Dass Menschen das HSP-Areal regelmäßig und in großer Menge bevölkerten, ist inzwischen ein Weilchen her. Diese Gunst der Stunde wiederum nutzt, wie es aussieht, momentan eine andere Spezies. Nach und nach hat sich das Brachgelände nämlich im Laufe der letzten anderthalb Jahre offenkundig zum Katzen-Revier gemausert, auf dem so mancher ambitionierte Kater eifersüchtig sein Revier absteckt.
Was idyllisch klingt, hat allerdings auch schnell Schattenseiten – kann doch solch eine Samtpfoten-Population im Handumdrehen unglaubliche Ausmaße annehmen: Vielleicht ist der Zuwachs nicht ganz so exponentiell wie beim berühmten Schachbrett-Reiskorn-Beispiel, aber auch seriöse Schätzungen gehen von 265.000 (!) Nachkommen pro Tier im Laufe von zehn Jahren aus, sofern nie ein Tier sterilisiert würde.
Der Garten hinter Athanasia Giannakakis Wohnung grenzt an das ehemalige Hoesch-Areal, so dass sie die Entwicklung täglich direkt im Blick hat. Nachdem die Tierfreundin für eine der Streunerinnen vor ein paar Monaten einen Napf mit Futter bereitstellte, sind immer mehr Artgenossen auf den Geschmack gekommen. Rannte Frau Giannikaki bei den Nachbarn mit dieser Taktik anfangs keine offenen Türen ein, hat der Wind mittlerweile gedreht – denn so lange die Katzen auf dem HSP-Areal auf Erfolgskurs sind, muss man in der Umgebung keine Angst vor einer Rattenplage haben. Dennoch: Nachdem bereits einige der Tiere im Laufe der letzten Zeit auf der Rheinischen Straße buchstäblich unter die Räder kamen, muss ihrer Meinung nach etwas passieren.
Aus diesem Grunde hat sich die 47-Jährige inzwischen hilfesuchend und mit Erfolg an den Dortmunder Katzenschutzverein gewandt. Sowohl dieser als auch das „Veterinäramt“ (eigentlich: „Arbeitsgruppe für das Veterinärwesen“ im Ordnungsamt) sind in derlei Fällen die richtigen Adressaten, und kümmern sich um das Einfangen, die Sterilisation sowie das anschließende Wieder-Auswildern der betreffenden Tiere.
Höchste Zeit auch aus Sicht von Athanasia Giannakaki, die den offiziellen Stellen ihrerseits Unterstützung zugesagt hat. „Wenn mir der Anblick gefangener Tiere sicherlich auch schwerfallen wird“, wie sie eingesteht. Sollte die Aktion der Katzenschützer erfolgreich sein, wird es zwar in dieser Zeit ohne öffentliche Veranstaltungen auch vorbei sein mit der vielzitierten Katzenmusik, denn nur nicht-kastrierte Kater fühlen sich zum Troubadour berufen.
„Und sie glauben gar nicht, wieviele Konzerte uns hier im Garten vor einigen Wochen schon gegeben wurden“, lacht Frau Giannakaki. Dafür allerdings dürfte so manchem der Tiere ein würdeloses Ende erspart bleiben.
Der Dortmunder Katzenschutzverein geht von bis zu 15.000 streunenden Tieren auf Dortmunder Stadtgebiet aus, und weist darauf hin, dass für sog. „Freigänger“ mit menschlichem Besitzer seit Februar 2020 eine Melde-, Impf- und Chippflicht besteht. Der spendenfinanzierte Verein, der pro Jahr etwa 100.000 € alleine für Tierarztkosten aufwendet, ist durchgängig auf der Suche nach Pflegestellen. Interessierte können sich per Mail an wenden.