Katrin Multmeier will mit den Kindern „über den Tellerrand hinausgucken“. Nicht umsonst ist die Widey-Grundschule, die sie leitet, „BNE-Fokusschule“ und somit Teil eines Projektes für Bildung für nachhaltige Entwicklung des Regionalen Bildungsbüros. Im Rahmen des dritten Netzwerktreffens der 25 beteiligten Schulen zum Thema Projektmanagement im Museum für Kunst und Kulturgeschichte trieb Multmeier nun vor allem die Frage um: „Wie kann man Entwicklungsprozesse anstoßen?“ Im Austausch mit den anderen BNE-Fokusschulen traf sie dabei unter anderem auf drei Vertreterinnen der Droste-Hülshoff-Realschule.
Die AG gegen Rechts und der Zechengarten
„Wozu steht man morgens auf?“, stellte eine der Eingangsfragen des Workshops von Olaf Faber vom Frankfurter Verein Mewox dar, den Wiebke Menke zusammen mit ihrer Kollegin Tanja Schwarz und ihrer Schulleiterin Heike Fortmann-Petersen im Rahmen des Netzwerktreffens besuchte. Für die Lehrerin der Droste-Hülshoff-Realschule ist die Antwort eindeutig: „Das ist die AG gegen Rechts.“ In diesem Rahmen hat sie mit den Kindern und Jugendlichen eine Ausstellung über eine jüdische Familien im Dritten Reich entwickelt, die bereits ausgezeichnet wurde. Auch Zeitzeugengespräche gehören zum Arbeitsbereich der AG. Diese Art der Demokratieerziehung ist für Menke fester Bestandteil nachhaltiger Entwicklung – ebenso wie die Auseinandersetzung mit nachhaltiger Ernährung, die ihre Kollegin Tanja Schwarz betreibt.
Im Rahmen des Hauswirtschaftsunterricht bewirtschaftet Schwarz mit den Schüler:innen einen Garten auf dem Gelände der Zeche Zollern „wie das früher die Bergleute gemacht haben“. Konkret bedeutet das, dass die Jugendlichen auf dem „Stück Acker“ Kartoffeln, Zucchini und anderes Gemüse anbauen, ernten und im Hauswirtschaftsunterricht zum Kochen verwenden. Was übrigbleibt, verkaufen sie dann auf den Märkten an der Zeche. So haben sie zum Beispiel beim Herbstmarkt Apfelmarmelade angeboten und wollen für den Gartenkungelmarkt am 22. April Kräutersalz herstellen.
Obst am Mittwoch und „Freiday“ am Freitag
Seit einem Jahr pflegt Schwarz neben der Kooperation mit der Zeche Zollern auch eine Zusammenarbeit mit dem Kirchlinder REWE, wie sie selbst berichtet: „Ich fahre da jeden Mittwoch hin.“ Von diesen Touren bringt sie mehrere Kisten unverkäufliches Obst und Gemüse mit in ihre Realschule Am Sumbecks Holz. Ist beispielsweise eine Zitrone in einem Vierernetz faulig, können die anderen drei noch verwendet werden. Auf diese Weise haben die Schule und REWE gemeinsam bereits 1,6 Tonnen Lebensmittel gerettet, von denen die gesamte Schulgemeinschaft profitiert.
Proaktiv starten Menke und Schwarz so die Projekte, die ihnen am Herzen liegen. Für Schulleiterin Fortmann-Petersen ist diese Freiheit des Kollegiums wichtig für eine gemeinsame Weiterentwicklung. Aber auch die Schüler:innen möchte sie befähigen, „ihre Zukunst anzupacken“. Als einen Baustein nahm sie im Rahmen des BNE-Netzwerktreffens vor allem das Konzept einer Scharnhorster Schule in den Blick. Dort setzt man auf sogenannte „Freidays“, an denen die Jugendlichen selbständig an freien Projekten arbeiten. Perspektivisch kann sich die Schulleiterin das auch für die Droste-Hülshoff-Realschule vorstellen.
Der Spielzeug-Kreislauf und eine Schulstraße
Auch Katrin Multmeier setzt auf die demokratische Entwicklung ihrer Schüler:innen. So gibt es an der Widey-Grundschule bereits Klassenräte und ein Kinderparlament, damit „die Kinder sich wirklich als handelnd wahrnehmen“. Als handelnde Persönlichkeiten stellen sie so beispielsweise Sponsorenläufe für die Ukraine oder die Erdbebenregion in der Türkei und in Syrien auf die Beine oder veranstalten regelmäßige Trädelmärkte. Wenn sie letztere nutzen, um Spielsachen weiterzugeben oder von anderen Kindern zu erwerben, wird ihnen laut Multmeier immer wieder klar: „Es geht in einen Kreislauf“ – und so beginnen sie, nachhaltige Prozesse zu verstehen.
Auf diese Weise entwickeln sie auch Interesse am Umwelt- und Klimaschutz, kommen gern mit dem Fahrrad oder dem Roller oder zu Fuß in die Schule. Als Mitglieder einer Demokratie setzen sie sich jedoch auch für ihre eigenen Rechte ein, die mit dem Verkehr vor ihrer Schule eng verknüpft sind. So verteilen sie beispielsweise immer wieder Blumen an Menschen, die sich auf der Egilmarstraße so verhalten, dass die Kinder sich sicher fühlen. Unterstützend befindet Schulleiterin Multmeier sich im Austausch mit der Stadt, um gegebenenfalls Bringzonen oder sogar eine Schulstraße einzurichten.