Der Deutschunterricht aus der Kindheit und Jugend hat bei vielen heute Erwachsenen eine bleibende Unsicherheit hinterlassen. Das weiß Nicole Radke aus den Gesprächen mit einigen Teilnehmenden ihrer Schreibkurse. „Verfehlt, setzen, sechs“ bilden eine Begriffskombination, die Menschen laut der Schreibgruppenleiterin hemmt, wirklich kreativ zu werden, weil die Schreibenden die Impulse als zu erfüllende Aufgaben verstehen. Diesen Effekt jedoch will Radke mit ihren Teilnehmenden hinter sich lassen, um mit ihrem Angebot „wortüren“ das freie Schreiben zu befördern. Ablaufen soll das Ganze per Brief.
„Schreibimpulse“ als Orientierung statt als Aufgabe
Während ihrer Schreibwerkstätten schreibt Nicole Radke echte Briefe. Auf diesem Weg erreichen ihre „Schreibimpulse“ ihr Ziel. Wohin diese die Teilnehmenden tragen, ist den Schreibenden selbst überlassen, sodass bei 13 Teilnehmenden „13 verschiedene Arten mit diesem Impuls umzugehen“ entstehen. Dabei geht es laut Radke „nicht darum, einen perfekten Text zu schreiben“, sondern, um mit den Worten des „wortüren“-Flyers zu sprechen, um das „Schreiben als Türöffner – zu sich selbst, zu anderen Menschen, ins Land der Phantasie & zu kraftspendenden Inseln im Alltag“.
Die fertigen Texte nehmen anschließend ebenfalls den Postweg – und sei er elektronisch – zurück zur Schreibkursleiterin. Diese verteilt die „kreativen Geschichten“ und Gedichte wiederum an die Gruppe, um ein gegenseitiges Feedback zu ermöglichen, das jedoch ausschließlich „wertschätzend und respektvoll“ ausfallen darf, so der Flyer. Oft hört Radke gerade im Zusammenhang mit dem Verfassen von Gedichten: „Das kann ich gar nicht.“ Aus diesem Grund wählt die Eichlinghofenerin „Formen, die natürlich auch Halt geben beim Schreiben“. Beispielsweise schlägt sie gern vor, ein Pantun zu schreiben. Seine festgelegte Ordnung sich wiederholender Verse bietet Orientierung, ohne dass jemand mit wenig Schreiberfahrung selbst eine Form für ein Gedicht entwickeln muss. Denn „besondere Vorkenntnisse“ benötigen die Teilnehmenden für die Schreibkurse laut Flyer nicht.
Auf diese Weise adressiert Radke eine breite Zielgruppe ebenso wie durch den Weg der Kommunikation über Briefe und E-Mails. Letzterer ermöglicht außerdem eine besondere Form der Teilhabe. Anders als eine Präsenzveranstaltung schließt die „Briefwerkstatt“ auch Menschen ein, die das Haus nicht oder nur zu bestimmten Uhrzeiten verlassen können, „weil sie zum Beispiel 84 sind“ und nicht mehr mobil, weil zu Hause Kinder betreut werden müssen oder weil eine soziale Phobie oder eine ähnliche Einschränkung besteht.
„Schnupperkurs“ startet am 24. Februar
So eröffnet sich einigen wohl zum ersten Mal die Möglichkeit, an einem Schreibkurs teilzunehmen. Doch auch für die Schreibkursleiterin handelt es sich um eine Premiere. Nachdem sie im Jahr 2021 in Zusammenarbeit mit der Familienbildungsstätte (FBS) Coesfeld ihre erste „Schreibwerkstatt in Briefen“ durchführte und sich an gewissen Vorgaben orientieren musste – wobei sich die Mitarbeitenden der FBS „sehr experimentierfreudig“ zeigten, wie Radke sich erinnert – kann sie ihre diesjährigen Schreibwerkstätten „anbieten, wie ich es anbieten möchte“. Ein erster „Schnupperkurs“ mit zwei Briefen von Kursleiterinnenseite startet am 24. Februar, bevor am 24. März die Briefwerkstatt „Schreiben im Frühling“ beginnt. Das Herbst-Pendant folgt ab dem 15. September, bevor das Jahr mit einem Adventskalender mit „24 kleinen Formen für Schreibauszeiten im Advent“ endet, wie der wortüren-Flyer ankündigt.
Anmeldungen für den Schnupperkurs nimmt Nicole Radke bis zum 20. Februar telefonisch unter 0231-7950753 oder per E-Mail an post@wortüren.de entgegen. Informationen zu weiteren Kursformaten finden sich unter wortüren.de.