„Wir sind Vergangenheit und Zukunft und Gegenwart. Mein Vater hat bei Hoesch gearbeitet und ich mache jetzt dieses Projekt.“ Prinzipiell könnte die Künstlerin Silvia Liebig sich daher selbst als autobiografisches Moment in ihr neues Projekt einfügen. Denn bei der Idee, die sie mit dem Verein Hörde International entwickelt hat, geht es um Hörder Geschichten, um Geschichten aus Hörde und um deren Konkretisierung im Hörder Stadtbild.
Mit einem Audioaufnahmegerät wird Liebig Stimmen von Menschen in Hörde einfangen, die ihre Geschichte erzählen. Anschließend sollen Kunstschaffende die Inhalte an fünf Fassaden im Stadtteil über Wandbilder sichtbar machen. Nun hat das Land dafür 169.000 Euro zur Verfügung gestellt. „In der Tat, heute gibt’s Geld – und gar nicht so wenig – für dieses Projekt“, so Ministerin Ina Scharrenbach, die Mitte März die Anerkennung ihres Ministeriums überbrachte.
Die „Motoren und Motorinnen“
Mithilfe der Gelder kann „eine Idee jetzt konkret werden“, stellte Jochen Deschner von Hörde International fest, der mit Liebig dieses coronakonforme Kunstformat entwickelt hat. Ursprünglich nämlich war eine „Sprachkabine“ im Rahmen des Hörder Brückenfestes geplant, das nun im dritten Jahr hintereinander – 2019 fand der Evangelische Kirchentag statt – ausfallen muss. Dort sollten die Menschen „erzählen, was sie verbindet, warum sie sich in Hörde zuhause fühlen. Daraus entstand der Name des Projektes ,Brückengeschichten’“, wie es in der entsprechenden Pressemitteilung der Stadt Dortmund heißt.
Nun denn: „Es wird audiovisuell, es wird digital“, fasst Scharrenbach zusammen. Trotzdem sind für sie die Menschen „das Entscheidende“. Damit meint sie die Menschen mit „diesem alten industriellen Herz“, dem „Stahlherz“, „das auch immer schlagen wird“, die von ihrer Heimat im Strukturwandel erzählen werden. Damit meint sie aber auch die „Motoren und Motorinnen“ des Projektes, „diese positiv verrückten Menschen“, die die „Brückengeschichten“ erdacht haben und vor Ort umsetzen werden.
Die Hauptmotorin Liebig freut sich besonders über die Unterstützung – auch durch die Bezirksvertretung Hörde, die sich ebenfalls an der Finanzierung beteiligen wird, und die Stadtteilagentur, die die Akquise der Fördergelder in die Hand genommen hat: „Ich könnte Sie alle küssen, dass wir das zusammen machen!“
Fassaden gesucht
Nun macht sich Liebig mit Hörde International und der Stadtteilagentur auf die Suche nach fünf passenden Fassaden in Hörde. Diese müssen fensterlos sein und „je größer, desto besser“, so Rolf Martin von der Stadtteilagentur. Entscheidend ist außerdem, dass die Eigentümer*innen bereit sind, innerhalb der nächsten zehn Jahre auf einen neuen Anstrich zu verzichten. Ab Herbst 2022 sollen die Wandbilder nämlich zehn Jahre lang sichtbar sein. Wer möchte, wird sich während der Betrachtung die entsprechenden Hörstücke über eine App anhören können.