Ist es der Feuervogel Phoenix, der aus dem dunklen Zementboden ausbricht und triumphierend in Hörder Höhen steigt? Oder ist es gar das Stahlwerk Hoesch, das vor über 30 Jahren seinen traurigen Abschied nahm, jetzt aber wie Phoenix aus der eigenen Asche steigt und einen überwältigenden Neuanfang feiert? Wohl beides und auch keines von beiden: Mit „Phoenix des Lumières“ – den „Glanzlichtern von Phoenix“ – wird am Samstag, 28. Januar 2023, in der ehemaligen Gasgebläsehalle auf Phoenix-West ein erstes und einmaliges Zentrum für digitale Kunst in Deutschland eröffnet.
Und tatsächlich scheint sich die rund 2200 Quadratmeter Grundfläche zu bewegen, gibt Raum frei für Quellen überwältigender Farbspiele, die sich unter den Klängen einer Beethoven-Symphonie, oder zu einem Chopin-Konzert oder mit Puccinis „Madame Butterfly“ den Weg suchen zu den 5600 Quadratmetern an Projektionsfläche der bis zu 13 Meter hohen Hallenwände. Und dort entwickelt sich jetzt der „Kuss“ von Gustav Klimt (Öl auf Leinwand, Wien, 1908), bis er seine Leidenschaft, seinen Traum, seine Sehnsucht auf die lichte Höhe und vielleicht zehn Meter Breite vollendet: Frau und Mann, goldener Hintergrund, bunte Kreise, traumvollendet – ja, einen solchen Kuss wünscht man sich genau zu diesem Zeitpunkt.
Dann färbt sich der Boden rot, feuerrot – ist es das Rot der Hochofen-Schlacke, die den Dortmunder Himmel im vergangenen Jahrhundert immer wieder unverkennbar färbte und jetzt aus dem Boden quillt? Nein, es tauchen mehrere Farben auf, streben aus den Mauerritzen wieder nach oben – dort ein Gesicht, dann noch ein Gesicht, noch ein Gesicht – dämonisch, schrecklich-schön – die Selbstporträts eines Egon Schiele, interpretiert von den Klavierklängen eines Sergei Rachmaninov.
Ja, und dann wird es grün. Man hört die Kräuter wachsen, aus dem Boden der Gebläsehalle schießen Blumen in die Höhe, der Maler Friedensreich Hundertwasser gibt der Sonne ein Gesicht, die nach und nach inmitten der bunten Häuser wohnt. Und was ist das? Plötzlich erscheint das ausschließliche „Gras-Bild“ von Hundertwasser, dem er diesen Titel gegeben hat: „Gras für die, die auf dem Lande weinen“. Da und schon vorher kommen auch dem Betrachter die Tränen, Tränen der Rührung, des tiefen Eindrucks und der Freude. Dass für Wucht und Wirkung eigentlich 110 Videoprojektoren, 28 Lautsprecher und 10 Subwoofer sorgen, erscheint da fast nebensächlich.
Bei dem französischen Betreiber dieser nun dauerhaften Einrichtung auf dem Phoenix-Platz in Hörde handelt es sich um „Culturespaces“ (Raum und Platz für Kunst), ein Unternehmen, das ähnliche Projekte bereits in Paris, Bordeaux, New York, Seoul, Dubai und Amsterdam betreibt. Auf einer Pressekonferenz kündigte Bruno Monnier, Gründer und Präsident von „Culturespaces“, jetzt die Eröffnung von „Phoenix des Lumières“ für den 28. Januar 2023 an. Tickets gibt es bereits online.
Großen Wert legt Monnier auf eine pädagogische Zielrichtung: „Wir möchten gerne unsere Kunst, die Bilder, die Musik mit vielen Menschen teilen. Mit Menschen teilen, die sonst nur schwer Zugang zur Kunst finden.“ Vor allem aber gelte: „Wir streben an, gerade benachteiligten Kindern den Zugang zur Kunst zu ermöglichen und ihre Kreativität zu wecken.“ Da staunen dann auch Kinderaugen, schließlich wurde zu diesem Zweck in Frankreich bereits eine Stiftung ins Leben gerufen.