Nicht umsonst fordern Politiker*innen immer wieder in verschiedenen Kontexten, die Bürokratie herunterzufahren, um staatliche Leistungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denn selbst mit Hochschulabschluss sind viele Antragsformulare kaum zu durchschauen – so stellenweise auch der Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis. Aus diesem Grund veranstaltete der Nachbarschaftstreff Menglinghausen der Diakonie im Februar einen Informationsnachmittag zum Thema.
Als ehemalige Schwerbehindertenbeauftragte in einem großen Unternehmen erklärte sich Petra Schulz bereit, die Interessierten darüber zu informieren, „welche Probleme es beim Ausfüllen dieser Anträge gibt“. Zunächst einmal Grundsätzliches: „Ich kann einen Antrag stellen, wenn ich ein halbes Jahr ein Handicap habe, was ich nicht beheben kann.“ Das notwendige Formular steht dann online zum Download zur Verfügung und liegt in vielen Behörden aus.
Darüber hinaus sind die Seniorenbüros Ansprechpartner bei Fragen zur Schwerbehinderung und auch Ulrike Klotz von Nachbarschaftstreff bietet eine Ausfüllhilfe innerhalb der wöchentlichen Sprechstunde an.
Viele vernachlässigen zum Beispiel, die persönliche Steueridentifikationsnummer einzutragen, die jedoch elementar wichtig ist. Denn ohne diese Nummer kann das Finanzamt eventuelle Steuervergünstigungen im Rahmen des jährlichen Umsatzsteuerbescheides nicht berücksichtigen.
Grundsätzlich am wichtigsten sind aber die „Angaben zu Ihren Gesundheitsstörungen“. Beim Ausfüllen dieses Bereichs sollte man sehr genau über folgende Frage nachdenken: „Was bringt mir den Nachteil und welche Probleme ergeben sich daraus?“ „Es geht immer um die Einschränkungen, die man dadurch hat“, betont Schulz.
Dass diese Einschränkungen existieren, ist das eine. Für das Versorgungsamt relevant sind aber die Berichte, die die Behörde im Rahmen der Antragsprüfung bei den einzelnen ÄrztInnen anfordert. Der Antrag muss so formuliert sein, dass er sich inhaltlich mit den Angaben aus den Berichten deckt. Konkret bedeutet dies: Ohne Arztbesuche innerhalb der letzten zwei Jahre ist ein Antrag nutzlos. Als besonders schwierig stellt sich hier der Bereich der psychischen Erkrankungen dar, da diese viele Faktoren haben können. „Die Seele ist das Geheimnis des Menschen“, sagt Schulz.
Aber „wir bestehen ja nicht aus einzelnen Teilen, sondern wir sind ein Mensch mit Leib und Seele“, weshalb sich die Einschränkungen häufig auf eine Kombination verschiedener Beschwerden zurückführen lassen. Wer die Ursachen für die einzelnen „Gesundheitsstörungen“ nicht kennt, sollte den Bereich der Ursachenziffer schlicht offenlassen. Auch ob die Berichte über die einzelnen Einschränkungen dem Hausarzt vorliegen, ist häufig unbekannt. Sicherheitshalber sollte man hier „nein“ ankreuzen.
Wer hingegen einen Krankenhausaufenthalt hinter sich hat, sollte sich in jedem Fall den entsprechenden Bericht geben lassen und diesen gegebenenfalls dem Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis beifügen. Besonders wichtig ist es aber, die Felder zum stationären Aufenthalt sehr sorgfältig und vollständig auszufüllen.
Doch ungeduldig werden sollte man in keinem Fall. Gegebenenfalls erhält der oder die Antragstellende erst nach zwei bis drei Wochen eine Eingangsbestätigung. Dringende Gründe für eine Beschleunigung des Verfahrens liegen übrigens nur äußerst selten vor. Wer zum Beispiel kurz vor dem Renteneintritt steht, sollte sich auf jeden Fall eine Beratung im Seniorenbüro oder im Nachbarschaftstreff einholen. Auch was hinter den einzelnen Vermerken steckt, die hier ebenfalls beantragt werden können, gestaltet sich sehr komplex. Wer sich selbst einarbeiten möchte, findet die „Versorgungsmedizin-Verordnung“ auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Das Seniorenbüro Hombruch bietet montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr eine offene Sprechstunde an, die derzeit ausschließlich telefonisch durchgeführt wird. Das Büro ist unter der 0231/5028390 erreichbar.
Ulrike Klotz vom Nachbarschaftstreff Menglinghausen, der derzeit ebenfalls geschlossen ist, ist unter der 0178/6617503 erreichbar.