In einer Pressemitteilung veröffentlichen die Naturschutzverbände das Schreiben, das sie am 23. Februar 2021 an das Stadtplanungs- und Bauordnungsamt der Stadt Dortmund übermittelt haben und nehmen anschließend Stellung zu dem Bauvorhaben.
… Die Stellungnahme ergeht in Abstimmung und gemeinsam mit den beiden anderen anerkannten Naturschutzverbänden Naturschutzbund Deutschland – Stadtverband Dortmund e.V. (NABU) und Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW e.V. (LNU). Die Naturschutzverbände lehnen das Vorhaben als unverhältnismäßig starken und vermeidbaren Eingriff ab. Wir nehmen Bezug auf unsere Stellungnahmen vom 17.1.2020 und 20.8.2020. Wir
schließen uns den einstimmigen ablehnenden Voten der Bezirksvertretung Hombruch und des Naturschutzbeirates an. Deren Beschlüsse mit Begründungen übernehmen wir.
Auszug aus der Niederschrift der 3. Sitzung der BV Hombruch am 26.1.2021
Die Fraktionen nehmen bei Beratung der Vorlage wie folgt Stellung:
Die SPD-Fraktion lehnt die Vorlage ab.
Bereits im Kommunalwahlprogramm hat die SPD der Bebauung von Brachflächen und Lückenschliessung den Vorrang gegeben vor der Bebauung von Freiflächen oder gar ökologisch wertvoller Flächen. Aus Sicht der SPD handelt es sich bei dem in Frage kommenden Gebiet um eine ökologisch besonders wertvolle und sensible Fläche, so dass allein aus diesem Grunde schon eine Bebauung nicht in Frage kommt. Die starke Versiegelung des Baugeländes durch die Bebauung steht in einem großen Missverhältnis. Die verkehrliche Erschließung über den Seilbahnweg ist in keinster Weise nachvollziehbar und nicht abzuwickeln. Nur wenige Bäume werden erhalten, was untragbar ist.
Aus Sicht der SPD-Fraktion handelt es sich eindeutig um eine bezirkliche Maßnahme und sollte im Bezirk entschieden werden. Eine gesamtstädtische Sicht ist bei 100 Wohneinheiten nicht gegeben. Auch das gesamtstädtische Ziel, 20.000 Wohneinheiten in 10 Jahren zu schaffen, widerspricht der
Ablehnung dieses Vorhabens nicht. Der Stadtbezirk erfüllt seine Quote davon bereits mit den bislang angestoßenen Bauvorhaben. Die SPD-Fraktion schließt sich den Argumenten der Naturschutzverbänden voll an.
Die Fraktion B90/Die Grünen lehnt diese Vorlage ebenfalls ab mit Hinweis auf die Bedenken der Naturschutzverbände und das kommunale Wahlprogramm von B90/Die Grünen.
Der Rüpingsbach liegt zudem zwar nicht im Gebiet der geplanten Bebauung, aber definitiv im Einzugsgebiet des Baugebietes und ist frisch renaturiert. Baumaßnahmen würden die Renaturierung wieder zunichtemachen. Die verkehrliche Erschließung wird problematisch gesehen, da Straßen in Richtung einer geplanten Brücke führen, die erst wasserrechtlich genehmigt werden muss und dadurch aber schon Fakten geschaffen werden.
Die CDU-Fraktion wird der Vorlage ebenfalls nicht zustimmen.
Auch wenn es nicht explizit im Wahlprogramm der CDU enthalten war, kann die CDU-Fraktion die Einwände der Anwohner und Naturschutzverbände nachvollziehen, insbesondere was die Versiegelung angeht aber auch die verkehrliche Situation „Am Spörkel“. Dies führt aus Sicht der CDU zum Verkehrschaos, was nicht akzeptabel ist und die CDU-Fraktion bleibt bei ihrer bisherigen Linie, dieses Bauvorhaben abzulehnen.
Auszug aus der Niederschrift der 34. Sitzung des Beirates bei der unteren Naturschutzbehörde der Stadt Dortmund am 3.2.2021
Der Beirat lehnt die Vorlage ab und bezieht sich dabei auf seinen einstimmigen Beschluss vom 4.9.2019 und den ebenfalls einstimmigen ablehnenden Beschluss der Bezirksvertretung Hombruch vom 26.1.2021. Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um einen unverhältnismäßig starken und vermeidbaren
Eingriff. Die jetzt erfolgte Erhöhung der Anzahl der Wohneinheiten von 80 auf 104 ist in keiner Weise nachvollziehbar und verstärkt den erheblichen Eingriff in diesen ökologisch wertvollen Landschaftsraum in der Nähe des Naturschutzgebietes „An der Panne“.
