wohnzimmer Live Im Piepenstock an jedem Wochenende Konzerte. Da die Schildstraße nicht die erste Heimat seines Musikprogramms ist, feiert dieser Kulturort in diesem Jahr zehnjähriges Jubiläum.
Ein funktionierendes Musikprogramm
Bis 2018 trug Rudolphs Veranstaltungsort als Teil des Vereins Wir am Hörder Neumarkt den sprechenden Namen „Neumarkt-Wohnzimmer Haus Rode“. Aber „da gab es Reibungen“, formuliert Rudolph, weshalb der Musiker bald mit seinem Kollegen aus der „Groove Family“ Rüdiger Philipp ins Gespräch kam. Dessen Exfrau Dagmar Bangert gehört die Musikschule – und auch das Ladenlokal im Erdgeschoss. „Und dann haben wir uns geeinigt“, fasst Rudolph die Vertragsgespräche zusammen. „Dann war das ein fliegender Wechsel: 2018 aus dem Haus Rode raus, 2019 ins Piepenstock rein.“
Im Gepäck hatte Rudolph damals bereits ein funktionierendes Musikprogramm. Jeden Freitag und Samstag gibt es hier Konzerte unterschiedlicher Musikrichtungen und ab und an „Ausnahmekonzerte an Donnerstagen“. An ihr Geld kommen die Musiker:innen dabei „auf Hut“, aber Rudolph leistet vor jedem Konzert Überzeugungsarbeit. So könne man „sich bei McDonald’s für 12,50 Euro kulinarisch erniedrigen lassen“ oder aber Kunst finanziell angemessen wertschätzen. Offenbar funktioniert dieses Vorgehen aus Sicht der Kunstschaffenden, kämen viele von ihnen doch wieder, um ihre Musik zu präsentieren, erzählt Rudolph: „Da es den meisten hier sehr gut gefällt, kommen immer wieder neue Wiederholungstäter dazu.“
Er selbst verdient sein Geld mit den Getränken und Snacks, die er während der Veranstaltungen verkauft. Als ehemaliger Koch beim Schultenhof, wo er „den richtigen Kochschliff bekommen“ habe, biete er stets eine frische Suppe, Frikadellen und Currywurst an: „Es ist alles hausgemacht.“
Kultur mit Musik im Fokus
Die nächsten Monate sind in Sachen Musik auf jeden Fall gesichert: „Das ganze Jahr ’24 ist schon durchterminiert.“ Im Kalender stehen die bekannten Wochenendkonzerte um 20 Uhr und das „offene Mikro“ am 1. Donnerstag im Monat ebenso wie „nicht regelmäßige Formate“ wie der „Nachtsalon der Liedermacher:innen“ am 29. Februar um 19.30 Uhr und Kammerkonzerte an Sonntagen „erstmal in loser Folge“. Auch die etwa vierteljährlich wechselnden Kunstausstellungen im Wohnzimmer will Rudolph beibehalten. Nach Michael Wienand und Max Klemann im vergangenen Jahr sind momentan die leuchtenden Werke von Rüdiger Philipp zu sehen. Lesungen hat Rudolph ebenfalls im Blick, auch wenn diese nicht auf allzu viel Resonanz stoßen: „Das ist so ein Pflänzchen, das muss man regelmäßig gießen.“
Nun aber geht es erst einmal mit Musik weiter, sind doch am Freitag (9.2.) um 20 Uhr die halbakustischen Rock- und Pop-Cover von „Trials of Life“ und am Samstag (10.2.) die „Groove Town Rebels“ mit ihren Covern aus den Siebziger- und Achtzigerjahren im Wohnzimmer zu hören. Und auch der März startet mit Musik: Am 1.3. gibt es mit „Hugoonion“ Rock auf die Ohren.
Die weiteren Termine:
16.02. Stackville Street – Lieder aus Irland
17.02. Anne SeeYou
22.02. Strings & Tales The Human Factor, CD-Release-Konzert
29.02. Nachtsalon der Liedermacher:innen
01.03. Hugoonion – Rock
02.03. Deframes – Blues
07.03. Offenes Mikro
08.03. Two Tix Faster – Rock-Cover
09.03. Stereo Bandits – Rock
15.03. Rawsome Delights
16.03. Carnoster Crew – Rock
22.03. Jonato – Rock
23.03. Crossroads – Blues-Rock-Cover