Sich zu orientieren, fiel den wenigen Einheimischen im kleinen Ort Huckarde sicher nicht schwer. Nicht mehr als 400 Menschen wurden noch anfangs des 19. Jhd. hier gezählt. Nur wenige, eher als Feldwege zu bezeichnende Verbindungswege, waren zur Bewirtschaftung der Felder und zum Transport der Feldfrüchte angelegt worden. Schon im 14. Jhd. war auf einer handgezeichneten Karte eine Straße nach Dortmund als „wege to hukerde/dorpmunde“ eingezeichnet worden. Später nannte man diese wichtige Wegverbindung kurz „Alter Weg“, später dann „Huckarder Chaussee“.
In der Stadt Dortmund hatte man im Jahr 1858 damit begonnen, den bis dahin unbenannten Straßen Namen zu geben. Die Nummerierung der Häuser nach dem Straßenverlauf wurde erst nach der Reichsgründung eingeführt. Vorher wurden die Häuser im Ort in Reihenfolge ihrer Fertigstellung durchnummeriert. So konnte es vorkommen, dass das Haus mit der Nummer 3 neben dem Haus mit der Nummer 123 lag. Als nach der Reichsgründung von 1871 das deutsche Verkehrswesen reformiert wurde, wurde die Nummerierung vereinheitlicht und man legte gleichzeitig Wert auf eher patriotische Straßenbenennungen – und so wundert es nicht, dass die in den Ort Huckarde führende Wegverbindung nach dem Deutschen Kaiser den Namen „Wilhelmstraße“ erhielt.
Der heute als „Rahmer Straße“ bekannte weitere Verlauf hieß zuerst „Dorfstraße“ und wurde dann als „Friedrichstraße“ bezeichnet, nach dem folgenden Deutschen Kaiser. Der weitere Verlauf der Straße zwischen Wischlingen und Rahm erhielt sogar den Namen „Kaiserstraße“.
Als Mitglied im Historischen Verein Huckarde (HVH) hat sich Helga Stalba mit der weiteren Entwicklung der Straßennamen beschäftigt. Sie fand Unterlagen aus dem Jahr 1892, nach denen es damals zu einer Festlegung von verbindlichen Straßenbezeichnungen in Huckarde kam. Interessant zu lesen von welchen Bezugspunkten aus das Huckarder Straßensystem neustrukturiert wurde.
Natürlich spielte das Haus des Ortsvorstehers Regenbogen, heute Sitz der Polizei, eine wichtige Rolle. Die Straße von dort aus „am Hause des Berginvaliden Kettelhake vorbei bis zum Schreiner Hülsmann“ sollte nun „Heinrichstraße“ heißen. Die Straße in die andere Richtung und wieder vom Haus des Ortsvorstehers Regenbogen aus hieß nun „Treibstraße“. Heute heißt die Heinrichstraße Oskarweg. Ein weiterer Bezugspunkt war die, später als „Haus Bose“, dann als „Haus Havers“ und letztlich als „Sonneneck“ bekannte Gaststätte in der Dorfmitte. Auch hier wurde also eine bekannte Wirtschaft zur Orientierung herangezogen und es hieß in der Mitteilung, dass die Straße „vom Hause der Witwe des Wirtes Löchter durchs Mailoh nach dem Hause des Gremme ‚Schützenstraße'“ genannt würde.
Die Straße „vom Weg nach Nette (Haus des Neugarten) zum Haus des Wirtes Samm zu Wischlingen“ wurde als „Grünstraße“ bezeichnet. Des Weiteren hieß der Verbindungsweg in Richtung Mengede zuerst „Chaussee nach Mengede“, wurde dann auf Huckarder Gebiet vom Wirte Wibbecke an der Zeche Hansa vorbei bis zur Grenze von Nette „Bahnhofstraße“ genannt und später in „Mengeder Straße“ umbenannt. Der Anfang dieser Straße heißt heute „Altfriedstraße“ und der weitere Verlauf „Huckarder Allee“.
Viele Umbenennungen kamen dann in Verbindung mit der Eingemeindung nach Dortmund 1914 auf die Hausbesitzer zu. Hatte man ihnen doch schon 1892 zugesagt: „Sobald die Umnummerierung der Häuser stattgefunden, wird den einzelnen Hausbesitzern mitgeteilt werden, welcher Straße die Häuser zugeteilt sind und welche Nummer sie erhalten haben“. Viele Straßen hatten Entsprechungen im Dortmunder Stadtgebiet und diese setzten sich in der Regel gegen die Straßennamen in den neuen Vororten durch. Eine Ausnahme bildete der Straßenname „Roßbachstraße“, wohl wegen der nahegelegenen Mündung des Gewässers in Huckarde. Bis heute blieben auch Straßennamen wie die „Marienstraße“ oder „Kirchplatz“ erhalten.