Der Beirat weist insbesondere auf die kritische Nähe zum renaturierten Rüpingsbach hin, der nicht nur durch die Bebauung selbst, sondern durch erhöhten Nutzungsdruck, der durch die geplante Brücke über den Rüpingsbach entsteht, verstärkt würde. Das Umweltamt hatte deshalb ein Abrücken
der Bebauung vom Rüpingsbach gefordert, was im Planentwurf aber nicht berücksichtigt wurde. Ferner weist der Beirat auf den erheblichen Eingriff in die Bodenstruktur durch die geplanten Aufschüttungen bin zu einer Höhe von 2,60 Metern hin.
Das geplante Baugebiet ist ein bedeutendes Element innerhalb eines vom Landesumweltamt ausgewiesenen Biotopverbundsystems und ein wichtiger Wanderungskorridor für bodenlebende Tiere. Der Vernetzungsbereich reicht vom Grotenbach über den Kirchhörder Bach bis zur Emscher in den Dortmunder Nordwesten. In neuen Landschaftsplan ist der Bereich als Verbindungselement zum Naturschutzgebiet „An der Panne“ dargestellt, dem eine hohe Bedeutung als Brut- und Rückzugsraum für Amphibien und Vögel zukommt. Die geplante Brücke über den Rüpingsbach würde
diesen Eingriff noch verstärken, zumal dieser ein potenzielles Brutgebiet für Eisvogel, Gebirgsstelze und Wasseramsel ist.
Zwar haben die Gutachter aufgrund der Anregungen der Naturschutzverbände das Untersuchungsgebiet um die angrenzenden Gärten und den Rüpingsbach erweitert. Sie erhoben aus diesen Bereichen aber keine Daten, sondern griffen lediglich auf Quellen des NABU und sonstiger Eingaben zu. Aus der Sicht des Beirates sollte auch der Bereich des Seilbahnweges sowie das Gelände des Hotels Lennhof und der Südteil des NSG „An der Panne“ in den Untersuchungsraum einbezogen werden. Der Umweltbericht enthält weder ein Fledermausgutachten, noch eine Amphibienuntersuchung. Die angeführten Daten stammen ausschließlich aus stichprobenartigen Begehungen durch den ehrenamtlichen Naturschutz.
Der Beirat kritisiert die fehlende Prüfung von Alternativstandorten im Stadtbezirk Hombruch. Kritisch sieht der Beirat, dass ohne Vorliegen von Planrecht bereits mit der Veräußerung der Grundstücke begonnen wurde. Der städtebauliche Erschließungsvertrag zwischen Investor und Stadt soll bereits im März 2021 in die politischen Gremien.
Die Naturschutzverbände kritisieren:
Untersuchungsraum zu eng gefasst
Das vom Planungsbüro bearbeitete Untersuchungsgebiet ist in der aktuellen Form zu klein. Mit der Aufnahme des Seilbahnweges in den Planbereich muss sich auch die zu untersuchende Fläche nach Süden erweitern, und zwar mindestens 100 m südlich des Seilbahnweges. Im Norden ist die gesamte Fläche des Gasthofes Lennhof mit einzubeziehen. Ferner stellt es einen erheblichen Mangel dar, dass die für Fußgänger und Radfahrer geplante Brücke über den Rüpingsbach (außerhalb des B-Planes) nicht in die Betrachtung der ökologischen Auswirkungen des Gesamtprojekts einbezogen wird. Wir halten dieses Projekt für nicht genehmigungsfähig, weil es erheblich in den Rüpingsbach eingreift. In jedem Fall muss das Brückenprojekt in den Umweltbericht aufgenommen werden.
Gesetzlich geschützte Biotope gemäß § 30 BNatschG und § 42 LNatSchG
Die vom ehrenamtlichen Naturschutz kartierten Pflanzen lassen vermuten, dass es sich hier um ein gesetzlich geschütztes Biotop gemäß § 30 BNatschG und § 42 LNatSchG handelt. Aus unserer Sicht handelt es sich um einen Biotoptyp „Auwaldrest mit temporärem Feuchtgebiet“ (nachgewiesen sind sowohl Grasfrosch als auch Erdkröte). In der Kartierung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) von 2016 ist dieser Bereich zwar nicht enthalten, allerdings hat sich dieser Bereich durch die ökologische Umgestaltung des Rüpingsbaches in den letzten Jahren positiv entwickelt. Wir regen deshalb an, diese Fläche auf ihre Schutzwürdigkeit als gesetzlich geschützter Biotop durch das LANUV oder die Biologische Station Unna/Dortmund zu untersuchen.
Schutz der Gewässerrandstreifen gemäß § 90a Landeswassergesetz NRW
Ferner weisen wir auf den gesetzlichen Schutz der Gewässerrandstraßen gemäß § 90a Landeswassergesetz NRW („Schutz der Gewässerrandstreifen“) hin. Dort heißt es: „Der Pflege und Entwicklung der Gewässer soll auch der Schutz der Gewässerrandstreifen dienen. Gewässerrandstreifen dienen dazu, den Zustand des Gewässers zu erhalten und zu verbessern sowie Einträge aus diffusen Quellen zu vermindern. Der gesetzliche Schutz der Gewässerrandstreifen ist eine in Nordrhein-Westfalen neu eingeführte Schutzkategorie. Der zu schützende Randstreifen ist im Außenbereich (im Sinne des Bauplanungsrechts) zehn Meter breit bei Gewässern erster Ordnung und fünf Meter breit bei Gewässern zweiter Ordnung breit. Der Randstreifen umfasst den an das Gewässer landseits der Uferlinie angrenzenden Bereich. Bei Gewässern mit ausgeprägter Böschungsoberkante bemisst sich der Gewässerrandstreifen ab der Böschungsoberkante. Für Gewässer im Innenbereich (im Sinne des Bauplanungsrechts) ist eine Unterschutzstellung durch Rechtsverordnung erforderlich. Danach kann ein Gewässerrandstreifen von mindestens fünf Metern festgelegt werden.“
Der Rüpingsbach, der sich durch das vorgesehene Gebiet schlängelt, ist zusammen mit Emscher, Körnebach und Roßbach/Dellwiger Bach einer der größten Bäche Dortmunds. Daher sollte die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie in diesem Fall Vorrang haben, die einen mindestens 5 bis 20 m breiten, natürlich unbebauten Gewässerrandstreifen fordert. Ein solcher Gewässerrandstreifen aus Erlen und Weiden oder Röhricht, Hochstauden und Feuchtwiesen ist wichtig für viele Insekten und deren Larven, die im Bach leben. Außerdem dient der Rüpingsbach als Wanderkorridor für Landtiere, die an das Gewässer gebunden sind. Der Rüpingsbach bietet das Potenzial, dass Eisvogel, Gebirgsstelze und Wasseramsel dort am Ufer brüten. Eine Bebauung der Feuchtwiesen in Menglinghausen am Lennhofe würde die einst mit öffentlichen Geldern finanzierte Renaturierung des Rüpingsbaches konterkarieren.“
Bezeichnung „Innenentwicklung“ geht fehl
Im Gegensatz zur Aussage in der Begründung zum B-Plan (Pkt. 2 „Ziel der Aufstellung des Bebauungsplans“ S. 3 und Pkt. 16.3 „Anwendung der Bodenschutzklausel, S. 31) handelt es sich hier nicht um eine Maßnahme der „Innenentwicklung“ oder „Nachverdichtung“. Das geplante Baugebiet liegt im baulichen Außenbereich und damit im Geltungsbereich des alten und neuen Landschaftsplans. Darauf weist auch die Untere Naturschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 8.9.2020 hin. Das Umweltamt hatte mindestens ein Drittel der Fläche im Vorentwurf des Landschaftsplans noch als Landschaftsschutzgebiet dargestellt und erst im Laufe des Verfahrens wieder herausgenommen (s. Abbildung aus Änderungsblatt 36, lfd. Nr.: V-098-22, Entwurf zur öffentlichen Auslegung). Abb. Landschaftsplan-Vorentwurf Grundlage ist
Fazit
Die Naturschutzverbände fordern die ersatzlose Aufgabe der Planung, zumal im Dortmunder Stadtgebiet ausreichend große und weniger sensible Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung stehen. Es ist mehr als befremdlich, dass selbst die Minimalforderungen der Unteren Naturschutzbehörde
nach Auflockerung und Reduzierung der Bebauung bzw. der Wohneinheiten und damit auch der Versiegelung, die Vergrößerung des Gehölzstreifens zum Rüpingsbach auf mindestens 10 m mit Übergabe an die Emschergenossenschaft und die Verschiebung der östlichen Baugrenzen um mindestens 5 m nach Westen von der Planungsverwaltung abgelehnt und von SPD und CDU im Planungsausschuss abgelehnt wurden.
Die Naturschutzverbände hoffen, dass sich die Ratsfraktionen von SPD und CDU dem einstimmigen Votum der Bezirksvertretung Hombruch im Rahmen des Satzungsbeschlusses anschließen.